Grobschnitt - Jumbo und Rockpommel's Land

Grobschnitt - Jumbo und
Grobschnitt - Rockpommel’s Land
revisited rec / spv (2007)
(14 Stücke, 76:35 Minuten Spielzeit)
(5 Stücke, 61:53 Minuten Spielzeit)

Von 1970 bis zu ihrer Auflösung Ende 1989 war die Hagener Rockband Grobschnitt als die beliebteste Liveband Deutschlands bekannt. Erst jüngst hat sich die Next-Generation aus vier Originalmitgliedern sowie einigen Söhnen formiert um die deutschen Hallen wieder mit ihrer faszinierenden Musik zu rocken. Das erste offizielle Konzert fand am 27.10.2007 in Aschaffenburg statt, weitere folgen.

Zeitgleich sind zwei der frühen Alben der Band in remasterten Versionen erschienen, die keine Wünsche übrig lassen. Nachdem einige Alben von Metronome in den 90’ern auf CD gepresst wurden, ohne sie dem Klang der Silberscheiben anzupassen, erschienen 1998 erstmals fünf von Eroc remasterte CDs bei Repertoire-Records. Jetzt, im Herbst 2007, hat sich das Unterlabel von spv, revisited rec, den Alben noch einmal angenommen, da die Repertoire-CDs mittlerweile nicht mehr zu erwerben sind. Nun sind die Alben wieder zu normalen Preisen erhältlich, denn gewiefte Anbieter verlangten zuletzt für die remasterten Alben im Internet horrende Preise. Es ist geplant, alle Alben der deutschen Rockband nach und nach zu veröffentlichen. Den Start machen die beiden CDs „Jumbo“ und „Rockpommel’s Land“.


„Jumbo“ erschien 1975 zunächst in einer englischen Version, die Band sang damals ausschließlich in englischer Sprache. Einzigartig war, dass dieses Album dann noch im gleichen Jahr auch in Deutsch herauskam, was für Rockbands damals noch nicht üblich war. Für Grobschnitt kein Problem, denn sie mussten nur Willi’s Gesangsspuren neu einspielen. Das Album enthält mit „Vater Schmidt’s Wandertag“ einen der Klassiker der Band, der bei keinem Liveauftritt fehlen darf. Auch die restlichen Stücke gehören mit zum Besten, was der Krautrock bzw. deutsche Progrock Mitte der 70’er zu bieten hatte. Mit diesem Album wurden schon mal die Weichen für das kommende, wohl beste Album der Band gelegt.

In der neuen Version liegen nun die englische und die deutsche Versionen auf der CD vor, so dass der Hörer ganz nach Belieben seine Lieblingsversionen ansteuern kann. Dies war zwar auch schon bei der Repertoire-Version der Fall, doch spv hat dem Album mit den A- und B-Seiten der Single „Sonnenflug“ noch zwei Bonusstücke spendiert. „Der Clown“ liegt so in deutscher Sprache auch in der Singleversion vor und Sonnenflug war bis dato nur auf Single bzw. auf der 98’er CD „Die Grobschnitt-Story Vol. 2“ enthalten. Klanglich hat hier auch wieder Eroc Hand angelegt und das Optimale aus den Aufnahmen herausgeholt, denn sie strotzen nur so vor Dynamik und Transparenz.

Im Jahr 1977 überraschten Grobschnitt dann mit ihrem ersten Konzeptalbum „Rockpommel’s Land“, das bis heute neben „Solar Music“ Kultstatus genießt und wohl das beste Studioalbum der Band darstellt. Erzählt wird die Geschichte des kleinen Ernie, der eines Tages von dem großen Vogel Maraboo in die Stadt Severity Town mitgenommen wird um sie von den bösen Mächten zu befreien. Schon das sehr schön gemachte Cover, das an Arbeiten des bekannten Künstlers Roger Dean erinnert, zeigt die musikalische Nähe zu Proggrößen wie Yes oder Genesis auf.

Vier Stücke umfasste das Originalalbum, die auf der neuen Produktion ebenfalls von Eroc remastert und dadurch an Transparenz und Dynamik gewonnen hat. Hört man die alten, von Metronome veröffentlichten CDs und vergleicht sie mit den aktuellen Wiederveröffentlichungen, so glaubt man, das einem jemand beim Hören der remasterten Aufnahmen einen Pfropfen aus dem Ohr gezogen hat, so deutlich ist der Unterschied.

In der 98’er Version von Repertoire wurde dem Album mit dem 6mnütigen „Tontillon“, das sich auch auf dem 79’er Eroc-Album „Eroc 3“ befindet, ein Bonustrack spendiert. Dieser fehlt bei der neuen Version zwar, stattdessen hat man mit dem fast 17minütigen „Rockpommel’s Pott Püree (live)“ aber einen mitreißenden Livemitschnitt beigefügt, der bisher unveröffentlicht ist. Die Aufnahme stammt vom Konzert, das am 30.11.1979 in der Stadthalle Bremen mitgeschnitten wurde. Hier singt Willi in einer derart rauen und dreckigen Art, wie sie bisher noch nicht zu hören war. Allein dieser Track macht die Veröffentlichung zu einem Muss für den Fan.

Beide CDs kommen im Digipack daher und sind mit sehr schönen 12seitigen Booklets mit Originalcovern ausgestattet. In den Booklets gibt es deutsche und englische Linernotes von Eroc (bei den Repertoire-Ausgaben hatte Matthias Mineur die Notes geschrieben) sowie eine ganze Reihe an bisher unveröffentlichten Fotos aus dem Archiv der Band.

Beide CDs gehören in jede gute CD-Sammlung, da sie nicht nur aus musikalischer Sicht ein Muss sind, sondern auch soundtechnisch dem höchsten Stand der Technik entsprechen. Dabei klingen sie nicht steril, ganz im Gegenteil, man hat das Gefühl mitten zwischen den Musikern zu stehen.

Stephan Schelle, November 2007

   

CD-Kritiken-Menue