Harald Blüchel
 


Harald Blüchel aka Cosmic Baby, ein Elektronikmusiker mit unterschiedlichen Gesichtern

Der Elektronikmusiker Harald Blüchel, der vielen auch unter seinem Pseudonym Cosmic Baby bekannt sein dürfte, bringt im Herbst 2006 mit „Die Toteninsel“ auf seinem Label Time Out Of Mind Records erstmals eine SoloCD unter seinem bürgerlichen Namen heraus. Der im Jahr 1963 geborene Harald Blüchel entdeckt bereits im Alter von vier Jahren das Klavier für sich und beginnt zwei Jahre später eine klassische Ausbildung an diesem Instrument. Seine Fingerfertigkeit bringt ihm im Alter von sieben Jahren ein Hochbegabtenstipendium am Konservatorium Nürnberg ein. Waren seine ersten Lieblingskomponisten noch Mozart, Chopin, Debussy und Bartok, so änderte sich dies schnell und er entdeckte die Elektroniker Kraftwerk, Tanderine Dream und später auch Ryuichi Sakamoto und Vangelis für sich.

1986 zieht Harald nach Berlin und erlebt so den Beginn der aufkommenden Techno und Housemusic. Nach ersten Kompositionen Ende der 80’er ist er vor allem Anfang der 90’er mit seiner Musik als Cosmic Baby so erfolgreich, dass ihn die Musikpresse als „ersten Star der Technomusik“ und „Technowunderkind“ bezeichnet. 1995 gründet er sein eigenes Label und bringt mit „Stunde Null“ ein Album heraus, dass keiner von ihm erwartet hat, besteht es doch im Wesentlichen aus experimentellen Klängen. Er verabschiedet sich damit aus der Technoszene, als Grund gibt er eine „Reaktion auf die immer ungeniertere Vermassung seines Sounds durch Andere“ an. Es folgen Auftragskompositionen für Film und Fernsehen.

Im Herbst 2006 macht Harald mit „Die Toteninsel“ einen neuen Anfang. Die Veröffentlichungen von Cosmic Baby waren immer schon durch ihre unterschiedlichen Stile geprägt. Mal überwiegen rhythmische Elemente wie bei „Kinetik“, dann ist seine Musik, wie bei „Thinking About Myself“, wieder sehr melodisch mit streckenweise eingeflochtenem melancholischem Flair vermischt, oder er zeigt sich experimentell und Stimmungen erzeugend wie auf „Stunde Null“. Auf seiner aktuellen CD „Die Toteninsel“ vermischt Harald diese Elemente und geht klanglich dabei noch einen Schritt weiter. Das neue Album stellt den ersten Teil der „Zauberberg-Trilogie“ dar, auf der Harald neue Wege beschreitet, in dem er sich von seiner bisherigen Arbeitsweise verabschiedete und von der Synthi / MIDI-Technik hin zur elektro-akustischen Klangforschung wechselte. Herausgekommen ist ein Klanggemälde, das gerade in den ersten beiden Sätzen nur wenige Momente mit Melodien und keinen Rhythmus im herkömmlichen Sinne bereit hält, dafür aber durch die ungewöhnlichen Klangstrukturen fesselt.

Unterteilt ist die 51minütige CD in drei Sätze. „Satz I“ beginnt mit einem Sound, der sich nach einer Mixtur aus schweren Atemzügen und einer Maschine anhört. Gleich dieser mit Hall versehene Sound wirkt sehr räumlich und faszinierend. Irgendwie hört man gespannt hin und will - wie bei einer spannenden Geschichte - wissen, wie es weitergeht. Man hat das Gefühl einer außerirdischen Szenerie beizuwohnen. Auch der Einsatz von glasklaren Gongs und Glocken sowie die eingestreuten, elektronisch verfremdeten Wortfetzen des Wortes „Gegenwart“ machen das Ganze umso mysteriöser. Schwebende Harmonien und Sequenzen wechseln mit Soundeffekten und bauen sich collagenartig zu einem Klanggemälde auf. Harald bezeichnet diese Art der Musik selbst als „Hörstück“ und das trifft es dann auch, denn beim Hören entstehen eigene Bilder im Kopf. Das wird vor allem auch bei „Güterzug“ des ersten Satzes deutlich, in dem eine männliche Stimme einen Text spricht, während Klänge ertönen, die auf einem Bahnhof oder Bahngleis aufgenommen sein können. „Satz II“ ist ähnlich aufgebaut, während „Satz III“ auch eine Reihe Harmonien, Rhythmussequenzen und Melodielinien aufweist. Besonders gefällt mir der Part „Der erste Schnee“ in „Satz III“, der mich an die Musik im Stile der CD „Thinking About Myself“ erinnert. „Die Toteninsel“ ist ein anspruchsvolles Werk, dem man sich nur in Ruhe und mit voller Konzentration hingeben kann, dann aber bekommt man einen Trip, der die Sinne anspricht. Vor allem „Satz III“ dürfte auch die Freunde von Haralds melodischen Werken ansprechen.

Stephan Schelle, Oktober 2006

 
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