Poor Genetic Material – A Day In June

Poor Genetic Material – A Day In June
H’art / QuiXote-Music (2013)
(8 Stücke, 52:35 Minuten Spielzeit)

Nach der erfolgreichen Umsetzung von Shakespeares „The Tempest“ auf ihrem letzten Album „Island Noises“ widmeten sich die Musiker der deutschen Formation Poor Genetic Material einem weiteren Literatur-inspirierten Projekt. Schon lange war der Wunsch vorhanden, dass neben dem Sänger der Band, Philip Griffiths, auch dessen Vater Martin Griffiths (ex Beggars Opera) an einem Album mitwirken sollte. Nun haben sie sich diesen Traum auf dem am 31.05.2013 erscheinenden Album „A Day In June“ erfüllt.


Das LineUp von Poor Genetic Material stellt sich auf dem neuesten Werk wie folgt dar: Philip Griffiths (Gesang - bei fünf Stücken, davon drei mit seinem Vater zusammen), Stefan Glomb (Gitarren, Bass), Philipp Jaehne (Keyboards), Pia Darmstaedter (Flöte), Dennis Sturm (Bass) und Dominik Steinbacher (Schlagzeug). Als Gastmusiker singt Martin Grifiths bei fünf Songs.

James Joyces Roman „Ulysses“, von dem das neue Album inspiriert ist, bietet den idealen Rahmen für die Zusammenarbeit von Philip und Martin. Neben der Vater-Sohn-Thematik bietet er eine Vielfalt von Themen und Motiven, die zum Spielen und Experimentieren einladen. Daraus resultieren Texte, die erfrischend anders sind als die in der heutigen Rockmusik so verbreiteten Standardphrasen. Musikalisch ist das Album geprägt von dem über die Jahre gereiften einzigartigen Stil der Band: Aus dem exzellenten Spiel, hoher Musikalität und originellem Songwriting entstanden Songs, die vom zerbrechlich Melodiösen zum lärmenden Progressivem, von eingängigen Melodien zu komplexen Arrangements reichen.

Gestartet wird mit dem hoch intensiven und melodischen neunminütigen „Martello Morning“. Atmosphärisch beginnt dieser Song um nach gut anderthalb Minuten kraftvoll und magisch sein Flair zu entwickeln. Sehr gut fügt sich Philips Stimme ein, die perfekt zur Musik passt. Schnell merkt man dass hier ist eine Einheit (Musiker) am Werk ist, die ihr Handwerk versteht. Und wie es sich für einen Longtrack gehört, ändern sich im Verlauf des Stückes auch die Struktur und die Melodik sowie der Rhythmus. Sehr gelungen ist das Flötensolo von Pia, das hier eine ganz eigene Atmosphäre verströmt.

Mit einem tollen akzentuierten Rhythmus, der an Reggae oder Ska erinnert würzt Dominik den wunderbaren Song „Wisdom And Menace“, der durch seinen eingängigen Refrain besticht. Ein klasse Song, der sofort ins Ohr geht und dabei alles andere als belanglos wirkt.

Es folgt mit „Bloom“ eine sehr schöne Ballade, die zunächst von akustischen Instrumenten geprägt ist. Diesen Song interpretiert Martin Griffiths und wirkt stimmlich sehr gut auf der Höhe. Ein Altersunterschied zu seinem Sohn ist hier kaum auszumachen. Vor allem im zweiten Teil spielt Martin seine Stimme aus. Ebenfalls ein klasse Song.

Fast klassisch, oder wie Programmmusik wirkt zunächst „Wandering Rocks“, das sich aber weiter entwickelt. Durch die Querflöte und das akzentuierte Schlagzeugspiel (erinnert ein wenig an Peter Gabriel’s Musik) bekommt dieser Titel einen ganz besonderen Touch. Diesen Song singen Martin und Philip gemeinsam. Beide Stimmen passen dabei in diesem atmosphärischen Song ganz hervorragend zusammen.

„Nausicaa“ wirkt sehr mystisch, was durch die Instrumentierung hervorgerufen wird (z. B. Xylophon-Sounds). Darüber hinaus hat der Song aber unwiderstehliche Melodiefolgen, die schnell gefangen nehmen. Daneben steht „Oxen Of The Sun“, das wieder kraftvoller daherkommt und ordentlich abrockt. Der zweite Longtrack, der es auf mehr als neun Minuten bringt heißt „Ithaca“ und mit dem Instrumental „Yes“ endet dann das Album. Hier bieten Poor Genetic Material gar streckenweise ambiente Sounds, die etwas verstörend wirken. Nur die Flöte am Ende des Stückes sorgt dann für Wohlklang.

Mit „A Day In June“ ist der deutschen Band Poor Genetic Material ein wirklich gutes, atmosphärisches Album gelungen. Bisher war die Musik der Band an mir vorbei gegangen. Diese Veröffentlichung macht aber definitiv Appetit auf mehr.

Stephan Schelle, Mai 2013

   

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