Jordsjø - Salighet
Karisma Records (2023)

(7 Stücke, 42:36 Minuten Spielzeit)

Das aus Oslo stammende Duo Jordsjø, bestehend aus Multiinstrumentalisten Håkon Oftung (Tusmørke, Black Magic, The Chronicles of Father Robin) und dem Schlagzeuger Kristian Frøland veröffentlicht am 06.10.2023 ein neues Album unter dem Titel „Salighet“. Es ist das vierte richtige Studioalbum des Duos. Inspiriert wurde die Band von Olivier Messiaen, der deutschen Band Popol Vuh und Anthony Braxton, über skandinavische Folklore und Jazz bis hin zum frühen britischen Prog.


Mit „Salighet“ erkunden sie in Kompositionen und Texten verschiedene Formen der Ekstase. Sei es in Form eines Tanzes, einer Bergwanderung, eines Märchens, religiöser Grübeleien oder anderer innerer Reisen, in einem farbenfrohen symphonischen Folk-Rock-Sound. Die Musik ist ein Kontrapunkt zum alltäglichen Leben und sehnt sich nach Geheimnissen und alternativen Realitäten - mit großer Dynamik und Dramatik, immer auf der Suche nach einer guten Melodie. Das Album schöpft seine Inspiration aus nordischem Jazz und Folk, klassischer Musik aus den 1900er Jahren und sinneserweiterndem Rock der 60er und 70er Jahre und kreiert so sein eigenes starkes musikalisches Gebräu - unmodern und ungeschliffen.

Das Album beginnt mit dem 2:52minütigen Instrumental „Invokasjon“. Synthchöre, Schlagzeug, Bass und eine Querflöte leiten in den Song ein, der als Grundlage 70’er Jahre-Rock atmet. Das klingt unter anderem - auch wegen der Querflöte - wie eine Mischung aus Jethro Tull und Rick Wakeman. Hätte so Musik klingen können, wenn Wakeman zu Tull gewechselt wäre?

Weiter geht es mit dem 7:21minütigen „Sankeren“. In diesem Stück gehen Jordsjø wesentlich rockiger zur Sache, bleiben aber in den Gefilden der 70’er Jahre um sie in das neue Jahrtausend zu transferieren. Der norwegische Gesang wirkt in diesem Stück ein wenig nach Folk. Dazu kommen einige jazzige Elemente. Ab der Mitte wird es dann rockiger mit herrlich retromäßigen Keyboard- und Orgelklängen. Ein Longtrack, der Struktur-, Rhythmus und Melodiewechsel aufweist.

Querflöte, Mellotron und Akustikgitarren sorgen in dem 6:17minütigen „Salighet I“ für eine folkige Stimmung mit Anthony Phillips-Feeling. Ein proggig/folkiges Stück. Dem folgt dann das 6:10minütige „Salighet II“, das nun durch eine Steve Howe artige Gitarre mehr an Yes erinnert und nach wenigen Momenten in einen Part mit Twin-Guitars á la Wishbone Ash wechselt. Daraus machen sie dann einen eigenen, sehr abwechslungsreichen Song, bei dem auch wieder Jethro Tull um die Ecke linsen.

Es folgend das proggige, 6:38minütige „Ura“, das 2:55minütige „Danseritualer fra Jordsjø – Prosesjon & Ekstase“ bei dem sich unter anderem Mike Oldfield mit Wishbone Ash und Jethro Tull treffen und das abschließende, 10:21minütige „Stjernestigen“, das klassisch beginnt, in einen mittelalterlich angehauchten Part mit leichter Genesis-Note wechselt und sich mit einigen Wendungen weiter entwickelt (z. B. mit Klängen von Rick Wakeman und auch Yes).

„Salighet“ des norwegischen Duos Jordsjø ist ein sehr schönes Album mit zahlreichen Reminiszenzen an große Progbands der 70’er Jahre. Und doch machen Håkon Oftung und Kristian Frøland ihr ganz eigenes Ding daraus, in dem sie unter anderem norwegischen Folk mit einmischen.

Stephan Schelle, Oktober 2023

   

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