Novalis -
Schmetterlinge „Wer
Schmetterlinge lachen hört, der weiß wie Wolken schmecken. Diese Zeilen stammen nicht - wie man vielleicht meinen könnte - von einem Dichter, sondern von einer deutschen Rockband, die in den 70’er Jahren bewies, dass poetische Texte und Rockmusik kein Gegensatz sein muss. Ihre Musik wurde damals von der Presse mit „Rockmusik für zarte Ohren“ (Neue Westfälische), „Soft-Rock“ (Hildesheimer Allgemeine Zeitung), „Rockpoesie“ (Hamburger Abendblatt) oder „Romantik-Rock“ (B.Z. Berlin) umschrieben. |
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Nachdem
großen Erfolg der Grobschnitt-Box „79:10“ widmet sich Universal Music
mit Novalis einer weiteren wichtigen und sehr beliebten Band der deutschen
Rockmusik. Die aus Hamburg stammende Band Novalis bestand in der Zeit
zwischen 1971 und 1985. In diesem Zeitraum veröffentlichten die Hanseaten
ein Dutzend Alben. Diese
sowie die beiden in 1993 und 2009 veröffentlichten Livealben erscheinen
am 31.03.2017 in einer sehr schönen Box. Als Bonus wurden der Box noch
eine 15. CD mit bisher unveröffentlichtem Material sowie eine DVD mit
Aufnahmen aus dem Fernsehen und aus den Privatarchiven der Band spendiert.
Für die klangliche Aufbereitung sorgte kein Geringerer als Eroc, der aus
den Aufnahmen wieder alles herausgeholt hat. Novalis,
die sich 1971 gründeten und nach dem deutschen Dichter Novalis benannte,
machten auf ihrem Debütalbum „Banished Bridge“ noch Progressive
Musik, die mit Pink Floyd, The Nice, King Crimson oder Procol Harum
verglichen wurde. Die Texte waren noch in englischer Sprache. Eine
wichtige Station in der Bandgeschichte stellt der Wechsel des Produzenten
dar. Für Jochen Petersen übernimmt 1974 dieses Amt kein geringerer als
Achim Reichel (Rattles und langjährige Solokarriere). Mit ihm entstand
die Idee, dem Bandnamen entsprechend, in deutscher Sprache zu singen. So
entstanden auf dem selbst betitelten Album die Novalis-Klassiker „Es Färbte
Sich Die Wiese Grün“ und „Wer Schmetterlinge Lachen Hört“, die
immer wieder gerne bei ihren Konzerten gespielt wurden. Das
dritte Album „Sommerabend“ wurde als Quartetts Job, Rahn, Schünzel
und Biereichel eingespielt und erschien im Jahr 1976. Erstmals wird für
das Stück „Wunderschätze“ ein Text des Dichters Novalis verwendet,
der von Detlef Job bearbeitet wurde. Mit diesem Album erfuhren sie
erstmals bundesweite Anerkennung und es verhalf ihnen zum Durchbruch, was
sich auch in den guten Verkaufszahlen niederschlug. Das Album verkaufte
sich schnell mehr als 100.000 mal und mit ihm schafften sie es auch über
die Landesgrenzen hinaus bekannt zu werden. Mitte
1976 suchte die Band einen neuen Sänger und schaltete eine entsprechende
Suchanzeige, auf die sich der aus Österreich stammende Fred Mühlböck
meldete. Mit seinem Eintritt begann für Novalis eine neue Ära. Mit
seiner markanten Stimme, seinem Gesangsstil und der Art Gitarre zu
spielen, aber vor allem durch sein Charisma auf der Bühne verlieh er der
Band ein neues Profil. Es hatte sich die wohl beste Formation gebildet,
deren Alben „Konzerte“, „Brandung“, „Vielleicht bist du eine
Clown?“, „Flossenengel“ und „Augenblicke“ hochwertige und
erfolgreiche Alben an den Start brachte. Ab 1982 baute die Band dann -
auch aufgrund von Personalwechseln – ab, was ihren Tiefpunkt im
1985’er Album „Nach uns die Flut“ fand. Der Albumtitel ist hier
Programm. Danach folgten noch zwei Livealben, die Posthum veröffentlicht
wurden, auch wenn sich Novalis nie offiziell aufgelöst haben.
