Indukti - Idmen

Indukti - Idmen
InsideOut Music / SPV (2009)
(8 Stücke, 63:16 Minuten Spielzeit)

Indukti ist zweifelsfrei eine der innovativsten Progbands aus Polen. Mit „Idmen“ veröffentlichen sie erst ihr zweites Album, zeigen aber auf diesem, das für mich den Einstieg in die Musikwelt des polnischen Fünfers darstellt, eine besonders reizvolle Variante des Prog. Auf dem Album finden sich insgesamt acht Stücke, bei denen Instrumente wie Violine, Dulcimer (Hackbrett), Trompete und Saz zum Einsatz kommen, die sonst in diesem Genre eher nicht zu finden sind. Neben proggigen Elementen finden sich vor allem auch Metalriffs und -rhythmen in den Stücken wieder, was den Härtegrad zum Teil erhöht.


Indukti, das sind Ewa Jablonska (Violine), Piotr Kocimski (Gitarre, Saz), Maciej Jaskiewicz (Gitarre), Wawrzyniec Dramowicz (Schlagzeug) und Andrzej Kaczynski (Bass). Wer anhand dieser Aufzählung ein Instrumentalalbum vermutet, der liegt nicht ganz richtig, denn Indukti haben für die Gesangsspuren drei Gastmusiker verpflichten können. Das sind im einzelnen Nils Frykdahl (Sleepytime Gorilla Museum), Maciej Taff (Rootwater) und Michael Luginbuehl (Prisma). Den Sound der Band und des Albums zu beschreiben, fällt nicht leicht, kombinieren die Polen doch reichlich stilistische Elemente in ihren Stücken.

Die CD startet mit dem instrumentalen Opener „Sansara“. Dort treffen zunächst harte Metalriffs und ein treibendes Schlagzeug sowie auf Ewa’s Violine. Das hat eine gewisse Spur von Bands wie Subway To Sally, jedoch nur am Rande. Während die erste Hälfte in diesem härteren Stil schwelgt, bietet der zweite Teil des achtminütigen Tracks eher ein proggig/verspieltes Duett von Akustikgitarre und Violinen, unterlegt mit einem akzentuiert gespielten Schlagzeug. Dieser erste Track mundet schon mal ganz gut und macht Appetit auf mehr.

Im zweiten Stück „Tusan Homichi Tuvota“, das zunächst nach Weltmusik klingt (durch die Dulcimer wird ein gewisser mediterraner Flair aufgebaut) kommt dann Nils Frykdahl ans Mikro. Seine Stimme (die Sleepytime Gorillas kenne ich nicht) klingt für mich streckenweise von der Art her wie David Bowie. Im späteren Verlauf growlt er allerdings ganz schön drauf los. Normalerweise kann ich mit Growlgesang nichts anfangen, aber hier stimmt die Mischung, da Nils unterschiedliche Gesangsformen im Stück verknüpft. In diesem Neunminüter agiert die Band sehr vielschichtig und zeigt einen recht abwechslungsreichen Song.

Das etwas über zwei Minuten lange „Sunken Bell“ ist ein kurzes Zwischenintermezzo, das durch seine Perkussion ein arabisches Flair bietet und durch dezenten Einsatz der Trompete eine eigenwillige, hypnotische Stimmung erzeugt. Sehr rhythmusbetont beginnt „And Who’s The God Now“. Zunächst hört man einen sich ständig wiederholenden Rhythmus, der sich langsam steigert und durch eine von Maciej Taff gesungene Textzeile, die ebenfalls ständig wiederholt wird, eine recht fesselnde, hypnotische Wirkung ausstrahlt. Nach etwas mehr als zweieinhalb Minuten entwächst aus dieser Stimmung ein recht kraftvoller, treibender Progmetalsong. Ab Minute fünf beruhigt sich das Ganze zunächst in einem wieder nach Mittelmeer oder Mittelalter klingenden Part, um später wieder an Härte zu gewinnen.

„Indukted“ bietet stakkatoartiges Schlagwerk und Metalriffs, und ist ein Instrumental, das mit so mancher Wendung aufwarten kann. An einigen Stellen wirkt es gar recht experimentell. „Aemaet“ zeigt ungewöhnliche Klänge und ist ein Instrumentalstück, das es ebenfalls in sich hat. In „Nemesis Voices“ kommt der dritte Sänger, Michael Luginbuehl, zum Einsatz. Dieser Song liegt irgendwo in der Schnittmenge von Tool und Riverside. Den Abschluss der CD bildet dann das mehr als elfminütige „Ninth Wave“, das - für das bisher gehörte - recht ungewöhnlich mit Meeresrauschen beginnt und zunächst eine loungige Atmosphäre versprüht. Trompete und Akustikgitarre zeichnen zu Beginn eine sanfte Stimmung, die zum Träumen anregt. Nach drei Minuten steigert sich dieser Track aber unweigerlich zu einer ekstatischen Form, die wieder in einen kräftig, metallischen Part übergeht. Von der Sanftweit und Verträumtheit des Beginns ist jetzt nichts mehr zu spüren. Aber es geht in diesem Longtrack hin und her. Da wechseln sich herrliche Melodielinien mit harten Gitarrenriffs und jazzigen Bläsersätzen ab.

Indukti ist mit „Idmen“ ein toller Nachfolger ihres Debüts gelungen. Kraftvoll, Abwechslungsreich, Ekstatisch, Verträumt, Experimentell, Proggig, all das sind Indukti auf „Idmen“. Wer auch der härteren Gangart des Prog nicht abgeneigt ist, bekommt hier ein äußerst ansprechendes Menü geboten, das die polnische Band aus den unterschiedlichen Zutaten zusammengestellt hat.

Stephan Schelle, Juli 2009

   

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