In Strict Confidence – La Parade Monstrueuse

In Strict Confidence – La Parade Monstrueuse
Minuswelt / Soulfood (2010)
(11 Stücke, 49:31 Minuten Spielzeit)

Ende letzten Jahres flatterte mir die EP „My Despair“ von der deutschen Electro-/Wave-Band In Strict Confidence, kurz ISC genannt, ins Haus. Zum damaligen Zeitpunkt der erste Kontakt zu ihrer Musik, die mittlerweile mehrere Alben umfasst. Ende Februar war es nun soweit und nach gut vierjähriger Pause – das letzte Album kam 2006 heraus – kommt mit „La Parade Monstrueuse“ ein neuer Longplayer heraus. Zur Besprechung liegt mir die Normalversion vor. Dies ist von Bedeutung, denn die Sondereditionen haben es meist in sich und bestechen durch ihr unfangreiches Material, dazu aber unten mehr.


Sieht man das Cover der CD, so empfängt uns eine Akkordeon spielende hübsche Frau in Hosenanzug und Zylinder, die den Hörer zum Eintritt in das Kuriosenkabinett einlädt. Einziger Hinweis, dass hier etwas anders ist, ist der piratenähnliche Haken, mit dem sie - anstatt ihrer rechten Hand – die Tasten des Akkordeons bedient. Der Vorhang hebt sich und „die Parade der schillernden und faszinierenden Freaks, die in einem morbiden Varieté die dunkle Seite des Lebens zelebrieren, kann beginnen.“

Also nehmen wir den Eingang und treten ein, in den Soundkosmos von ISC. Dazu greife ich mir auch das Programm, in Form des beigefügten 20seitigen Booklets, das neben den Texten der Songs auch neun (inkl. Cover) sehr schöne Grafiken in Form eines nostalgischen Varieté’s zeigt.

Das Bandprojekt besteht aktuell aus Dennis Ostermann (Gesang, Songwriting), Jörg Schelte (Keyboards, Songwriting), Stefan Vesper (Schlagzeug, Songwriting), Antje Schulz (Gesang), Haydee Sparks (Live-Gitarren) und Nina de Lianin (Gesang). Zwar sind die meisten Stücke in englischer Sprache gesungen, doch finden sich mit „Ewige Nacht“ und „Schwarzes Licht“ auch zwei Songs in deutscher Sprache sowie einige in Deutsch eingeflochtene Zeilen in den anderen Stücken wieder.

Nach dem Einlass empfängt den Hörer zunächst ein gut einminütiges „Intro“, das eine etwas morbide und mysteriöse Stimmung entfacht. Neben den Soundeffekten ist es auch die weibliche Stimme, die einen französisch gesprochenen Text spricht, die diese Atmosphäre verstärkt. Man hat wirklich das Gefühl nun in ein Kuriositätenkabinett einzutreten.

Es folgt die bereits als Single ausgekoppelte Nummer „My Despair“, die schnell ins Ohr geht. In diesem Stück zeigt sich sofort das Wechselspiel aus herrlichen, tanzbaren Electro-Sounds und der eher in den Wave-/Gothic-Bereich weisenden Gesangsstimme von Dennis Ostermann. Eine absolut gelungene Mischung. Elektronisch mit breiten Gitarrenriffs, die ich eher im Metalbereich erwarten würde, geht es in „Silver Bullets“ weiter. Der Song ist hypnotisch und treibend zugleich. Und doch besticht er durch einen eingängigen und dennoch druckvollen Refrain.

„One Drop“ ist Electro pur, der zunächst rhythmisch beginnt und in der zweiten Hälfte einen sphärischen Part aufweist. „Set Me Free“ wirkt durch den düsteren Gesang von Dennis etwas diabolisch und doch umklammert einen die eingängige Melodie. Im Duett mit Partnerin wird dieser Song sogar romantisch balladesk, um als Kontrapunkt immer wieder durch härtere Riffs unterbrochen zu werden. „This Is All“ hat einen stampfenden elektronischen Beat, der an Depeche Mode erinnert, allerdings härter klingt, „Ewige Nacht“ ist eine melancholische Ballade mit Piano und kraftvollem Ende, „SnowWhite“ eine sehr schöne Downtemponummer mit hypnotischem Beat und Soundeinsprängsel, die wie nostalgische PC-Klänge wirken.

Bei „I Surrender“ sorgt vor allem der weibliche Gesang für einen nachhaltigen Eindruck, denn die Melodie setzt sich im Hirn fest, „Schwarzes Licht“ besticht ebenfalls durch den eindringlichen weiblichen Gesang und mit dem kraftstrotzenden „Golden Gate“ (vor allem durch Dennis Gesang) endet das neue Werk von ISC. Das Warten auf dieses Werk hat sich wirklich gelohnt, denn die Songs versprühen eine Menge mystischer Eleganz.

In der Normalversion schon äußerst hörenswert, entfaltet erst die limitierte Fanedition, die in einer Pappbox ausgeliefert wird, den entsprechenden Charme, denn sie ist mit viel Liebe zum Detail gemacht. In ihr befindet sich neben den Normalalbum im Jewelcase eine Bonus-CD mit sieben Remixen bzw. alternativen Versionen , drei weiteren neuen Stücken sowie zwei Videoclips zu „My Despair“ und „Ewige Nacht“. Das ist aber noch nicht alles. Als weitere Zugaben finden sich sechs Karten mit Motiven der Grafiken, zwei Aufkleber sowie ein Button und ein Aufnäher mit Bandlogo in der Box. Und das Ganze ist auch noch zu einem sehr moderaten Preis zu bekommen. Für alle Electro-/Wave-Freunde eine Empfehlung, vor allem in der limitierten Box-Edition. Sehr schöne Veröffentlichung, die Spaß macht.

Stephan Schelle, März 2010

   

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