Lunatic Soul - II

Lunatic Soul - II
Kscope (2010)
(9 Stücke, 51:02 Minuten Spielzeit)

Zwei Jahre sind ins Land gegangen seit Mariusz Duda (Sänger, Bassist und Kopf der polnischen Band Riverside) mit Lunatic Soul den ersten Teil des als Doppelalbum konzipierten herausbrachte. Damals zeigte er sich von einer eher sanften Seite. Am 25.10.2010 erscheint nun „Lunatic Soul II“ und ich war gespannt, ob Mariusz diesen Weg weiterführen würde. War das Debüt vom Cover her schwarz gehalten, so zeigt sich heuer das gleiche Motiv in strahlendem Weiß.


Nachdem auf dem Debüt sein Keyboardkollege Michal Lapaj mitwirkte, hat sich Dariusz für diese Produktion Maciej Szelenbaum (Keyboards, Flöten, Quzheng) und Wawrzyniec Dramowicz von der Band Indukti (Schlagzeug) an Bord geholt. Schon die ersten Töne des gut siebenminütigen Openers „The In-Between Kingdom“ zeigen, das er dort weiter macht, wo er 2008 auf seinem Solodebüt aufgehört hat. Dieser erste Track wirkt elektronisch und symphonisch zugleich und wartet stilistisch mit einigen Klangtupfern auf, die an seine Hauptband erinnern, ohne aber zu dominant zu wirken. Ein toller Einstieg in ein ausgezeichnetes Album.

Von diesem orchestralen Beginn geht es in „Otherwhere“ beschaulicher und akustischer zu, denn die Akustikgitarre hält hier eindeutig die Zügel in der Hand. Das Ganze klingt – auch durch Mariusz Gesangsart – wie eine mittelalterliche Weise. Als nächstes entführt uns Dariusz in eine Zwischenwelt, denn „Suspended In Whiteness“ beginnt sphärisch mit E-Gitarre, Flächen, Flöte und einigen Babystimmen. Irgendwie klingt dieser Beginn wie aus einer anderen Sphäre. Mit fast acht Minuten ist es der zweitlängste Track des Albums. Ganz langsam entwickelt sich dieses Stück und nimmt, je länger er dauert an Fahrt auf. Man spürt förmlich in jedem Moment die ansteigende Spannung. Qualitativ und stilistisch würde ich diesen Track in die Ecke von Peter Gabriel stecken (quasi Gabriel trifft Riverside), auch wenn im zweiten Teil der Rhythmus härter wird.

Akustisch und balladesk mit hymnischen Synthiechören geht es in „Asoulum“ zu, das eine hypnotische Ausstrahlung hat. Das elektronische „Limbo“ wirkt mit seinen knapp zwei Minuten wie ein theatralisches Zwischenspiel, das eine Brücke zwischen den Songs bauen soll. Mit treibenden ethnischen Rhythmen geht es dann in „Escape From ParadIce“ weiter. Auch in diesem Stück kann Maruisz Riverside nicht ganz verleugnen.

Dann kommt mit „Transition“ der längste Track des Albums, der es auf elf Minuten bringt. Ein toller Song, der sich langsam entwickelt. Zunächst hat man – aufgrund der Instrumentierung – die Assoziation in einer öden Wüstengegend zu stehen, während sich der Himmel verdunkelt und von Ferne ein Gewitter aufzieht. Nach gut zweieinhalb Minuten setzt ein pulsierender Rhythmus ein und zieht spätestens jetzt den Hörer in diesen hypnotischen Track. Piano und Gesang klingen im ersten Teil nach Marillion der „h“-Phase. Was für ein Song!!! Hier ist Gänsehaut garantiert, denn Melodie und Gesang bohren sich direkt unter die Haut.

Mit „Gravestone Hill“ gibt es noch einmal eine wundervolle Akustikballade, bevor dann mit einem weiteren Highlight, „Wanderings“, meinem Favoriten des Albums, der den Gänsehautfaktor in unendliche Höhen treibt, das Album beendet wird.

Ein sehr gutes, atmosphärisches Album. Wer den Erstling kennt und mag, der sollte sich diesen Nachfolger nicht entgehen lassen. Ein must have für alle, die auf atmosphärischen Rock stehen. Aber Vorsicht, die Platte macht süchtig.

Stephan Schelle, Oktober 2010

   

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