Martin Meinschäfer
– Wer hat, der hat! Der Name Martin Meinschäfer dürfte nur wenigen Musikfreunden bekannt sein, hat er doch zuletzt mit seiner Band Rosen & Gomorrha vor gut 19 Jahren ein letztes Album veröffentlicht. Das eindrucksvolle Werk hatte den Titel „Das Leben ist kein Tanzlokal“. Der Arnsberger Martin Meinschäfer kann auf eine lange Musikkarriere zurückblicken, war er doch in den 70’ern Frontmann der deutschen Rockband Hob Goblin, mit der er insgesamt 3 Studioalben herausgebracht hat. |
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Martin
Meinschäfer zur neuen Produktion: „Ich
habe seit der letzten Veröffentlichung vom Rosen und Gomorrha-Album 2001
kaum eigene Musik gemacht und habe die letzten 20 Jahre damit verbracht
anderen, jüngeren Kollegen bei ihrer Arbeit zu helfen und ihre Musik in
eine möglichst schlagkräftige Form zu bringen. Das hat wahnsinnig viel
Spaß gemacht und war oft sehr inspirierend. Aber ich habe mit der Zeit
gespürt, dass in mir selbst noch das ein- oder andere Lied schlummert.
Die mussten einfach raus!“ Zum
Glück hat Martin diese Songs herausgelassen, denn er hat mit dem im
Sommer 2020 erschienenen „Wer hat, der hat!“ ein grandioses
deutschsprachiges Album eingespielt. War „Das Leben ist kein
Tanzlokal“ von Rosen & Gomorrha schon ein Highlight im Deutschrock
(es wurde von der Presse hoch gelobt und der Song „Dankeschön“ bekam
den Deutschen Liederbestenliste-Förderpreis) so macht Martin auf „Wer
hat, der hat!“ nahtlos weiter und legt nochmal eine Schippe drauf. Unterstützung
fand Martin bei zahlreichen befreundeten Musikern wie z. B. Toett (Phillip
Boa And The Voodooclub, Rosen & Gomorrha), Henrik Freischlader,
Trompeter Joo Kraus und Lothar Krell. Martin’s Sohn Moritz, er ist
derzeit auch Drummer in der Band von Henrik Freischlader, sorgt an den
Fellen für den richtigen Rhythmus. Mein
erster Gedanke, als ich den Titel des Albums las, war: Ganz schön
eingebildet der Martin. Aber bei genauerem hinsehen und hinhören (er wird
in „Börsenmelodie“ und einem weiteren Song zitiert) merkt man
schnell, dass Martin diesen Ausspruch nicht auf sich sondern auf unsere
Gesellschaft gemünzt hat. Im Booklet sagt er dazu: Wer
hat der hat heißt mein neues Album und ich finde den Titel aktueller denn
je: Die Besitz-Verhältnisse auf unserem Planeten waren noch nie so
ungerecht verteilt wie jetzt. Die Ausbeutung der Ressourcen schreitet,
ungeachtet aller Warnungen voran und das immer noch zu Lasten der Ärmsten.
Wir kriegen anscheinend den Hals nicht voll genug. Damit setzt er ein
allgemeinpolitisches Statement. So
aktuell und kritisch, wie er im Eingangstext der CD schreibt, ist auch der
Großteil seiner Texte, die darüber hinaus auch sehr poetisch und
anspruchsvoll gefasst sind. Der prall gefüllte Silberling startet mit
„Börsenmelodie“, in dem Martin gekonnt über die Raffgier der
Menschen singt. Auf der anderen Seite prangert er auch die „Geiz ist
geil“-Mentalität an, bei der immer noch viele Menschen glauben, Musik
sei für umsonst zu bekommen. Qualität ist nicht das, was in den Charts läuft.
Dies ist vielmehr von der Musikindustrie gesteuert und so singt Martin: „Ne
Melodie ist nichts mehr wert, die holt man sich für Umme aus dem Netz.
Top-40-Nutte muss man sein, sonst hast du keine Chance im Geschäft“. Das
ist leider so. Musikalisch setzt Martin diesen Song rockig mit einem
knackigen Rhythmus und einer leicht bluesigen Gitarre um. Sehr gut gefällt
mir bei seinen Songs die sehr klare Aussprache, so dass man den Songs gut
folgen kann, auch wenn man nicht in die Texte, die im sehr schön
gemachten 20seitigen Booklet abgedruckt sind, schaut. In
„Vor die Wand gefahren“ nimmt er sich der radikalen und
vorurteilsdurchtränkten Gedankengänger an. Das macht er sehr wortgewandt
und deutlich. Die Musik ist im Kontrast dazu sehr fröhlich in einer
Mischung aus Reggae und Ska. Einen schweren Rhythmus hat er dann „Wo kämen
wir hin“ spendiert und singt den Text in den Strophen in einer Art
Rap-/Hip Hop-Gesang während der Refrain sehr melodisch gesungen wird.
Spontan fällt mir hier Fanta4 im Zeitlupentempo ein, was aber nicht
despektierlich gemeint ist, denn der Song funktioniert sehr gut. Ein
sehr schöner akustischer Song (Akustikgitarre, Bass, Pecussion und
Tasten) ist „Willst Du Meinen?“. Mit funkigen Trompetensätzen von Joo
Kraus und einem Gesangsstil wie beim frühen Westernhagen wartet dann
„Bunt“ auf. Dass es auch mit atmosphärischen Trompeteneinschüben
sehr gut klingt, das zeigt dann „Wahnsinning“. Die Trompete bringt
hier einen leicht jazzigen Touch ein. Und der Song „Das Babylon
System“ - der Titel weist schon darauf hin - ist ein prachtvoller
Reggae-Song. Mit dem Song „Weitergehn“ wandelt Martin dann gar auf den
musikalischen Spuren der Traveling Wilburys. Das sind einige Beispiele für
ein Album mit 16 grandiosen Songs. Multiinstrumentalist
Martin Meinschäfer hat wieder mal ein grandioses und qualitativ
hochwertiges Album eingespielt. „Wer hat, der hat!“ sprüht nur so
voller wunderbarer Melodien und anspruchsvollen sowie witzigen deutschen
Texten. Klare Kaufempfehlung, denn die Musik verbreitet einen großen
Charme und ist mit augenzwinkernden aber deutlichen und klaren Worten in
Songs wie zum Beispiel „Börsenmelodie“, „Umsonst ist der Tod“ und
„Blinde Passagiere“ unterfüttert. Diese Scheibe gehört in jede gute
Rocksammlung. Stephan Schelle, Juli 2020 |
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