Karthago – Second Step

Karthago – Second Step
mig / made in germany music (1973/2011)
(10 Stücke, 46:52 Minuten Spielzeit)

Das deutsche Label mig (made in germany music) veröffentlicht die Alben der deutschen Rockformation Karthago in umgekehrter Reihenfolge. Nachdem das Studioalben „Rock 'N' Roll Testament“ (1974) und das Livealbum „Live At The Roxy“ (1976) wiederveröffentlicht wurden, widmet sich mig Anfang Dezember 2011 nun dem zweiten Studioalbum von Karthago, das den Titel „Second Step“ trägt.


Ursprünglich im Jahr 1973 erschienen, wird das Album am 09.12.2011 erstmals auf CD herausgebracht. Neben den acht Originalstücken des Albums enthält die CD noch mit der Chuck Berry Coverversion „Johnny B. Goode“ und dem eigenen Titel „Going Down“ zwei Bonusstücke.

Karthago waren in den 70’ern häufig auf Tour und so stellte sich das erklärte Ziel der Band, eine neue LP pro Jahr auf den Markt zu bringen auch aufgrund der im Musikgeschäft üblichen Querelen mit Management, Produzenten und Plattenfirma dann doch schwieriger als gedacht dar, so dass gut zwei Jahre nach Veröffentlichung des Debütalbums ins Land gingen, bevor mit „Second Step“ der Nachfolger ins Rennen ging. Dabei entstand auch ein bandinterner „Entstehungs- und Verteilungskampf“ um die Titel auf der LP, der aber für die Band auch einen weiteren Entwicklungsschritt in ihrer Geschichte bedeutete.

Es ist müßig darüber zu streiten, welches Album, ob „Karthago 1“ oder „Second Step“ ‚deutschrockiger’ war, beide Alben eingespielt von einer Band, die sich immer eher am Angloamerikanischen Mainstream orientierte. Karthago war ein Kind seiner Zeit, dessen Ursprung unverkennbar war, und gerade dadurch interessant für die Musikliebhaber wird.

Im Gegensatz zum ersten Album hatte man für „Second Step“ eine sehr viel längere Vorbereitungszeit, was dem Produkt zu Gute kam. Als Produktionsort entschied man sich für Hamburg, dem damaligen Mekka der Szene, wo im Windrose Studio mit Thomas Kuckuck eine Legende als Toningenieur am Mischpult saß. Karthago war damals auch schon eine Musiker-Band und so war es nicht verwunderlich, dass sich während der Aufnahmen immer wieder eine illustre Ansammlung von Musikern befreundeter Bands im Studio einfand. So sangen zum Beispiel Inga Rumpf und Ringo Funk, ohne explizit erwähnt zu werden, backing vocals auf „Oberbaumbrücke“.

Im Vergleich zu dem Debüt hatte sich das LineUp der Band verändert, denn für den Schlagzeuger Wolfgang Brock, der mit den damaligen Umständen nicht mehr richtig klar kam und die Band daraufhin verließ, stieg Nobert „Panzer“ Lehmann ein. Mit seiner anderen Spielweise trieb er die Band förmlich an und sorgte für noch mehr Druck im Bandsound.

Der Opener „Pacemaker“ zeigt zunächst noch die typischen Krautrockartigen Ingredienzien und vermischt diese mit amerikanischem, Blues angehauchtem Rock. Ein toller treibender Instrumentaltrack, bei dem sich alle Musiker schon mal vorstellen können. Der erste Song folgt dann mit „I Don’t Care“, das hier schon wesentlich mehr die amerikanischen Einflüsse zeigt. Die von Ingo Bischof gespielte Hammond Orgel hat den typischen Sound, den Musiker wie Jon Lord seinerzeit berühmt machten. Ingo an Hammond und Joey an der E-Gitarre sowie das treibende Schlagwerk von Paul „Panzer“ Lehmann geben diesem Stück die besondere Note.

Viel verspielter und mit jazzigen Elementen versehen ist „Crosswords & Intermissions“. Der Mini Moog klingt hier auch sehr frisch (vor allem für seine Zeit) und bringt damit eine Spur ELP in die Musik. Etwas Soul kommt dann auch noch bei „Don’t Send Me Your Money, Send Me Your Heart“ hinzu und verfeinert so den Gesamteindruck. Hieran kann man erkennen wie vielseitig die Band seinerzeit war. Die unterschiedlichsten Stilelemente werden zu einer treibenden Melange zusammengestellt, die auch heute noch zu begeistern weiß.

Der CD, die im Jewelcase erscheint, wurde ein zwölfseitiges Booklet mit ausführlichen Linernotes von Cornelius Hudalla in englischer Sprache und zahlreichen Fotos spendiert.

Mit „Second Step“ von Karthago hat mig ein weiteres wichtiges Album der deutschen Rockgeschichte vor dem Verfall gerettet. Ein tolles Rockalbum, das in jede gute (Deutsch)Rocksammlung gehört.

Stephan Schelle, Dezember 2011

   

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