Melanie Mau & Martin Schnella - Inkove The Ghosts
Eigenvertrieb / www.gray-matters.de (2022)
(10 Stücke, 61:55 Minuten Spielzeit)

Das Duo Melanie Mau und Martin Schnella hat in der Vergangenheit unter den eigenen Namen sowie als Gray Matters fünf sehr schöne Alben mit Akustikversionen bekannter Rocksongs veröffentlicht. Darüber hinaus kam im Jahr 2017 das Album „The Oblivion Tales“ mit eigenen Stücken auf den Markt. Am 22.04.2022 erschien nun ein weiteres Album mit eigenen Songs, es heißt „Invoke The Ghosts“. 


Neben Melanie Mau (Gesang und Backgroundgesang) und Martin Schnella (akustische und elektrische Gitarren, Baritone Gitarren, Gesang) gehören noch Mathias Ruck (Gesang bei acht der zehn Songs), Lars Lehmann (Bass, bundloser Bass) und Simon Schröder (Perkussion, Bodhrán, Schlagzeug, Gesang bei vier Songs) zur Stammmannschaft. Weitere Gastmusiker waren Jens Kommnick (Uilleann Pipes, Low Whistle, Tin Whistle, Cello, Add. akustische Gitarre, Gesang), Siobhán Kennedy (Gesang) und Steve Unruh (Violine).

Das Album erscheint sowohl als EinzelCD (diese Version lag mir vor) als auch als limitierte DoppelCD und über Bandcamp digital. Die limitierte Version enthält auf der zweiten CD mit „In dieser Zeit“ einen weiteren neuen Song sowie sechs Alternativversionen, darunter drei instrumentale Stücke. Das „normale“ Album ist in einem sechsseitigen Digipack mit 16seitigem Booklet verpackt. Als erstes sticht das herrliche Cover ins Auge, auf dem ein gestrandetes Segelschiff zu sehen ist aus dessen Rumpf ein Auge blickt.

Als die Beiden anfingen an den Songideen für das neue Album zu arbeiten wurden sie von vielen Dingen inspiriert. So beeinflussten sie gesellschaftskritische Themen, Sagen oder Filme, die ihnen Grundlagen für ihre Texte gaben sowie unterschiedliche musikalische Einflüsse, die sich auf die kompositorische Seite auswirkten.

Sie selbst sagen zum Album: Auf „Invoke The Ghosts“ vereinen wir akustische Musik der härteren Art mit folkigen-, keltischen Elementen. Das Hauptinstrumentarium besteht aus Gesängen, akustischer Gitarre, Bass und Percussion, wobei mehrstimmiger Harmoniegesang im Fokus steht. Songs wie „Nur ein Spiel“, „The Beast Is Lurking“, „Of Witches And A Pure Heart“,„Calypso“ und „Red Beard“ gehen stark nach vorne. Man könnte sie als Acoustic Metal mit progressiven Elementen bezeichnen. „Soulmate“ ist inspiriert von keltischem Folk mit einem frickeligen Zwischenspiel. Auf „Where’s My Name“ und „Ein Stummer Schrei“ widmen wir uns ernsten und emotionalen Themen. „Das Goldene Königreich“ erzählt die Geschichte von Elisabeth I und mit „Wholeheartedly“ veröffentlichen wir unseren ersten reinen Acapella Song. Diese Beschreibung trifft es perfekt auf den Punkt.

Acapella beginnt der erste Song des Albums, das fast fünfminütige „Nur ein Spiel“ (einer von drei auf Deutsch gesungenen Titeln), bei dem Melanie, Martin und Simon versetzt unterschiedliche Texte singen. Nach 40 Sekunden ändert sich aber das Bild und die Band startet nun mit ihren Instrumenten in einen sehr druckvollen Song, in dem Melanie den Hauptgesang übernimmt. Da werden akustischer Hardrock mit Progressive Rock-Elementen auf perfekte Weise verbunden. Dieser grandiose Song fesselt vom ersten Ton an.

Kraftvolle Akustikgitarren, durchwebt von sehr akzentuierten Gitarrenparts und Percussion, bilden den Unterbau von „The Beast Is Lurking“ (ist das vielleicht die Intention zum Coverartwork gewesen?). Auch dieser Track zeigt sich von einer recht druckvollen Seite. Vor allem die Akustikgitarren bauen ein großes Volumen auf.

Dass „Soulmate“ vom keltischem Folk inspiriert ist, hört man direkt. Aber auch progressive Einflüsse, wie zum Beispiel der Violinenpart von Steve Unruh, der an Bands der Marke Kansas erinnert, finden sich in dem Song. Das 6:36minütige „Where’s My Name“, das sich um unterdrückte Frauenrechte im Nahen Osten dreht, ist ein balladeskes, nachdenkliches Stück. Der zweite Teil wartet dann mit einem intensiven und mitreißenden Instrumentalteil auf, mit Percussion wie direkt aus der Kasbah entnommen.

Mit mehr Power geht es dann im 9:41minütigen „Of Witches And A Pure Heart“ zur Sache, das man mit dem Attribut Acoustic-Metal versehen könnte. Melanie und Martin verstehen es aber bei allem Druck den Fokus auf eingängige Melodielinien zu legen. Im Mittelteil sorgt dann eine etwas ruhigere Passage für Abwechslung. Auch die folgenden beiden Lieder „Calypso“ und „Red Beard“ gehen streckenweise steil nach vorne. Das klingt nach Progmetal mit folkigem Einschlag, wobei „Red Beard“ durch einen komplexen Sound und Songstruktur hervortritt.

Der Song „Ein stummer Schrei“ könnte nicht aktueller sein, befasst er sich doch mit der Flüchtlingsthematik. Hier sind es aber die Flüchtlinge, die übers Mittelmeer auf teils überfüllten, kaum Seetüchtigen Booten ihren Weg in die Freiheit gesucht haben. In ihrem Song zeichnen die beiden das Schicksal der Flüchtlinge nach, die auf ihrem Weg von den Wellen verschlungen wurden, während der Westen die Augen davor verschließt. Musikalisch wurde das Ganze in sehr zerbrechlicher und intensiver Form verpackt. Ein Song der das Herz berührt.

Nach dem dritten auf Deutsch gesungenen Song, „Das goldene Königreich“, endet das Album dann mit dem Acapella-Song „Wholeheartedly“. Wie schon zu Beginn des Openers wird hier im Satzgesang und Kanon vierstimmig - ohne Instrumentierung - vorgegangen. Ein klasse Song, der durch die vier Stimmen einen hohes Klangvolumen besitzt.

Mit „Invoke The Ghosts“ ist Melanie Mau und Martin Schnella ein grandioses Akustikalbum gelungen. Die Songs gehen durch ihre tollen Arrangements direkt unter die Haut. Für mich eines ihrer besten Alben. Es kann über die Homepage der Band bestellt werden (s.o.).

Stephan Schelle, Mai 2022

   

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