Jack Bruce + hr Bigband – More Jack Than Blues
MIG made in germany music / spv (2015)

(11 Stücke, 60:24 Minuten Spielzeit)

Jack Bruce ist eine Musikerlegende, zu der man wohl nichts mehr sagen muss. Solo sowie als Mitglied der Band Cream hat er Musikgeschichte geschrieben. Im Jahr 2006 ist er einen ungewöhnlichen Weg gegangen, denn er trat zusammen mit der Bigband des Hessischen Rundfunks auf. Nachdem die langersehnte Reunion von Cream, die zu vier Londoner und drei New Yorker Konzerten führte, sehr erfolgreich war, traten die Macher des Deutschen Jazzfestivals Frankfurt an den legendären Komponisten/Bassisten/Sänger heran.


Sie stellten ihm die Frage, ob es ihn nicht reizen könnte, neben den wiederbelebten Cream-Klassikern auch andere entscheidende Wegmarken seiner Karriere im Kontext einer Bigband zu reformulieren. Bruce, der sich nach dem neuerlichen »Cream«-Triumph vor Anfragen von Konzertveranstaltern im Jahr 2006 kaum retten konnte, sagte sofort zu, nachdem er Aufnahmen der hr-Bigband gehört hatte.

Als dann die Proben in Frankfurt begannen, wurde allen Beteiligten schnell klar, dass das Aufeinandertreffen von Bruce und der hr-Bigband nichts weniger als ein Glücksfall war: Titel wie „Rope Ladder To The Moon“ oder „Never Tell Your Mother She’s Out Of Tune“ entfalteten mit den raffinierten „voicings“ der Bläserstimmen ganz unerwartete Strahlkraft. Nach eigenem Bekunden war Bruce dank der Vermittlung des Produzenten Kip Hanrahan auch schon seit langem der Lässigkeit lateinamerikanischer Rhythmik und ihrer Vielfarbigkeit erlegen. Nummern wie „Milonga“ und „The Consul At Sunset“ lieferten den Beweis. Natürlich durften Cream-Klassiker wie „Sunshine Of Your Love“ oder „Spoonful“ nicht fehlen.

Das deutsche Label mig veröffentlichte am 27.11.2015 den Mitschnitt des Konzertes vom 37. German Jazzfestival aus Frankfurt aus dem Jahr 2006 auf CD sowie DVD. Das Package im sechsseitigen Digipack beinhaltet zum einen eine 60minütige CD sowie eine DVD mit dem kompletten Konzert. Während die DVD den kompletten Auftritt zeigt, fehlen auf der CD die zwei abschließenden Stücke „White Room“ und „Waiting For The Call“.

Jack Bruce sagte selbst von sich: „ Ich spiele keinen Jazz, ich spiele Jack!“. Was soll also den Musikfreund erwarten, wenn der im Blues und Rock verortete Jack Bruce mit einer Bigband spielt? Die Kombination aus Rock und Bigbandsound funktioniert ungewöhnlich gut, was sich sofort im Opener „Never Tell Your Mother She’s Out Of Tune“ zeigt. Und das bluesige „Spoonful“ entfaltet in dieser Version einen ganz neuen Glanz.

Auch Jack Bruce ist an diesem Abend in bester Verfassung und gut bei Stimme. Ob am Bass, an der Akustikgitarre oder dem Piano, er macht eine ausgesprochen gute Figur. Während er neben dem Gesang zunächsrt am Bass zu hören ist, wechselt er ab der Ballade „Theme For An Imaginary Western“ für drei Stücke ans Piano. In diesen Stücken agiert die Bigband streckenweise sehr verhalten und überlässt Bruce das Feld. Zu den Highlights des Konzertes zählen aber das rhythmisch, druckvolle „Deserted Cities Of The Heart“, und die Cream-Klassiker „Sunshine Of Your Love“, der hier eine jazzig Note mit südamerikanischen Percussions bekommt sowie „White Room“.

Klang- und Bildqualität sind ausgesprochen gut. Die DVD bietet leider nur den Stereo-Mix und das Bildformat liegt auch nur in 4:3 vor, was dem ganzen aber keinen Abbruch tut.

„More Jack Than Bruce“ zeigt Jack Bruce von einer etwas anderen Seite. Es war mutig von ihm mit einer Bigband aufzutreten. Doch die hr Bigband war die richtige Wahl, denn Bruce und Bigband gehen eine gelungen Kollaboration ein und lassen einige Klassiker in neuem Glanz erscheinen. Eine sehr gelungene Veröffentlichung.

Stephan Schelle, Februar 2016

   

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