Marillion –
An Hour Before It’s Dark Die britische Band Marillion veröffentlichte am 04.03.2022 mit „An Hour Before It’s Dark“ ihr mittlerweile 20. Studioalbum. Ganze sechs Jahre sind seit ihrem letzten Studiowerk „F.E.A.R.“ ins Land gegangen. In der Zwischenzeit war das britische Quintett aber nicht untätig. Zahlreiche Liveshows und einige Livealben zeugen davon. Das Warten hat sich aber gelohnt, denn das neueste Werk von Steve Hogarth (Gesang), Steve Rothery (Gitarre), Pete Trewavas (Bass), Mark Kelly (Keyboard) und Ian Mosley (Schlagzeug) zeigt wieder eine sehr atmosphärische Dichte. |
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Thematisch
sind die Briten wieder aktueller denn je. Sowohl Corona und eine Hommage
an die im Gesundheitsdienst Arbeitenden Personen wie auch das Thema
Umweltschutz finden sich in den Texten wieder. „An Hour Before It’s
Dark“ ist somit auch eine Mahnung an uns Menschen, dass es Zeit wird
etwas für die Umwelt zu tun, um unseren Nachkommen einen lebenswerten
Planeten zu überlassen. Ein Verweis auf Umweltaktivistin Greta Thunberg
findet sich unter anderem im Part I „Invincible“ des Stückes
„Reprogram The Gene“. Musikalisch
bietet die Band auf „An Hour Bevor It’s Dark“ wieder herrlichen,
unter die Haut gehenden, atmosphärischen Artrock mit eingängigen
Melodien. Die eingängigen Songs verbreiten gegenüber den Texten, die
aufgrund ihrer Themen einen Konzeptcharakter aufweisen, hellere und
positivere Sounds und Melodiebögen. Das
Album startet mit dem dreigeteilten, neuneinhalbminütigen „Be Hard On
Yourself“. Sehr orchestral mit Keyboards und Chören beginnt der erste
Part „The Tear In The Big Picture“ im Breitwandsound. In diesem Stück
bietet die Band bereits ihre Trademarks, die sie unverwechselbar machen.
Ein klasse Einstieg in das neue Album, das musikalisch Erinnerungen an ihr
Album „Afraid Of Sunlight“ wach werden lässt. Das
6:52minütige „Reprogram The Gene“ ist ebenfalls in drei Teile
unterteilt. In diesem Stück gehen Marillion wesentlich rockiger ans Werk
ohne die Intensität zu vernachlässigen. Man ist förmlich in ihrem
musikalischen Universum gefangen. Mit
0:39 Sekunden Spielzeit ist das instrumentale „Only A Kiss“ nur ein
kurzes Zwischenspiel, das sich von einer sanft, romantischen Seite zeigt
und wie das Vorspiel zum nächsten Song „Murder Machines“ wirkt. Das
4:21minütige „Murder Machines“, das am Ende noch in einer 6:27minütigen
Remix-Version als Hidden Track zu hören ist, zeigt dann auch wieder die
rockige Seite von Marillion. Der/die schon fast Popartige Sound/Melodie
steht im starken Kontrast zum Text. Dieser Song wird bei Konzerten richtig
abgehen. „The
Crow And The Nightingale“, gehört mit seinen 6:34 Minuten Spielzeit
dann auch eher zu den kürzeren Stücken des Albums. Chöre und Piano, die
von Streichern und Keyboardsounds unterlegt sind, bestimmen hier das Bild,
auf das Steve Hogarth einen sehr zerbrechlichen und intimen Gesang legt.
Den eingängigen Refrain unterlegt Pete Trewavas mit einem schönen
Basslauf, während Ian Mosley den passenden Rhythmus anschlägt. „Sierra
Leone“ ist ein weiterer Longtrack, deren fünf Parts es auf eine Gesamtlänge
von 10:34 Minuten bringen. Hier geht es um einen Mann aus ärmlichen Verhältnissen,
der im westafrikanischen Staat Sierra Leone lebt und einen Diamanten
findet. Durch seine Entscheidung ihn nicht zu verkaufen sondern ihn zu
behalten, erhält er sich seine Entscheidungsfreiheit. Ein sanfter,
nachdenklicher Song. Den
offiziellen Abschluss bildet dann das 15minütige „Care“, dem nach
einer vierminütigen Pause im letzten Teil dann noch die Remix-Version des
Stückes „Murder Machines“ angehängt wurde. Ein klasse Basslauf
(erinnert ein wenig an Peter Gabriel’s „So“-Phase), gepaart mit
Steve’s unverwechselbaren, atmosphärischen Gitarrensounds und
akzentuiertem Schlagwerk sorgen in diesem Stück für Gänsehautmomente.
Vor allem Steve’s Soli an der Gitarre sind ein Traum. Leider
machen Marillion auf dem Album von der Unart eines Hidden Tracks - er ist
allerdings in der Tracklist als achtes Stück angegeben - Gebrauch. So
entsteht zwischen dem Ende vom vierten Teil des Stückes „Care“ bis zu
dem letzten Stück, „Murder Machines (12’ Remix)“ eine gut vierminütige
Pause, die man leider nicht skippen kann, da diese letzen beiden Stücke
einen Track von 15 Minuten Länge darstellen. Da hätte ich mir gewünscht,
dass dieser Track auch einzeln angewählt werden kann. In ihm agieren
Marillion eine Spur elektronischer und mit leichtem Wavetouch als in der
Studioversion. Ein richtiger Knallersong zum Ende hin. „An
Hour Before It’s Dark“ schließt qualitativ nahtlos an das Vorgängerwerk
„F.E.A.R.“ an und gehört zu den besten Alben der Band. Ein Muss für
jeden Prog-/Artrockfan. Stephan Schelle, März 2022 |
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