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P’cock –
The IC Years – The Prophet & in ‘cognito Das deutsche Label MIG music mausert sich zu einem der wichtigsten Labels, die sich um die Wiederveröffentlichung von elektronischer Musik sowie von Veröffentlichungen des IC-Labels kümmert. Anfang der 80’er Jahre kamen zwei herausragende Alben einer bis dato unbekannten deutschen Band mit dem Namen P’cock bei IC (Innovative Communication), dem Label von Klaus Schulze auf den Markt. Treibende Kraft hinter diesem Projekt war der Schlagzeuger Thomas „Tommy“ Betzler. Am 25.08.2023 erscheinen die beiden Alben erstmals auf CD. |
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Um
Klaus zu beeindrucken, beschloss man im Darmstädter Szeneladen „Die
Goldenen Krone“ ein Livekonzert zu geben, damit der Meister sich einen
musikalischen Eindruck machen konnte. Beim anschließenden Abendessen
wurde direkt ein Plattenvertrag unterschrieben und ein paar Tage später
standen Peacock bereits im Panne-Paulsen-Studio in Frankfurt, um ihr Debütalbum
„The Prophet“ (1980) einzuspielen, produziert von Klaus Schulze persönlich.
Hier stellte sich dann auch heraus, dass es bereits eine Band gleichen
Namens gab, so dass man auf die elegante Lösung kam, sich fortan P’cock
zu nennen. 1981 folgte dann die zweite P’cock-Platte „In
‘cognito“, diesmal direkt in Klaus Schulzes Studio in Winsen
produziert. P’cock
erwies sich als eine der innovativsten deutschen Rockbands jenseits des
abgehalfterten Krautrock-Idioms an der Schwelle zum New Wave und der
anfangs noch ernst zu nehmenden Neuen Deutschen Welle. Tommy
Betzler spielte Anfang der 80’er Jahre auch zusammen mit Klaus Schulze
u. a. bei der Aufführung seiner „Stahlsinfonie“. Ca. 1983 hängte
Tommy dann aber die Trommelstöcke an den Nagel und baute sich eine
Cateringfirma auf, die für das Wohlbefinden von Musikern neben ihren
Konzerten Sorge trug. Wer Tommy kennt, der weiß, dass er in dieser Zeit
viel erlebt und darüber viel erzählen kann (ohne natürlich Namen zu
nennen). Seit einigen Jahren ist Tommy auch musikalisch wieder aktiv und
hat elektronisches Schlagzeug bei TMA, Picture Palace Music (die Band von
Thorsten Quaeschning), Sequentia Legenda (das Projekt des französischen
Elektronikmusikers Laurent Schieber) und Michael Brückner gespielt. Mit
Michael Brückner und Sammy David hat Tommy auch das Projekt P’faun aus
der Taufe gehoben, das im Jahr 2018 zwei Alben herausbrachte und in der
Tradition von P’cock Musik macht. Im
Jahr 1980 erschien das erste Album von P’cock unter dem Titel „The
Prophet“. Es enthielt sieben Stücke. Klaus Schulze meinte im Juli 1980
dazu: Unter all den vielen Demos,
die täglich ins Haus kommen, fiel mir vor etwa sechs Monaten eine
Cassette auf. Hier erkannte ich zwar die Möglichkeiten der Gruppe, die
Musik erschien mir noch zu stark an englische Vorbilder angelehnt. Die
Kompositionen dieser Gruppe hatten etwas „Frisches“ und sehr
Angenehmes - keine Spur von eintönigen, abgedroschenen Phrasen, und es
waren gute und vor allem begeisterte Musiker. In gemeinsamer Arbeit haben
P’cock und ich ein Album geschaffen, das ich für eine der besten
„fusions“ aus elektronischen Komponenten und Rock mit klassischen
Elementen halte. Das Album hat eine angenehme Langzeitwirkung, das heißt,
es gefällt immer mehr, je öfter man es hört - und man erkennt immer
mehr von den Feinheiten in den subtilen Arrangements. Die
Einstellung von Klaus Schulze trifft komplett zu, denn das Werk ist gut
gealtert und überzeugt auch nach mehr als 40 Jahren. Eingespielt wurde
das Album von Tommy Betzler (Schlagzeug, Percussion), Achim Albrecht
(Fender Strat), Utz Bender (Gesang, Keyboards), Peter Herrmann (Keyboards,
Synthesizer) und Axel Krause (Bass). Gestartet
wird mit dem 5:59minütigen Titelstück, das deutlich die perfekte
