Mark Burgess - Magic Boomerang
 

Mark Burgess - Magic Boomerang
Phatasmagoria (2004)
(11 Stücke)

Der Name Mark Burgess wird einigen vielleicht nichts sagen. Er war Bassist und vor allem Sänger der achtziger Jahre Wave-Legende „The Chameleons“. Diese Band schaffte es mit nur drei Alben („Script From The Bridge“, „What Does Anything Mean, Basicly?“  und „Strange Times“) sich einen außerordentlichen Kultstatus zu verschaffen. Sie waren Quasi die Begründer der „Wall of Sounds“ der fast ohne Keyboards auskam, aber mit seinen hochmelodiösen Gitarrenwellen dazu im Stande war, einem eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken zu schicken. Songs wie „Monkeyland“, „A Person Isn´T Safe Anwhere These Days“, „Don´t Fall”, “Tears” oder das fast punkige “In Shreds” waren allesamt Hymnen, was neben der Gitarrenarbeit auch an der eindringlichen Stimme von Mark Burgess lag, mit der er Texte voller Emotionen herüber brachte.


Leider zerbrachen „The Chameleons“ an der Schwelle zum Erfolg nach ihrem dritten Album, weil ihr Manager und Freund Tony Fletscher plötzlich verstarb. Dies trug dann natürlich zur endgültigen Legendenbildung bei und so wurden posthum eine Menge von Chameleons-Sachen veröffentlicht, von denen sicherlich nicht alle wirklich gut waren. Das meiste waren Liveshows, aber es gab auch Outtakes und Best of Alben.

Die Musiker selbst gründeten eigene Projekte, die aber allesamt nicht wirklich erfolgreich waren. Die Projekte mit Mark Burgess trugen die Namen „The Sun & The Moon“ (waren noch sehr Chameleons ähnlich, eine LP und eine EP) „Mark Burgess And The Sons Of God“ (War mehr oder weniger Mark solo, fast in Singer & Songwriter Manier, ein Album), „Mark Burgess & Yves Altana“ (ging wieder mehr in Chameleonsrichtung, allerdings mehr Elektronik und insgesamt näher an dem Britpop der 90er, ein Album) und „Invincible“ (das beste Album von den Chameleons, das nicht von den Chameleons ist, wieder mit Yves Altana, ein Album).

Und genau von diesen Projekten berichtet „Magic Boomerang“. Zusätzlich gibt es noch in der limitierten DoCD-Version drei Songs der Chameleons Vorgänger Band „The Cliches“ (auf dem einfachen Album wird es nur zwei dieser Songs geben) die noch stark Punkorientiert sind, denen man aber auch schon ein wenig die spätere Richtung anhört, sowie einen Song, den Mark Burgess für seinen Freund Adrian Borland und dessen Projekt „White Rose Transmission“ einsang sowie einen neuen Song, in dem Mark Burgess seinen Frust über die Wiederwahl des Herrn Bush loswird.

Auf dieser Bonusdisk befinden sich insgesamt dann noch sechs weitere Tracks der anderen Projekte, die nicht auf dem späteren Einfach-Album sein werden, also lohnt sich die Anschaffung auf alle Fälle (allein schon wegen des Songs „Facades“ im Original von Phillip Glass, der hier wunderschön ertönt).

Nun aber zur Haupt-CD, auf der alle 15 Songs durch elektronische Geräusche (Chameleons Kenner werden diese von alten Alben wieder erkennen) oder Gesprächsfetzen zusammengefügt wurden, was den doch manchmal sehr unterschiedlichen Songs ein großartiges Gesamtgefüge verpasst.

Am Anfang stehen zwei Songs der eben schon erwähnten „The Clishes“, die soundtechnisch perfekt aufgemöbelt sind und wie der dritte Song der Bonus CD auch, sehr punkig sind, aber halt schon erahnen lassen, was kommen sollte. „The Speed Of Life“ war einer der besten Songs von „The Sun & the Moon“, und darf hier natürlich nicht fehlen. Gitarrenwände und Melancholie, schön. Auch die beiden weiteren Songs dieser Band, nämlich „I Love You, You Bastard“ und „Elected“ sind wahre Gitarrenwave Hymnen, ersteres etwas langsamer, das Zweite etwas beschwingter und beide Songs bis jetzt schwer zu bekommen, da nur auf einer Single bzw. EP erschienen, die natürlich schon längst vergriffen sind. „Restless Children“ stammt aus derselben Zeit, wurde aber nur auf akustischen Gitarren eingespielt.

Vom Quasi Soloalbum „Zima Junction“ als M. Burgess And The Sons Of God“ gibt es „World On Fire“ sowie „Refugees“. Beide Songs klingen 100% nach M. Burgess bzw. “Chameleons”, aber halt in der Akustikversion. Sehr schöne Melodien, die beweisen, wie viel Seele in den Kompositionen des M. Burgess steckt. Nun folgen drei Songs des Projektes „Burgess & Altana“. „Sin“ war damals die Single, es ist wesentlich poppiger als die Chameleons und es wurde mit viel Elektronik gearbeitet. „Moon Over Kentucky“ geht in ähnliche Richtung, mit etwas weniger Spielereien. Auch wieder ein gesuchtes, da nur auf Single erschienenes Stück. „Always Want“ wiederum ist dem Originalalbum „Paradyning“ entnommen. Von hier gleiten wir zu „Invincible“, die waren übrigens eine der ersten Bands, die eine Single nur über Internet veröffentlichten. Die Titel „Spooks“ und „Gethesemne“ entstammen beide dem einzigen Album der Band „Venus“, und klingen mit ihren Gitarrenwänden und den herrlich schönen Melodien und den schweren Drums wirklich, als wären die Chameleons wieder auferstanden. „Stop Talking“ ist dann noch einmal ein Track von Burgess & Altana, bevor mit dem mächtigen „Kings“ von „Invincible“ das Album abgeschlossen wird.

Für den Kenner und Fans der Chameleons ist dieses Album sowieso unverzichtbar, alleine wegen der drei bisher noch nie veröffentlichten Tracks von „The Cliches“ und dem neuem Burgess-Song. Ansonsten ist dieses Album für jeden Freund von hochmelodiöser und ebensolch eigenständiger Musik der perfekte Einstieg in den Kosmos der Chameleons. Aber ich übernehme keine Verantwortung für den Suchtfaktor!

Zur Vollständigkeit sei noch erwähnt, dass sich die Chameleons Ende der Neunzieger Jahre reformierten und eine der wenigen wirklich gelungenen Reunionen ablieferten. Zuerst gab es ein Akustikalbum mit alten Klassikern „Strip“ und nach einer großen Tournee, dann „Why Call It Anything“, das sich wunderbar in ihre Discographie einreiht, denn es ist typisch Chameleons aber trotzdem klingt es modern!

Wolfgang Kabsch, 2005

   

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