Panzerballett – X-Mas Death Jazz
Gentle Art OF Music / Soulfood (2017)
(12 Stücke, 69:14 Minuten Spielzeit)

Was hat es zu bedeuten, wenn die Münchner Jazz-Metal-Band Panzerballett ein Album auf den Markt schmeißt, das den Namen „X-Mas Death Jazz“ trägt in dem sie auch noch bekannte Weihnachtssongs präsentieren? Wie es im Pressetext steht lässt sich das Album mit „Hurra, entweihnachtetes Weihnachten!“ zusammenfassen. Genau, sie krempeln mal eben das christliche Weihnachtsfest auf links und sorgen dafür, dass die süßliche Festtagsstimmung ein ganz neues Gesicht bekommt. 


Panzerballett, das ist eine Truppe studierter Musiker, die sich ihr eigenes Genre geschaffen haben, in dem sie sich richtig austoben können. Und das beweisen Jan Zehrfeld (Gitarre), Josef Doblhofer (Gitarre), Alexander von Hagke (Saxophon), Heiko Jung (Bass) und Sebastian Lanser (Schlagzeug) auf ihrem Weihnachtsalbum auf’s eindrucksvollste. Fünf musikalische Gäste haben sie sich dazu ins Studio geholt: Matthias IA Eklundh (Freak Kitchen, Steve Vai) Gesang und Gitarre sowie die Sänger Mike Keneally (Frank Zappa, Joe Satriani), Jen Majura (Evanescence), Steffen Kummerer (Obscura) und Martin Strasser.

Die Münchner haben sich so bekannte Songs wie „White Christmas“, „Kling, Glöckchen“, „Little Drummer Boy“, Wham‘s „Last Christmas“, „Rudolph, The Red-Nosed Reindeer“, „Jingle Bells“ oder „Let It Snow“ vorgenommen. Die Stücke wurden von ihnen teilweise bis zur Unkenntlichkeit zerlegt, so dass nur Fragmentweise die Originalmelodien zum Vorschein kommen.

Wer von der alljährlichen Dauerberieselung mit dem Song „Last Christmas“ genervt ist, der findet in der Version von Panzerballett ganz neue Facetten, die mit dem schmalzigen Original nichts zu tun haben. Schon der Anfang klingt durch das Saxophon ungewöhnlich und der Schlagzeugrhythmus mit seinen a-typischen Mustern sorgt ebenfalls dafür, dass man sich in einem ganz anderen Metier bewegt. Diese Instrumentalfassung ist wild und ungestüm und alles andere als weihnachtlich und genau das hatten Panzerballett auch geplant.

„White Christmas“, mit dem das Album beginnt wird zunächst von mehrstimmigem Gesang und harten Riffs sowie Schlagzeugrhythmen bestimmt. Der Text wird dann aber zur Originalmelodie gesungen, was im krassen Gegensatz zu den disharmonischen Instrumenten steht. Aber genau das macht den Reiz der Produktion aus. Wer die Musik von Panzerballett kennt, der weiß genau was ihn hier erwartet. In ihren jazzigen Monstertracks kombinieren sie eine technische Wucht mit einer warmen Luftigkeit. Das findet sich schon im Eröffnungstrack „White Christmas“.

„Kling, Glöckchen“ wirkt am Anfang als würde eine Metalspeedband diesen Song spielen. Wenn dann das Saxophon einsetzt, wird es aber sehr jazzig, in dem das Motiv des Originals aufgenommen und in eine andere Phrasierung und Rhythmik umgewandelt wird.

Wenn die E-Gitarre „Little Drummer Boy“ zu Beginn des Stückes aufnimmt, dann wirkt es noch wie das Original. Doch immer wieder aufkommende heftige Einschübe transportieren den Track dann in eine andere Richtung, die manchmal verstörend (z. B. beim Gesang), aber auch irgendwie faszinierend wirkt.

Es ist ein außergewöhnliches Projekt der Münchner Jazz-Metal-Band Panzerballett sich am musikalischen Weihnachtsgut zu vergreifen. Was zunächst verstörend wirkt, zeigt aber nach mehrfachem Hören, das die Band schon mit viel Respekt an die Originale gegangen ist, sie allerdings in ihren ganz eigenen Musikkosmos gebeamt haben. Herausgekommen ist eine faszinierende Melange aus bekannten Melodien und vertrackten, manchmal brachialen Passagen, denen man sich zunächst hingeben muss. Dann aber entwickelt die Musik - wie bei Panzerballett üblich - eine große Faszination.

Stephan Schelle, Oktober 2017

   

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