Kombination aus Elektronik, Prog- und Rockmusik zeigt. Auch kommen hier
musikalische Ähnlichkeiten zu Bands wie Eloy auf. Der Song ist gut
durchkomponiert und enthält neben Gesang auch einen mit verfremdeter
Stimme vorgetragenen Text. Ein
schneller Keyboardrhythmus startet dann in den druckvollen, melodischen
Song „The Actors Fun“. Dem folgt das 4:11minütige „Toby“, das mit
elektronischen Sounds recht mystisch beginnt. Erst nach einer Minute
entwickelt sich das Stück zu einer sanften Rocknummer mit eingängigem
Refrain. Im 4:04minütigen „Silver Swallow“ ist vor allem das sehr schöne
Gitarrensolo von Achim Albrecht hervorzuheben. Ein klasse Song, der ab dem
Mittelteil so richtig Fahrt aufnimmt und bei dem das Klaviersolo an Alan
Parsons erinnert. Auch
das Intro zum 5:48minütigen „N 1,4“ weist zunächst ein wenig in
Richtung Alan Parsons und hat darüber hinaus auch eine Spur
Grobschnitt-Flair. Nach dem wunderbaren „Fly Your Kite“ beendet dann
das zehnminütige „La Mer“ das Album eindrucksvoll. Hier hat Tommy
Betzler dann ab dem Mittelteil seinen Part, in dem er so richtig auf die
Gongs und Becken schlagen kann, so als wenn ein Gewitter ausbricht. Das
zweite Album vom P’cock trägt den Titel „In ‘cognito“ und
erschien erstmals im Jahr 1981. Das LinbeUp bei dieser Produktion war fast
identisch, lediglich Armin Stecker (Lead-Gitarre) war nun für Achim
Albrecht zur Band gestoßen. Während „The Prophet“ in der Wiederveröffentlichung
ohne Zusatzmaterial auskommen muss, wurden „In ‘cognito“ zwei
Bonustracks spendiert. Zum einen das 3:43minütige „Look (At Life)“
und zum anderen die kürzere Version von „House In The Storm“. Mit
dem 11:10minütigen Longtrack „House In The Storm“ beginnt „In
‘cognito“. Und die Band macht da weiter, wo sie auf „The Prophet“
aufgehört hat, melodische Rockmusik mit einer gehörigen Portion
elektronischem Vibe. Der Opener ist ein wunderschöner Track, der allen
Musikern genügend Platz für Soli lässt und mit Struktur- und
Rhythmuswechseln aufwartet. Dabei setzt Tommy mit seinem filigranen und
manchmal auch druckvollen Spiel Akzente. Sehr schön ist auch das
Zusammenspiel von Keyboards und Gitarre. Die als Bonus angehängte
Shortversion von „House In The Storm“ klingt eine Spur dumpfer und
enthält keinen Gesang, sie setzt da ein, wo sie beim Opener ab Minuten
Vier weitergeht. Richtig
rockig, mit einem leicht vertracktem Rhythmus geht es dann im 4:21minütigen
„Funtime Sorrow“ weiter. Da lässt die Band dann die Synthies auch mal
so richtig flirren, während die Melodie sehr eingängig ist. Sehr
elektronisch wirkt das 3:03minütige „Always Funny“, während das
3:30minütige „Ban’cock“ wieder Alan Parsons-Flair verströmt. Das
6:23minütige „Mother“, bei dem man einige Klänge des
Supertramp-Stils ausmachen kann und das 8:31minütige, atmosphärische und
wie in Zeitlupe wirkende „Mr. Pollution“ beenden dann die Stücke, die
sich auch auf dem Original befanden. Als
ersten Bonustrack findet sich dann das 3:43minütige „Look (At Life)“
auf der zweiten CD. Eine sehr schöne Ballade, bei der Utz Bender am Mikro
nur von Pianoklängen begleitet wird und die Band dann sehr atmosphärisch
einsteigt. Utz spielt dann auch noch ein Manfred Mann artiges
Keyboardsolo. Die
Alben sind auf zwei CDs verteilt und stecken in einem Jewelcase mit zwölfseitigem
Booklet, in dem sich Linernotes von Olaf Lux und einige Fotos befinden. Mit
„The IC-Years“, das die beiden Alben „The Prophet“ und „In
‘cognito“ der deutschen Band P’cock erstmals auf CD enthält, hat
das deutsche Label MIG einen richtigen Schatz gehoben, der sonst
vielleicht in Vergessenheit geraten wäre. Die beiden Alben gehören in
jede gute Plattensammlung. Klanglich wurde die Musik ebenfalls sehr gut
restauriert, so dass sie nun in neuem Glanz erscheint. Stephan Schelle, August 2023 |
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