iH8 Camera - Same

iH8 Camera - Same
Trip In Time / World Sound (2009)
(7 Stücke, 50:47 Minuten Spielzeit)

iH8 Camera (= I hate Camera) lautet der ungewöhnliche Name der bereits im Jahr 2004 gegründeten Band aus Antwerpen (Belgien). Bei diesem Sextett, bei dieser Aufnahme bestehend aus Rudy Trouvé (Stimme, Gitarre, Synthesizer), Elko Blijweert (Synthesizer, Gitarre, Stimme), Craig Ward (Gitarre, Sopran-Saxophon, Schlagzeug, Stimme), Teuk Henri (Gitarre), Bert Lenaerts (Bass) und Jeroen Stevens (Schlagzeug), handelt es sich um eine Gruppe die psychedelisch angehauchte, experimentelle und improvisierte Musik macht.


Das Material auf dem Album stammt von ihrem 2006’er Auftritt beim Burg Herzberg Festival. Den Gig spielten sie auf der Freakstage (Nebenbühne), was ganz gut zu ihrer Musik passt, denn der Sound ist schon außergewöhnlich und verrückt. Die Soundqualität ist aber ganz hervorragend und lässt nicht direkt auf einen Livemitschnitt schließen.

Sieben improvisierte Stücke umfasst diese Veröffentlichung, deren Namen mit beispielsweise „Grebenau“, „Schlitz“ oder „Ottrau“ zunächst recht merkwürdig klingen. Doch die Lösung ist reicht einfach. Die Belgier haben ihre Improvisationen einfach nach einigen Ortschaften benannt, die sie bei ihrer Reise zum Festival passierten.

Total abgedreht beginnt die CD mit dem zehnminütigen „Breitenbach am Herzberg“. Psychedelisch / schräge Gitarrenklänge eröffnen diesen Track. Das hat zunächst wenig mit Melodie oder Rhythmus zu tun. Man hat das Gefühl Gitarren, Bass und Schlagzeug nähern sich erst langsam dem gemeinsamen Zusammenspiel an. Dann setzt eine Art Sprechgesang ein, der erzählerisch und auch etwas verstörend auf mich wirkt. Das ist schon recht harter Stoff, der nicht leicht zukonsumieren ist.

Der zweite Titel „Grebenau“ durchbricht ebenfalls die zehn Minuten-Marke. Dieses Stück beginnt zunächst mit einigen zirpenden Synthies, die mich in ihrer Abgedrehtheit zunächst an die Ozric Tentacles erinnern. Dieses Stück geht aber wesentlich leichter ins Ohr, da hier einige Harmonien und strukturierte Rhythmen auszumachen sind. Der Gesang klingt allerdings etwas punkig. „Grebenau“ strahlt auf jeden Fall eine gewisse hypnotische Faszination aus, der man sich kaum entziehen kann, auch wenn man, wie ich, nicht so auf den etwas heftigeren psychedelischen Sound steht. Im zweiten Teil des Tracks geht es dann sehr psychedelisch, wie in den späten 60’ern, zur Sache.

In „Schlitz“ vermischen sie neben Psychedelic auch noch weitere musikalische Stilelemente, was in sich wieder leichter ins Ohr geht. Dem steht das Stück „Niederaula“ entgegen, das für mich aus einer Aneinanderreihung von Krach besteht. Das ist wieder recht heftiger Stoff, bei dem ich allerdings kapituliere, auch wenn sich ab der Mitte dann doch eine musikalische Struktur durchbeißt. In meinen Augen trifft hier Psychedelic auf Punk.

Es folgen mit „Unter Schwarz“, „Haunetal“ und „Ottrau“ weitere drei freakige Tracks, die zum Teil recht kraus auf mich wirken. Nur „Ottrau“, bei dem ein Talking Heads-artiger Gesang und die noch recht ansprechenden Gitarren das Stück hervorheben, kann mich ansatzweise für sich einnehmen.

iH8 Camera haben hier eine CD herausgebracht, die klanglich sehr gut aufbereitet ist, aber mit dem doch extremen Mischmasch, der teils unkoordiniert, im nächsten Moment wieder strukturiert wirkt und Psychedelic mit Punk und experimenteller Musik verbindet, in keinster Weise meinen Nerv trifft. Lediglich den beiden Stücken „Grebenau“ und „Ottrau“ konnte ich etwas abgewinnen. Wer auf Psychedelic und ungewöhnliche Improvisationen steht, der sollte die CD mal antesten. Vor dem Kauf unbedingt Probehören.

Stephan Schelle, April 2009

   

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