Kuhn Fu – Chain The Snake
Berthold Records (2019)
(7 Stücke, 42:36 Minuten Spielzeit)

Kuhn Fu ist das international besetzte Musikprojekt des deutschen Gitarristen und Sängers Christian Kühn. Zu seiner Band gehören der aus Israel stammende Ziv Taubenfeld (Bassklarinette), der Türke Esat Ekincioglu (Kontarabass) und der Brite George Hadow (Schlagzeug). Dieses Quartett veröffentlicht am 22.03.2019 ihr drittes Album unter dem Titel „Chain The Snake“.


Bandleader Christian Kühn, aus dessen Feder auch alle Songs stammen, bezeichnet die stilistische Ausrichtung von Kuhn Fu als „Paranoide-Prog-Punk-Jazz-Performance“. Die Arbeiten am Vorgängeralbum „Kuhnspiracy“ hatten bei Christian Kühn eine „post-romantische Jazz/Rock-Störung“ verursacht, ein Zustand, der selbst unter renommierten Psychiatern unbekannt ist. „Das Romantische drückt sich durch eine ungestillte Sehnsucht aus, die zwar immer noch vorhanden ist, aber momentan vom Punk – der darauf keinerlei Rücksicht nimmt – verdrängt wird“, erklärt Kühn.

Das klingt nach hartem Stoff. Und in der Tat finden sich die oben erwähnten musikalischen Zutaten zu Hauf in den einzelnen Stücken des Albums. Das Quartett schafft es aber, aus diesen Zutaten ein hochgradig spannendes Menü zu zaubern, bei dem es manchmal schräg zugeht, das Ganze aber trotz alledem eingängig und auch strukturiert ist.

Mit punkigen Klängen und einem druckvollen Polka artigen Rhythmus startet der 4:45minütige Opener „Marco Messy Millionaire“. Der abgedrehte Gesang sorgt für eine spaßige Atmosphäre wie beispielsweise auch Grobschnitt’s „Sahara“. Kuhn Fu bestücken diesen Song aber mit jazzigen Passagen und bauen gar noch einen Ska-Rhythmus ein. Das Ganze macht aber unglaublichen Spaß und ist trotz der zahlreichen Zutaten sehr schmackhaft.

Im nächsten Stück „Gargamel“ wird es dann etwas experimenteller, was vor allem an Ziv’s Klarinettenspiel liegt. Zwischenzeitlich scheinen die einzelnen Bandmitglieder gegeneinander zu spielen. Nach etwas mehr als der Hälfte kommen aber Wah Wah-Gitarrenklänge auf und es wird sogar funky. Die scheinbaren musikalischen Gegensätze fügen sich dann erstaunlich gut ineinander. Das ist zwar kein leichter Stoff, fasziniert aber trotzdem.

„Sonic Manah“ beginnt zunächst verhalten, steigert sich aber in einen wahren Parforceritt. Dieser Track ist recht jazzig. „Oswaldo’s Waltz“ ist dann eine kleine Hommage an Led Zeppelin, denn die Melodiefolge erinnert in der ersten Minute stark an den Song „The Ocean“ vom „Houses Of The Holy“-Album. Ab Minute Eins ändert sich aber das Bild und man hat das Gefühl bei diesem langsamen Beat, als würde man einen Kamelritt durch die Wüste unternehmen. Die Bassklarinette gibt darüber hinaus diesem ruhigen Track die gewisse Würze.

Es folgen das sehr rhythmische, mit ekstatischen Klarinetteneinschüben versehene „Gustav Grinch“, das vor allem durch den Rhythmus lebt, das mit 10:25 Minuten längste Stück „Traktus“, das zwischen Jazz, Rock und Punk wandelt sowie das abschließende „Wolf’s Muckenkogel“, das einen treibenden Schlagzeugrhythmus aufweist und bei dem der „La, la, la“-Gesang erneut an Grobschnitt’s Sahara erinnert, womit aber die Gemeinsamkeiten auch schon aufhören. Musikalisch zeigt das Stück eine Art rhythmische Zirkusmusik (was nicht negativ gemeint ist). „Wolf’s Muckenkogel“ kann ich mir in der Tat zu einem spannenden und aufregenden Artistikact in der Manege vorstellen.

Kuhn Fu veröffentlichen im März 2019 mit „Chain The Snake“ ein hoch spannendes Werk, bei dem sie ihre „Paranoide-Prog-Punk-Jazz-Performance“ in einer Mischung aus Jazz, Rock und Punk darbieten, die alles andere als paranoid ist. Einige der Stücke machen richtig Spaß. Wer mal wieder abseits der normalen Hörgewohnheiten etwas Neues erleben will, liegt hier genau richtig, denn das Album hat einen eigentümlichen Charme.

Stephan Schelle, März 2019

   

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