Matthew Parmenter – Horror Express

Matthew Parmenter – Horror Express
Strung Out Records / Just For Kicks Music (2008)
(10 Stücke, 60:13 Minuten Spielzeit)

Der einstige Mastermind der britischen Progformation Discipline, Multiinstrumentalist Matthew Parmenter, legt nach seinem 2004’er Solodebüt „Astray” in 2008 sein zweites Werk mit dem düsteren Titel „Horror Express“ vor. Auf seinem zweiten Soloalbum spielt Matthew wieder alle Instrumente selbst und hat auch die Songtexte persönlich eingesungen. Da ich die Band Discipline aber nicht kenne, kann ich einen Vergleich zur Musik seiner alten Band nicht ziehen.


Der Pressetext bezeichnet das Album als eine Ansammlung musikalischer Albträume, voll von Schockeffekten und Überraschungen in der Verkleidung eines Horrorfilms. Diesem vollmundigen Text entsprechend ziert das Cover der CD eine unheimlich dargestellte Szene und das Inlay zeigt Matthew gar als grünen Hulk in einer Hochhauskulisse. Aber was bietet nun die Musik wirklich?

Matthew präsentiert auf seinem Album eine Mixtur aus ProgRock, Singer/Songwriter und etwas schräger Kunst. Diese Kombination hat aber etwas unglaublich faszinierendes, was ich kaum in Worte fassen kann.

Mit „In The Dark“, dem mehr als neunminütigen Opener startet die CD. Dieses Stück, das NeoProg-ähnliche Anleihen aufweist, bietet aber auch klassische Momente - so zum Beispiel die Pianopassage. Und der Gesang Matthews ist ebenfalls recht markant und theatralisch. Beides lässt den Song wie ein Theateropus auf mich wirken. Auch die Instrumentierung, die eher von akustischen Klangerzeugern getragen wird, verstärkt diesen Eindruck.

„O Cesare“ ist ein getragenes, eher melancholisches Stück. Für meinen Geschmack ist der Gesang von Matthew etwas schräg geraten – erinnert mich irgendwie an Sounds der 80’er Jahre, ohne das ich sie genau zuordnen kann. Aber genau diese schräge Art zieht aus dem Stück seinen ganz besonderen Reiz.

„Escape Into The Future“ hat sowohl Prog-, wie auch Elektropopelemente eines Gary Newman, ohne in radiotauglichen Singsang zu verfallen. Während das Instrumental „Kaiju“ sehr Cellobetont ist und den perfekten Soundtrack für einen Thriller darstellt, kommt das etwas schwer eingängige Instrumental „Snug Bottom Flute And Starveling“ wieder eher wie Theatermusik daher. Da kann ich mir sogar einige Tänzer auf der Bühne vorstellen. Fast nahtlos geht die Stimmung in „Golden Child“ über, doch sofort sorgt Matthew’s Gesang für eine andere, wenn auch bedrückende, Stimmung.

Mit recht merkwürdigen Geräuschen (klingt wie künstlich hergestellte und verfremdete Schreie) startet „Monsters From The ID“. Bei diesem Stück setzt Matthew einen besonderen Ausdruck in seine Stimme, die dadurch etwas anders klingt als auf den anderen Stücken. Zwischen sanften einschmeichelnden Passagen und recht bestimmenden Ausdrucksformen wechselt sein Gesang. Das gefällt mir sehr gut. Zum Ende hin wird es dann recht proggig.

Das mit zehn Minuten längste Stück „Polly New“ ist auch gleich wieder ein Progger, wie er im Buche steht. Ganz in der Tradition alter Progtitel gehalten, bietet er aber auch noch Melodie und Struktur, wie man es aus dem Melodicrock der 70’er her kennt. Über die lange Strecke wirkt der Song wie eine ausgefeilte Geschichte.

Das abschließende „The Cutting Room“ wirkt zunächst wie ein psychedelischer Track aus den frühen 70’ern. Als Effekt lässt Matthew erst mal seine Synthies zirpen, so wie man es in den Anfangstagen dieses Instrumentes tat. Das klingt wie die Musik zu einem alten ScienceFiction-Film. Und auch ein Theremin scheint bei diesem Stück zum Einsatz zu kommen.

„Horror Express“ von Matthew Parmenter ist eine außergewöhnliche CD, der man sich mit Muße und Geduld widmen muss. Wer reinen NeoProg erwartet, der wird enttäuscht. Stattdessen bietet Matthew eine gelungene Mischung aus Prog, Singer/Songwriter und schrägen Tönen, die an einigen Stellen recht kantig wirkt, aber immer zu faszinieren weiß. Ohne große rockige Elemente kommt die CD aus, dafür stehen Piano und Cellos oft im Vordergrund.

Stephan Schelle, Juni 2008

   

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