Insane - Doppelfickerspiegelpanzer

Insane - Doppelfickerspiegelpanzer
Eigenvertrieb (2012)
(14 Stücke, 68:31 Minuten Spielzeit)

Insane stammen aus Deutschland (München) und haben mit ihrem neuen Albumtitel eine Wortkombination gewählt, die mich zunächst abschreckte. Was soll denn bei so einem Titel rauskommen? Das Cover ihres mittlerweile fünften Albums ist dann aber etwas zurückhaltender, zeigt es doch eine junge Frau im Bikini auf einem fahrbaren Rasenmäher. Das hat dann schon eher etwas von einer Anzeige des Baumarktes um die Ecke.


Der Pressetext sagt über die Band: Vor Knorkators Reunion wären Insane wohl der erste große Tipp für eine würdige Nachfolge gewesen: Stell dir eine Mischung aus den Texten, der Ironie und der musikalischen Dominanz von Rammstein, den feinen, fast schwülstigen Harmonien und grandiosen Refrains von Him und der genialen Verrücktheit von Knorkator vor, und du würdest auf einem Insane-Konzert dennoch überrascht sein, dass alles anders klingt.

„Ihr macht doch so eine Mischung aus Rammstein?“, brabbelte ein betrunkener Konzertbesucher nach einem Auftritt von Insane. Die Tatsache, dass alles was mit verzerrten Gitarren und bösen deutschen Texten zu tun hat, sich automatisch an den Mitbegründern und Galionsfiguren der neuen deutschen Härte vergleichen lassen muss, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Ganz so einfach ist es allerdings selten. Leider, oder Gott sei Dank, auch im Falle von Insane. Die extreme Mischung aus fettesten Gitarrenwänden, progressiven Grooves, fundamentalen Basslines und gebrüllten Vocals einerseits, und fragile Synthesizerklänge, anmutige Harmonien und eine klare Gesangsstimme auf der anderen Seite, begeistert Menschen, die moderne, harte Musik genießen wollen.

14 Stücke finden sich auf der neuen CD, die mit „Los Insanos“ startet. Eine ganz eigenartige Stimmung wird zu Beginn durch Geräusche der unterschiedlichsten Art in diesem knapp anderthalbminütigen Intro erzeugt. Man könnte fast meinen, dass man sich in einem von Menschen bevölkerten Baumarkt, befindet, während im Hintergrund die Kaufhausmusik auf die Besucher niederprasselt. Dann zerbricht eine Scheibe und es wird in herrlichem bayrisch geflucht. Eine Keyboardmelodie mit den bekannten Tönen aus Spielberg’s Filmklassiker „Unheimliche Begegnung der dritten Art“, die hier wie ein Kaufhaus-Jingle klingt, auf das dann eine Ansage einer Verkäuferin folgt, zeigt schon den eigentümlichen Humor der Musiker.

Dann folgt der Titelsong, der mit einer Einspielung des Kinderliedes „Es tanzt ein Bibabutzemann ...“ beginnt. Nach diesem kindlichen Gesang bricht eine Wand aus brachialem Gitarrensound und Schlagzeuggewitter auf den Hörer ein. Immer wieder wird dieser kraftvolle Brachialrock von eingestreuten Kinderliedern durchbrochen. Was für ein wuchtiger Song mit jeder Menge Humor.

Dem Song „Indien“ entsprechend kommen nun Gitarrenklänge die an Sitar erinnern sowie Glockenklänge und Perkussion in dem Song auf. Anfangs wird noch recht sanft gesungen, im Refrain hauen Insane dann dem Hörer aber wieder eine volle Breitseite entgegen. Allerdings ist diese Mischung aus Weltmusik und brachialem Rock unglaublich erfrischend und neuartig.

Industrialklänge kommen im vierten Song „Sport“ hinzu. Die anfänglichen Keyboardrhythmen werden aber schnell von Gitarren und Schlagwerk überdeckt. Kraftvolle und sanfte Passagen wechseln sich hier sehr ansprechend ab. Irgendwie liegt hier die Musik stilistisch in der Nähe von Rammstein, allerdings noch eine Spur härter.

Die eingängige Melodie und der growlartige Gesang in „Monique“ stehen in einem krassen Gegensatz, die sich dann aber gegenseitig wieder befruchten. Auch in „Italien“ spielt die Band mit sanften und eindringlichen sowie kraftvollen fast raus geschrienen Momenten.  

Meine anfänglichen Bedenken bei diesem recht merkwürdigen Titel „Doppelfickerspiegelpanzer“ waren schon nach dem ersten Durchgang wie weggeblasen. Insane schaffen es eine gewisse Härte mit tollen Melodien und sanften Momenten zu verbinden, die sich dann sehr gut ergänzen. Damit sind sie zwar in der Nähe von Bands wie Rammstein und doch Meilenweit davon entfernt. Ein Album, das man auf jeden Fall Probehören sollte. Die Songs auf dem Album machen neugierig auf ihre Umsetzung bei Livekonzerten.

Stephan Schelle, März 2012

   

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