Le Mur – Silentia Nova (Vinyl)

Le Mur – Silentia Nova (Vinyl)
Tribal Stomp Records / Sireena Records (2013)
(7 Stücke, 42:12 Minuten Spielzeit)

Das Dreigestirn von Le Mur, das sind Matthias Gräf (Gesang, Gitarre, Saxophon, Orgel und Soundeffekte), Janine Ficklscherer (Bass) und Georgios Dosis (Schlagzeug), konnte ich schon live in der Rockscheune in Salzkotten Ende September 2013 beim Psychedelic Space Rock Festival erleben. Hier spielte die Band aus Bochum bereits einige Stücke ihres neuen Albums „Silentia Nova“.


Die Veröffentlichung des Albums ist schon ein Novum. „Silentia Nova“ stellt das zweite Album von Le Mur dar, obwohl ihr Debüt „In Tenebris“ offiziell noch gar nicht erschienen ist. „In Tenebris“ sollte bereits im Jahr 2011 bei einem britischen Label herauskommen, da das Label aber die Veröffentlichung mehr als ein Jahr hinauszögerte, war der Vertrag hinfällig. In der Zwischenzeit waren die drei Musiker aber nicht untätig, sondern feilten bereits an neuem Material. Dieses Vorgehen bestätigt, dass sie bestrebt sind weitere Platten aufzunehmen und auch live so oft es geht auf der Bühne zu stehen.

Die sieben Tracks von „Silentia Nova“ schließen thematisch an die Stücke des ersten Albums an und sind im musikalischen Stil - wie die Band es selbst bezeichnet - Heavy-Dark-Trip-Rock mit Space- und Prog-Einflüssen gehalten. Die Songs sind schwer, zum Teil düster (auch mal an Velvet Underground erinnernd), es gibt ausufernde Instrumentalabschnitte mit einer Prise Hawkwind, und wenn Matthias Gräf dann unverhofft zum Saxophon greift, kommen starke Erinnerungen an die großartigen Out Of Focus auf. Dabei schafft das Trio es jedoch spielend, ganz zeitgemäß rüber zu kommen. Man verehrt die Helden aus den Siebzigern, aber man kopiert sie nicht. So beschreibt es der Pressetext.

Ein weiteres Unikum: Auf der Hülle der LP (das Album erscheint als Vinylausgabe) werden nur sechs Stücke ausgewiesen. Auf Seite 1 ist zwischen dem zweiten und dem vierten Stück (sie sind auch so nummeriert) eine Lücke. Das ist kein Fehler, sondern bewusst so gewählt, denn es handelt sich um einen so genannten Hidden Track. Solch einen Track mal mitten in einem Album zu platzieren, hat bisher auch noch niemand gewagt.

Die sieben Tracks auf dem Album bewegen sich zwischen 2:59 und 9:40 Minuten Spielzeit. Los geht es mit „O.m.e.n. - A Decision Of Despair“, einem recht ruhigen Instrumentalstück, das eine Mischung aus Kraut- und Psychedelicrock darstellt. In diesem fast vierminütigen Stück gehen die Drei sehr Songorientiert vor. Dem folgt ein recht elektronisches „Technical Progress And Other Suicide Stuff“, bei dem Matthias auch zum Mikro greift. Daraus entwickelt sich eine Spacerocknummer, die an Acts wie Hawkwind erinnert. Allerdings klingt der Sound etwas steril und rau, was der Produktion einen gewissen Charme verleiht. Die Nummer geht aber ganz gut ab.

Der Hidden Track kommt als nächstes. Er trägt auf dem Label der Vinylscheibe den Titel „Ghost Track II“ und bringt es auf dreieinhalb Minuten Spielzeit. Hier herrschen Bass und Saxophon vor. Durch seinen eigentümlichen Rhythmus spielt das Stück mit Elementen aus Ska und Psychedelic Rock. Dieser Track macht einfach eine Menge Spaß. Die erste LP-Seite endet dann mit dem Stück „Die Nacht der Lemuren (Teil II)“. In diesem Neunminüter kommen zunächst durch den eingesetzten Hall sakrale Strukturen in den Gesang von Matthias hinein. Rhythmus und einige Melodien werden darauf vom „Ghost Track II“ übernommen und weitergesponnen. Zunächst noch recht verhalten steigern sich die Drei dann in einen ekstatischen Teil. Herrlich ist auch die Orgel, die so ein gewisses nostalgisch/schauriges Element in die Musik bringt. Das ist schon gut gemacht.

Die zweite LP-Seite beginnt mit dem sechsminütigen „Sun“. Wie indianische Trommelrhythmen wirken die Perkussion zu Beginn des Stückes. Und auch die Gitarrenparts haben etwas von Wild West-Manier. Da hinein platzen dann aber recht schräge Saxophonklänge, die das Ganze aus dem Gleichgewicht bringen und daraus dann doch eine psychedelische Nummer machen. Dazu trägt auch Matthias entrückter Gesang bei. Im zweiten Teil klingt der Song ganz anders, als er begonnen hat, denn jetzt hat er sich in eine psychedelische Rocknummer verwandelt.

Mit sehr psychedelischen Gitarren, die an frühe Pink Floyd oder The Doors erinnern, beginnt das Titelstück, das mit 9:40 Minuten zu Buche schlägt. Hier gefällt auch der Schlagzeugrhythmus von Georgios. In diesem Stück wird der von der Band selbst bezeichnete Stilmix aus Heavy-Dark-Trip-Rock mit Space- und Prog-Einflüssen besonders deutlich. Das ist hochgradig spannend. Mit dem treibenden spacig/psychedelischen (und Wah-Wah-Gitarren-Einschüben) „O.m.e.n. - Creation Of A New Silence“ endet dann die Platte.

„Silent Nova“, der zweite Teil einer geplanten Trilogie, erscheint in einer limitierten Vinylauflage. Die ersten 500 LPs kommen auf farbigem Vinyl und sind durchnummeriert.

Mit „Silentia Nova“ ist der deutschen Band Le Mur ein beachtliches Debütwerk gelungen, das ihre eigentlich erste Veröffentlichung mal eben überholt hat. Ob und wann der Erstling „In Tenebris“ erscheinen wird ist mir allerdings nicht bekannt. Wenn er aber ähnliche Strukturen aufweist wie „Silentia Nova“, dann lohnt sich das Warten.

Stephan Schelle, November 2013

   

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