Minne Graw - Ausgeträumt

Minne Graw - Ausgeträumt
Sireena Records / Broken Silence Distribution (1986 / 2010)
(8 Stücke, 29:59 Minuten Spielzeit)

Wenn von deutschem Folkrock die Rede ist, dann fällt immer ein Name, Ougenweide. Diese Band, in der Minne Graw in den 70’ern den Gesangspart übernahm, hat den deutschen Mittelalter-Folkrock wesentlich mitgeprägt. Sängerin und Keyboarderin Minne Graw gehörte fast 12 Jahre zur deutsche Formation und nahm nach ihrem Ausstieg mit ihren Ougenweide-Mitstreitern Frank und Stefan Wulff in den Jahren 1986/1987 einige Stücke auf, die allerdings nie erschienen sind.


Am 22 Januar 2010 erblicken nun diese sechs Stücke, die um weitere zwei Demoversionen ergänzt wurden, erstmals das Licht der Öffentlichkeit. Neben Stefan Wulff, der Bass spielt und für die Drumprogrammierung verantwortlich war und Frank Wulff, der an Didgeridoo, Saxophon, Mandoline oder Akustikgitarre zu hören ist, wirken bei einigen Tracks noch Gunter Thönis (Schlagzeug) und Ditzi Fischer (Trombone) mit. Die Stücke auf dem allerdings mit gerade mal einer halben Stunde recht kurzen Album „Ausgeträumt“ stellen eine Mischung aus Folkrock, Pop und Liedermacher auf.

Die CD beginnt mit der sehr schönen, von Piano bestimmten Ballade „Langeweile“. Das Eröffnungsstück zeigt gleich in welche musikalische Richtung es auf dem Album geht. Zwar klingt die Musik wie aus einem anderen Zeitalter, ist aber klanglich auf einem hohen Niveau. Die Wurzeln des Folkrock kann Minne dabei nicht ganz verleugnen, was aber auch den Charme dieser Veröffentlichung ausmacht.

Ein Highlight des Albums ist sicherlich „Träume leben“, das vor allem durch eine sehr schöne, melancholisch/verträumte Melodie besticht. „Ausgeträumt“ ist ein Stück, dass mich ein wenig an die typischen 80’er-Jahre Songs der Krautrockära erinnert, mit einem typischen Keyboardsound und dem Versuch sich an die damalige Popmusik anzulehnen. Mehrstimmiger Satzgesang, der im Mehrspurverfahren aufgenommen wurde, findet sich in „Am Morgen“, das sich mit seinem Sound auch der NDW annähert. Fast schon ein Discosong ist das Stück „Urlaub“, das, wenn man es in den 80’ern als Single herausgebracht hätte, sicherlich in die Charts gekommen wäre. Dafür sorgt auch eine Spur NDW und die eingängige Melodie.

Mit der atmosphärischen Ballade „Angst davor“ enden die ursprünglichen Songs. Danach kommen mit „Ausgespuckt“ und „Die Nacht“ noch zwei Demoversionen, die für meinen Geschmack aber den Charakter von Demos übersteigen, denn sie sind sehr gut produziert und passen sich hervorragend in den Reigen der übrigen Songs ein. „Ausgespuckt“ ist ein Song der vom Keyboard bestimmt wird und NDW-Sound aufweist, so wie es beispielsweise auch Grobschnitt bei ihrer Produktion „Kinder und Narren“ versuchten (z. B. mit dem Keyboardsound von Jürgen Cramer). Mit „Die Nacht“, einer melancholischen Ballade endet dann das Album.

„Ausgeträumt“ ist eine CD die den Freunden von Ougenweide und balladeskem, melancholischen Deutschrock der 80’er Jahre gefallen wird. Sireena hat hier mal wieder einige sehr schöne Songs entdeckt, die ohne die liebevolle Restaurierung in der Ecke verstaubt wären. Darüber hinaus ist die Produktion klanglich wirklich auf dem neuesten Stand.

Stephan Schelle, Januar 2010

   

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