Martigan - Vision

Martigan - Vision
Eigenvertrieb www.martigan.com (2009)
(8 Stücke, 79:13 Minuten Spielzeit)

Im Jahr 2002 erschien von der Kölner Progband Martigan ihr zweites Album mit dem Namen „Man Of The Moment“. Als ich 2003 darauf aufmerksam wurde, war es für mich die Entdeckung des Jahres. Doch dann ist es erst einmal ruhig um die Band geworden, bis jetzt, denn Anfang 2009 steigt das Quintett Kai Marckwordt (Gesang, 12 seitige Gitarre, E-Gitarre), Oliver Rebhan (Keyboards), Alex Bisch (Schlagzeug, Backgroundgesang), Björn Bisch (akustische und E-Gitarre) sowie Peter Kindler (Bass) wie Phoenix aus der Asche.


Anfang 2009 erscheint das dritte Album der Band, das den Titel „Vision“ trägt. Sieben Jahre ist es nun her, seit der letzten Veröffentlichung, aber soviel sei an dieser Stelle schon, mal gesagt, das Warten hat sich mehr als gelohnt, denn es ist ein Hammer.

Acht Stücke bietet das Album, bei dem die beiden Longtracks „Boatman’s Vision“ und „The Contract“, die es jeweils auf mehr als 20 Minuten bringen, die restlichen Stücke umschließen. Die einzelnen Tracks sind aber so geschickt miteinander verbunden, dass die CD wie ein kompaktes Gesamtwerk wirkt. Musikalisch und gesanglich ist die Band im Laufe der Zeit gereift, denn das Album klingt wesentlich kompakter und noch stimmiger als der Vorgänger. Und das Gute an der Produktion, hat man schon Bekanntschaft mit Martigan gemacht, dann hört man sie auch sofort wieder heraus. Das liegt unter anderem auch an der sehr markanten Gesangsstimme von Kai Marckwordt.

Zu Beginn des Stückes „Boatman’s Vision“ hören wir einige Parts vom Vorgängeralbum, die wie aus einem Weltempfänger klingen. Dann kommen die ersten glasklaren Keyboardlinien und ein hinreißender Longtrack mit einfühlsamen Melodien, unter die Haut gehenden Soli und einem Schlagzeugspiel das sich anhört, als säße Rush’s Neil Peart hinter der Schießbude (ohne dass der Song die Härte von Rush erreicht), beginnt und machen aus diesem Stück ein absolutes Proghighlight. Auch die Melodie- und Rhythmuswechsel, die man an Longtracks liebt, fehlen hier nicht. Man hat das Gefühl als würde uns die Band eine ausufernde Geschichte präsentieren.

„Craze This Town“ glänzt zunächst mit einigen Soundeffekten um dann eine absolut unter die Haut gehende Synthiepassage zu liefern. Das Stück ist eine balladenhafte Nummer, bei denen alle Musiker sehr akzentuiert ihre Instrumente spielen und das einen Gänsehaut treibenden Refrain mit Satzgesang bietet. Auch die Gitarrenparts sorgen dafür, dass sich bei mir die Haare aufrichten. Bei diesem Stück agiert Alex hinter die Schießbude nicht mehr wie Neil Peart, sondern hat streckenweise eine Art Reggae-Rhythmus drauf, der auch von The Police stammen könnte.

Nach der kurzen Überbrückung „Snapshots“ kommt mit „Touch In Time“ ein weiterer Song, der nur so vor Ideenreichtum strotzt. Hier klingt Kai’s Stimme an einigen Stellen recht dreckig und sogar ein wenig Marillionhaft oder auch eine Spur nach Gabriel, allerdings hinkt der Vergleich ein wenig, da sie nie die Dynamik der genannten Beispiele erreicht. Das ist aber auch nicht tragisch, sondern soll nur die Stimmung beschreiben, die ich beim Hören empfinde. Durch die Keyboards und den Rhythmus hat das Stück etwas episches, nach mittelalterlichem Rom klingendes.

Nach wiederum einer kurzen Überbrückung, die dieses Mal den Titel „A Great Concern“ trägt, kommt mit „Much More“ ein Stück, das mich auch sofort wieder gefangen nimmt und etwas Theatralisches und doch rockiges hat. Ein Song der mächtig nach vorn treibt. Fast schon Genesis-Marillion-like (was die Gitarre betrifft) geht es dann bei dem Zehnminüter „Red & Green“ zu. Bei den Keyboards kommt dann eine Spur Supertramp auf, wenn man wieder Vergleiche heranziehen will. Dieser Longtrack besticht durch seine sanften, melancholischen Parts, die von herrlich rhythmischen Instrumentalparts abgewechselt werden, in die afrikanisch anmutende Perkussions- und Drumparts gemischt wurden, die an Peter Gabriel erinnern (auch durch die Keyboards an dieser Stelle).

Den Abschluss bildet dann das 20minütige „The Contract“. Sanfte Pianolinien eröffnen das Stück, das sich im Verlaufe des Stückes immer weiter entwickelt, die unterschiedlichsten Parts aufweist und wieder hinreißende Soli enthält. Ein Longtrack, wie er sein muss.

Man kann eigentlich kein Stück hervorheben, denn die ganze CD ist in sich stimmig und unglaublich Dicht aufgebaut. Dazu kommt die sehr transparente und dynamische Aufnahme. Auch das 16seitige Booklet, das alle Texte enthält, leider aber die Musiker nicht zeigt, ist wieder recht ansprechend gestaltet.

Martigan haben mit ihrer CD „Vision“ einen richtigen Hammer rausgehauen, der süchtig macht. Ich liebe dieses Album schon nach wenigen Durchläufen und mich überkommt bei jedem Durchlauf erneut ein wohliger Schauer nach dem Nächsten. Wer auf gut gemachten, melodiösen Prog steht, der liegt hier genau richtig. Ein Album das ich nur wärmstens empfehlen kann.

Stephan Schelle, Februar 2009

   

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