Lenze & De Buam – I nim die mid

Lenze & De Buam – I nim die mid
International Bohemia / Broken Silence (2012)
(16 Stücke, 44:14 Minuten Spielzeit)

Da flattert mir eine CD ins Haus, die sich „I Nim Di Mid“ nennt und von Lenze & De Buam stammt. Na was soll man davon halten, zumal das Teil auch noch aus Bayern stammt und ein Cover mit einem Mann vor einem Bergsee zeigt? Also hab ich die CD erst mal an die Seite gelegt, weil, was soll das denn sein? Das kann doch nichts sein! Dazu tragen die Lieder dann auch noch Titel wie „In meiner Lederhose“, „Aloa Aloa“, „Ois Guade“ oder „Bierzelt“. Bei mir machen sich sofort Assoziationen zum Oktoberfest und zu Volksmusik breit.


Im Pressetext steht dann auch noch: Wo das Münchner Oktoberfest aufhört, fängt es für den gerade mal 20-jährigen Oberaudorfer Lenze und seine Buam gerade erst an. Den Oktober hat der gewitzte und alles andere als schüchterne Oberbayer kurzerhand zu seinem Monat erklärt und veröffentlicht am 26. Oktober sein erstes Album „I Nim Di Mid“ (Ich nehme dich mit), dessen Name unwiderstehlich auch Programm ist. Das muss eine Drohung sein, sage ich mir. Und so kommt es, dass ich erst Wochen später den Silberling noch einmal in die Hand nehme.

Weitere Infos aus dem Pressetext sind: Astl Lenz, der mit bürgerlichem Namen eigentlich Lorenz Schmid heißt, ist so etwas wie die Musikwerdung des berühmten Lebensgefühls von „Laptop und Lederhosn“. Bodenständigkeit, bayrische Sprache und traditionelle Mentalität stehen hier nicht im Gegensatz zum modernen Zeitgeist, sondern gehen eine einmalige und charakterstarke Symbiose mit ihm ein. Musikalisch könnte Lenze & De Buam kaum offener und kreativer sein. Stilistische Grenzen gibt es für sie nicht, sie zählen zu jener frischen Musikergeneration, zu der sicherlich auch Acts wie Deichkind gehören und für die künstlerische Verwirklichung alles bedeutet, Festgefahrenheit hingegen ein Fremdwort ist.

Neben Lenze gehören derzeit zu den Buam: Christoph Atschinger (Schlagzeug), der Waller Korbinian (Bass), der Weber Korbinian (Trompete) und der Bene Mias (Ziehharmonika, Keyboard und Trompete). Das ist schon mal eine recht außergewöhnliche Instrumentierung. Aber lassen wir die Musik mal für sich sprechen.

Die CD beginnt mit dem Stück „Kuabua“, das mit Satzgesang beginnt und zunächst nach bayrischer Volklore klingt. Doch schnell entwickelt sich der Track zu einem Rockpopsong, der einen ganz besonderen Charme entwickelt. Man kann gar nicht sagen, wonach das Stück nun klingt, da es zahlreiche stilistische Elemente in sich vereint. Das macht ziemlich neugierig und macht Spaß (kaum zu glauben).

Die Ziehharmonika sorgt in „Aloa Aloa“ für fast norddeutsches Flair. Ob nur mit Akustikgitarre im Titelstück oder in „Renga“ (klingt wie deutsche Singer/Songwriter), flotter Pop in „1000 Rosen“, atmosphärischer Rock/Pop „Oiwei wenni in Italien bin“, „Autobahn“, „Segelschiff“ oder balladesk wie in „Franze“, in einem bayrischen Reggae in „In meiner Lederhose“ oder ein stampfender Beat in „Bierzelt“, Lenze & De Buam klingen frisch, frech und außergewöhnlich. Das ist Popmusik der mal etwas anderen Art. „Bierzelt“ entpuppt sich als Lied, das sich fürs Mitgrölen und Abfeiern eignet.

Wer hätte bei diesem Bandnamen und Titel ein solch gutes Album erwartet? Ich nicht. Natürlich sind die Songs sehr eingängig und auch kommerziell gemacht, verbreiten aber einen ganz besonderen Charme, der nicht beschreibbar ist. Irgendwo zwischen Rock und Pop mit Reggae, Folk und weiteren Elementen ist diese Musik anzusiedeln. Die perfekte Musik für eine Party.

Stephan Schelle, November 2012

   

CD-Kritiken-Menue