Karthago – Rock ’N’ Roll Testament

Karthago – Rock ’N’ Roll Testament
made in germany / mig (1974/2011)
(10 Stücke, 40:44 Minuten Spielzeit)

Nachdem 71’er Debüt und dem zweiten Album „Second Step“ ist „Rock ’N’ Roll Testament“ das dritte Werk der deutschen Rockformation Karthago, das 1974 auf den Markt kam. Made in germany music veröffentlicht das Reissue am 25.03.2011 in überarbeiteter Form.


Karthago waren zum Bazillus Label der Bellaphon gewechselt, bei denen auch Nektar unter Vertrag standen. Hiermit wollte die Band sich den Traum erfüllen, auch in den USA erfolgreich zu sein. Das Cover stammt von Helmut Wenske, der auch „Recycler“ von Nektar gestaltet hat. Bei oberflächlichem Hinschauen kann man die beiden Cover verwechseln, da sie farblich ähnlich aufgebaut sind.

Die Band hatte sich, im Vergleich zu den beiden Vorgängern viel mehr Zeit für die Vorbereitung des Albums genommen. Ein Grund mag auch in der Umbesetzung der Gruppe gelegen haben. Noch vor den Aufnahmen zu „Rock ’N’ Roll Testament“ verließen Gründungsmitglied und Bassist Gerald Luciano Hartwig sowie Schlagzeuger Panzer Lehmann die Band. Während mit Konni Bommarius schnell ein neuer Schlagzeuger gefunden war, tat man sich mit der Besetzung des Bassisten schwerer. Man dehnte die Suche bis nach London aus und fand in Glenn Cornick, der zuvor schon bei Jethro Tull gespielt hatte, einen passenden Musiker.

Im Pressetext ist über die Suche nach dem Bassisten zu lesen: „Bei aller Begeisterung über die musikalische Kompetenz der Karthago-Musiker hielt sich jedoch die Bereitschaft von Swinging London auf die Insel Berlin mitten im bedrohlichen Kommunismus umzusiedeln doch fast ängstlich in Grenzen – bis dann einer ja sagte: Glenn Cornick, der bekannte Typ am Bass von Jethro Tull, der mit dem Stirnband und der Brille.“

Die CD enthält die zehn Originalstücke, ohne weitere Bonustracks. Schon der Opener „Hard-Loving Woman“ zeigt, dass sich Karthago im gefälligen Rock mit eingängigen Melodien bewegten, wie geschaffen für den US-Amerikanischen Markt. Rock mit Funkelementen und einer Perkussion von „Pedro“ Tommy Goldschmidt, die das Feeling von Santana-Produktionen (auch einige Gitarrensoli klingen nach Carlos Santana) aufweist, zeugen von der musikalischen Qualität der Band.

Funkrock herrscht auch bei den anderen Songs vor, wie zum Beispiel im treibenden „We Gonna Keep It Together“, das wie eine Mischung aus Randy Pie und Santana anmutet. Vor allem Goldschmidt’s Perkussion treiben den Titel nach vorn, was mir persönlich sehr gut gefällt. Besonders hervorzuheben ist hier auch Ingo Bischof’s Klaviereinlage.

Das balladeske „Now The Irony Keeps Me Company“ wirkt auf mich wie eine Mischung aus Bad Company und Roger Waters, ergänzt um weitere Elemente. Hierauf folgt das Titelstück im Bluesrockstil. Das träge wirkende „The Creeper“ mit seinem Ragtime-Piano und dem bluesdurchtränkten Sound ist absolut hypnotisch und wirkt auch heute noch frisch und fesselnd, während in „Back Again“ wieder der Funkrock in den Vordergrund gestellt wird. Sphärisch und floydig wird es in „Sound In The Air“. Den Abschluss bildet dann die Tribute-To Hendrix-Nummer „See You Tomorrow In The Sky“.

Wer straighten Rock mit Blues- und Funk-Elementen mag, der liegt bei dieser Scheibe goldrichtig. Karthago hatte Mitte der 70’er eine hohe musikalische Qualität erreicht, die auf diesem Album dokumentiert ist. Ein tolles Werk, das jetzt auf CD erhältlich ist

Stephan Schelle, März 2011

   

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