Markus Reuter – Sultry Kissing Lounge
UNSUNG Productions (2014)

(13 Stücke, 78:06 Minuten Spielzeit)

Der deutsche Gitarrist Markus Reuter, bekannt durch seine Solowerke sowie Kollaborationen mit Elektronikmusikern wie dem Briten Ian Boddy und den Bands Centrozoon, Tuner, Stickman (Band des Ausnahmebassisten Tony Levin) und The Crimson ProjeKct, veröffentlichte in 2014 ein etwas außergewöhnliches Album mit dem Titel „Sultry Kissing Lounge“. Die CD besteht aus Improvisationen, die er auf seiner Touch Guitar vor den Auftritten des The Crimson ProjeKct’s (neben Markus bestehend aus Adrian Belew, Tony Levin, Pat Mastelotto, Tobias Ralph und Julie Slick) auf deren Europatournee im Frühjahr 2014 zur Einstimmung auf das Konzert spielte.


Die 13 Stücke haben Laufzeiten zwischen 4:12 und 9:54 Minuten und tragen alle Vornamen von Frauen. Auf dem Papersleeve, in der die CD ausgeliefert wird, sind auch zu jedem der Stücke die Orte und Daten der Aufnahmen dokumentiert. Jedes der 13 Stücke wurde danach bei einem anderen Konzert aufgenommen.

Die Improvisationen galten als Einstimmung und Vorlage für die beiden Schlagzeuger Pat Mastelotto und Tobias Ralph, die direkt im Anschluss an Markus’ atmosphärische Gitarrenparts ihr Schlagzeugduett begannen. Aus diesem Grund enden die einzelnen Tracks des Albums auch recht abrupt, was der Stimmung am Ende einen kleinen Knacks verleiht. Hier wäre es vielleicht besser gewesen die Klanglandschaften sanft auszufaden.

„Kandi“, mit dem die CD beginnt, startet recht atmosphärisch, denn Markus entlockt seiner Touch Guitar recht elektronische Klangskulpturen, die wie aus einem Synthesizer klingen. Das wirkt in diesem ersten Track recht ambient. Das folgende „Patricia“ nimmt die Grundstimmung von „Kandi“ auf und fügt einige sägende Gitarrenklänge ein. Eine Stimmung, die nicht von dieser Welt zu sein scheint, baut Markus damit auf. Das ist hochgradig spannend.

Die einzelnen Improvisationen haben eines gemeinsam, sie zeigen atmosphärische Stimmungsbilder, die aber von Markus jedes Mal in unterschiedlichen Variationen dargeboten werden. Dadurch baut er – trotz der oft ähnlichen Klangmuster – doch einen hohen Spannungsbogen auf, in dem er ein ums andere Mal wahre Mauern aus Klanggebilden in den Himmel aufsteigen lässt, die zum Einen recht sphärisch, sakral, experimentell und ambient, aber ein ums andere Mal auch düster und aggressiv wirken.

Die Zusammenstellung aus Liveimprovisationen von Markus Reuter auf seinem neuesten Soloalbum „Sultry Kissing Lounge“ ist eine sehr spannende, wenn auch manchmal anstrengende Form der atmosphärischen Musik. Wer die Musik von Tuner oder King Crimson mag bzw. bei den Konzerten des The Crimson ProjeKct’s war, der wird sich mit diesen Klanggebilden wohl fühlen. Allen anderen ist geraten, vorher in das Album hinein zu hören.

Stephan Schelle, Januar 2015

   

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