All
diese 14 Alben finden sich in ausgesprochen guter musikalischer Qualität
in der Box, wofür der Soundmagier Eroc gesorgt hat. Transparenz und
Dynamik sind perfekt ausgesteuert. Die CDs selber sehen aus wie kleine
Vinylscheiben, denn sie sind auf der Oberseite mit Rillen versehen und auf
beiden Seiten komplett schwarz gestaltet. CD
Nr. 15 ist eine Bonusdisk mit zum größten Teil bisher unveröffentlichten
Stücken der Band sowie dem Hip Hop Song „Block Rock“ von Ghostface
Killah, bei dem der Musiker einen Sample des Novalis-Instrumentalstückes
„Dronsz“ verwendet hat. Das ist zwar ganz witzig, allerdings kann ich
mit Hip Hop nichts anfangen, daher kann ich das Stück auch nicht komplett
hören, zerstört der Gesang für meinen Geschmack doch die Musik. Daneben
beinhaltet die CD noch mit dem elfminütigen „Wait For Me“ und dem
siebenminütigen „Changin’ Days“ frühe Demostücke, die klanglich
gut aufgearbeitet wurden. Das sind zwei kleine Schätze, die da gehoben
wurden. Die Liveaufnahmen (alle wohl Bootlegaufnahmen) von „Dronsz“,
dem bisher unveröffentlichten „A New Beginning“, „Inside Of Me
(Inside Of You)“ und „Children Of Your Father“ (eine unveröffentlichte
Urversion von „Wer Schmetterlinge lachen hört“) vervollständigen
diese Bonus-CD. Als
weiteren Bonus wurde der Box eine DVD spendiert, auf der eine Stunde
Bildmaterial über die Band zusammengestellt wurde. Sechs TV-Beiträge,
darunter die Sendung „Szene 77“ mit dem jungen Moderator Thomas
Gottschalk und einem Livemitschnitt des Stückes „Wer Schmetterlinge
lachen hört“ sowie Beiträge aus „Rockpop in Concert“ aus 1978, der
ZDF-Sendung „Sparring - Rockmusik“ und „Rockpop“ beide aus dem
Jahr 1979, der ORF-Sendung „Okay“ aus 1980 und der ARD-Sendung
„Spielbude“ aus 1985 sind auf der DVD enthalten. Bei dem Song „Rückkehr“
vom „Flossenengel“-Album, das in der 1980’er Sendung „Okay“
kommen nostalgische Gefühle auf, da Bilder von den Filmen gezeigt werden,
die bei den Konzerten 79/80 genutzt wurden. Daran anschließend gibt es
eines der seltenen Fernsehinterviews (in deutscher Sprache). Und bei dem
TV-Beitrag aus 1985 gibt es mit dem Song „... Und wenn die Gitarren
brennen“ noch Bilder vom letzten LineUp mit Sänger Ernst Herzner. Weiterhin
gibt es noch Bildmaterial bei der die Band 1977/1978 Open Air im Hamburger
Stadtpark zu sehen ist. Zwar passen Ton und Bilder nicht überein, das tut
der guten Stimmung und dem Flair, das diese Bilder ausstrahlen, aber
keinen Abbruch. Es ist ein tolles Zeitdokument. Das Bildmaterial der DVD
ist Gold wert, gibt es doch nicht allzu viel bewegte Bilder von Novalis. Das
Boxset beinhaltet noch ein Poster mit einem Foto von den Promoaufnahmen
zum „Flossenengel“-Album. Als weitere Zugabe liegt ein 56seitiges Buch
im LP-Format bei, in dem ein kurzer Text zur Bandgeschichte, Infos zu den
Alben sowie alle Songtexte und zahlreiche Fotos, die teilweise bisher
unveröffentlicht sind, enthalten sind. In den Innentaschen des Buches
sind die 16 Silberlinge in Taschen eingelegt. Leider hat man den Alben
keine eigenen Hüllen spendiert. Das Herausnehmen und Zurücklegen kann so
zu Kratzern auf den Scheiben führen. Mit
der Box sind nun alle Alben von Novalis erstmals auf CD erhältlich und
das in bester Qualität, denn die Aufnahmen lassen keine Wünsche übrig
(außer das mehr Bonusmaterial wünschenswert gewesen wäre). Mit der Veröffentlichung
kommen sie zwar nicht an die Grobschnitt-Box „79:10“ heran, die prall
gefüllt mit umfangreichem Bonusmaterial und Infos im Booklet war, aber
mit „Schmetterlinge“ wird trotz alledem eine der bedeutendsten
deutschen Rockbands der 70’er und 80’er Jahre im ansprechenden Maß
gewürdigt. Für Freunde der deutschen Rockmusik dieser Phase eine
unverzichtbare Zusammenstellung, die in keiner Krautrocksammlung fehlen
sollte. Meine
2002’er Novalis-Story habe ich mit den Worten beendet: „Vielleicht bin ich ein Clown wenn ich mir wünsche, an einem lauen
Sommerabend bei Neumond die Augenblicke zu genießen, in denen
Sterntaucher unter der Banished Bridge in der sanften Brandung zu
Flossenengeln werden. Dann möchte ich bei Konzerten von Novalis,
deren Musik wie ein Bumerang auf mich zukommt, die Schmetterlinge lachen hören.
In solchen Fällen denke ich, dass erst Nach uns die Flut kommt. In diesem
Sinne: Novalis - lebt!“ Und dieses wunderbare Gefühl erlebe ich
derzeit beim durchstöbern dieser Box, die mir die Erinnerungen an eine außergewöhnliche
Band zurückbringt, erneut. Für
alle die mehr über die Band erfahren wollen: eine ausführliche
Novalis-Story (geht weiter als der Text in der Box), die ich 2002 für den
German Rock e.V. geschrieben habe könnt ihr hier
lesen. Stephan Schelle, März 2017 |
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