LÜÜL &
Band - Wanderjahre Der Berliner Musiker Lutz Graf-Ulbrich, genannt LÜÜL (Agitation Free, Ashra, Nico, 17 Hippies), wurde anlässlich des 25. Jahrestages des Berliner Mauerfalls nach Pau geladen. Die Veranstalter wollten eine Berliner Band zu diesem Ereignis haben, um den denkwürdigen Tag zu feiern. Für LÜÜL war das ein willkommener Anlass, einen Song über seine Heimatstadt zu schreiben, was ihm schon lange ein Bedürfnis war. So entstand der Song „West-Berlin“, mit dem das neueste Album von LÜÜL & Band beginnt. |
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Mit
Andreas Albrecht haben wir dazu einen kompetenten Produzenten gewinnen können,
einen Meister dieser unverfälschten Herangehensweise. Durch ihn wurde ich
auch dazu inspiriert, die CD mal nicht im Studio einzuspielen, sondern für
ein paar Tage gemeinsam auf dem Land in Klausur zu gehen, um dort ungestört
schaffen zu können. Bei meinem alten Freund Felix Groos, der sich südlich
von Berlin in Schlenzer, Fläming ein ehemaliges LPG-Haus gekauft hat,
fanden wir die passende Location dafür. In nur vier Tagen nahmen wir dort
die gesamten Playbacks auf. Nur den Gesang, einige Geigen-Parts und ein
paar zusätzliche Gitarren-Overdubs sind in Berlin hinzugekommen. Auf
diese Weise ist alles rein und pur, so wie die Band eben klingt. Deshalb
ist dieses Album eben auch kein Lüül-Album, sondern eins von LÜÜL
& Band! Es
fiel LÜÜL nicht leicht den Song über Berlin zu schreiben, erst als er
sich auf den Westteil der Stadt konzentrierte, überfluteten ihn seine
Erinnerungen. Jetzt fiel es ihm schwer nicht alle Eindrücke in einen Song
zu pressen. Entstanden ist eine nostalgische Liebeserklärung an seine
Stadt, die wie eine Zeitreise die Geschichte Berlins erzählt. Verpackt
ist der Song in ein herrliches, mitreißendes Folkgewand. Stimmlich kommt
LÜÜL dabei in die Nähe von Rio Reiser, obwohl er seine ganz eigene
Gesangsart hat. In
diesem Singer/Songwriter-Stil sind dann auch die anderen Songs gehalten.
Aufgrund der Tatsache, dass die Stücke nicht im Studio entstanden sind
und die Basics in nur vier Tagen aufgenommen wurden, entstand ein sehr
intimes Album voller herrlicher Songs, die gefangen nehmen. Mal
verarbeitet LÜÜL, wie in „Draußen“, vier schöne Jahre in denen er
außerhalb Berlins in Dallgow-Döberitz wohnte, dann wiederum hat er ein
Gedicht von Erich Kästner, das ihm schon lange im Kopf herumschwirrte, in
dem Song „Kleines Solo“ vertont. Den
Popsong „Maria“ hat LÜÜL bereits 1982 geschrieben. Er ist ursprünglich
auf seinem Album „und ich“ veröffentlicht worden. Für
„Wanderjahre“ hat er den Song, der ihn nie losgelassen hat und den er
oft bei seinen Konzerten Solo als Zugabe spielte, für die Band neu
arrangiert. Auch seinen NDW-Hit „Morgens in der U-Bahn“ hat er in ein
akustisches Gewand gepackt. Beide Songs passen ganz hervorragend in das
Album. Den
Text zu „Samarra“ hat LÜÜL bereits 1979 in New York in einer Zeitung
als Epigraph von W Somerset Maugham zu John O’Haras’ Roman
„Appointment in Samarra“ entdeckt. Der Text geht auf eine alte
babylonische Anekdote zurück. In diesem Song geht es um das Thema Tod.
„Das Lied vom einsamen Mädchen“, das schon von Hildegard Knef
gesungen wurde, stellt in dieser Version eine Hommage an Nico dar. LÜÜL
& Band haben den Song in seiner spröden Fassung belassen. Mit „In
der Nachbarschaft“ hat LÜÜL dann noch eine deutsche Fassung eines Tom
Waits-Songs auf dem Album, dessen Text von Manfred Maurenbrecher übersetzt
wurde. Die
Erstauflage des Albums, das im Digipack und mit einem 24seitigen Booklet
ausgeliefert wird, enthält darüber hinaus mit „Telefon“ einen
Bonustrack, den es in dieser Form schon gibt, da er auf der „Ahoi“-CD
erschienen ist. Lediglich ein veränderter Chor und ein neues Bass-Solo
wurden dem Stück spendiert. LÜÜL
& Band haben mit „Wanderjahre“ ein sehr schönes
Singer/Songwriter-Album eingespielt, das eine intime Ausstrahlung
entfaltet. Wer die Songs der 17Hippies oder auch von Rio Reiser mag, der
wird dieses Album lieben. Hohe Empfehlungsstufe!!! Stephan Schelle, Juni 2015 |
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