PoiL – PoiL Ueda
Dur et Doux / Broken Silence (2023)

(5 Stücke, 31:21 Minuten Spielzeit)

PoiL nennt sich eine französische Experimental-Rock-Band bestehend aus Antoine Arnera (Keyboards, Gesang), Boris Cassone (Gitarre, Gesang), Benoit Lecomte (akustischer Bass) und Guilhem Meier (Schlagzeug, Gesang). Dazu kommt für dieses Album noch die japanische Sängerin und Satsuma-Biwa-Spielerin Junko Ueda.


Zur Erläuterung zunächst einige Infos aus dem Pressetext: Das neue Album der französischen Experimental-Rock-Experten PoiL mit dem Titel „PoiL Ueda“ ist ein unerwartetes Zusammentreffen von Junko Ueda, einer herausragenden Figur der japanischen mittelalterlichen epischen Erzählung, deren warme und tiefe Stimme die irdischen Energien heraufbeschwört und dem organischen Wahnsinn des Monsters PoiL, das mit kosmischem Rock ohne Netz praktiziert.

„Poil Ueda“ basiert auf der japanischen epischen Erzählung „Heike-Monogatari“ aus dem 13. Jahrhundert. Die Komposition basiert auf dem traditionellen epischen Gesang, begleitet von der Satsuma-Biwa und dem buddhistischen Shomyo-Gesang. Durch die Verschmelzung einer alten japanischen traditionellen Musik mit einer hypermodernen europäischen Musikformation bietet dieses Projekt die Möglichkeit, ein einzigartiges musikalisches Universum zu entdecken.

„Poil Ueda“ ist eine innovative Performance, bei der sich PoiLs hemmungsloser experimenteller Rock mit der sanften und geschmeidigen Stimme, der fesselnden Erzählung und dem bemerkenswerten Charisma von Junko Ueda verbindet.

Das Album beginnt mit Kujô-Shakujô, einem buddhistischen Shômyô-Gesang, der von Mönchen zur Abwehr böser Geister abzuwehren praktiziert wird. Im zweiten Teil des Albums tauchen wir in die Seeschlacht von Dan no Ura ein und den schweren Niedergang des kaiserlichen Heike-Klans gegenüber dem Genji-Klan.

PoiL haben hier ein außergewöhnliches Album geschaffen, bei denen die ersten drei sowie letzten beiden Stücke nahtlos ineinander übergehen und traditionelle fernöstliche Musik mit modernem Art-/Progressiverock vereint. Wem das exotisch vorkommt, dem sei gesagt, dass diese Mischung eine unglaubliche Faszination ausübt.

Eröffnet wird das Album mit dem siebenminütigen „Kujô Shakujô - Part 1“. Elektronische Flächen starten in das Stück, zu dem nach einigen Sekunden dann Junko Uedas Stimme einsetzt. Während die Flächen unverändert bleiben und den Unterboden darstellen, wirkt der Gesang sehr meditativ. Akzentuiert werden weitere Klänge (Gitarre Paukenschläge, Keyboard) eingefügt, was den Spannungsbogen sehr hoch hält und eine mystische Stimmung erzeugt. Im darauf folgenden, 3:38minütigen „Kujô Shakujô - Part 2“ geht es dann recht proggig zu, denn nun kommen zu dem Gesang Rhythmen und herrliche Keyboardsounds auf. Die Dynamik nimmt darüber hinaus zu und entwickelt einen hypnotischen Strom, was zum Ende hin dann in einen perkussiven Part gipfelt. Dem schließt sich dann das 7:24minütige „Kujô Shakujô - Part 3“ an. Hier geht es ebenfalls sehr rhythmisch und proggig, mit einem großen Worldmusic-Einschlag weiter. Weitere Instrumente kommen hinzu und führen zu einem akustischen Mahlstrom, der trotzdem auf Harmonien basiert.

Danach folgen die beiden Parts von „Dan No Ura 壇ノ浦の戦い“. Mit Gesang und ungewöhnlicher Rhythmik beginnt dann „Dan No Ura 壇ノ浦の戦い - Part 1“, das zunächst wie eine Aufführung in einem traditionellen japanischen Theater anmutet. Nach gut zwei Minuten wird es dann aber rockiger. Nun hat man den Eindruck, dass eine Rockband dieses Theaterstück begleitet. Da kommen dann auch mal Breaks auf, die in sehr vertrackte, kraftvolle Parts übergehen. Da geht es dann auch schon mal recht wüst zu, da die Band viele Instrumente zu einer Wall Of Sounds auftürmt, die wild durcheinander zu spielen scheinen und doch Struktur aufweisen.

Mit dem 4:29minütigen „Dan No Ura 壇ノ浦の戦い - Part 2“, das direkt anschließt, endet das Album dann. Hier kommen neben dem japanischen Gesang vor allem recht ambiente Klänge zum Tragen.

„PoiL Ueda“ der französischen Band PoiL, verstärkt um die japanische Sängerin und Satsuma-Biwa-Spielerin Junko Ueda ist kein leichtes Werk, aber hochgradig spannend. Vor allem die ersten drei Stücke „Kujô Shakujô - Part 1 - 3“ verbinden sehr gut traditionelle japanische Kunst mit westlichem Art-/Progressiverock. Hier sollte man auf jeden Fall ein Ohr riskieren.

Stephan Schelle, Januar 2023

   

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