Greyscale - Cruel Machine

Greyscale - Cruel Machine
Camera Obscura (2004)
(12 Stücke, 44 Minuten Spielzeit)

Greyscale kommen aus Australien und gehören zu Vertretern des Post und New Artrocks Marke Mogwai und Godspeed You!Black Emperor. Allerdings fassen Sie sich auf Ihrer Debüt CD wesentlich kürzer als Godspeed, denn die 12 instrumentalen Tracks kommen auf gerade mal knapp 44 Minuten. Aber diese haben es schon in sich. So wird man mit hallenden Gongs und dunklen Sounds in das Album gezogen. Langsam gesellt sich ein Schlagzeug hinzu bevor die typisch hymnischen Sounds aus Gitarre Keyboard und flirrenden Geräuschen eine unwahrscheinlich volle Atmosphäre erzeugen. Erinnert mich auch ein wenig an so manche Instrumental Geschichten des David Sylvian.


Fließend gleiten wir in den sehr ruhigen zweiten Track, der von einer klaren Gitarre dominiert wird, aber im Hintergrund weint ein schon fast Countrymäßiger Sound aus Keyboards und Banjo. Der dritte Track wird von programmierten Perkussionen eröffnet, über den sich dann ein fast schon beschwingter Sound aus Keyboards und Gitarre legt. Eine Harmonika und fremdartige Geräusche sorgen für den avantgardistischen Touch dieses eher Ohrenfreundlichen Songs. Weit entrückte Gitarrensounds, eine Gitarre, die perlende Akkorde spielt, die andere sanft gezupft, erzeugen die gespenstisch schöne Atmosphäre des vierten Tracks. Hieraus werden wir von einem wabernden, tiefen Sequenzersound, umspielt von einer verlorenen E-Gitarre, geweckt. Und jetzt geht’s zur Sache. Das Keyboard dröhnt, die Gitarre kreischt und ein Haufen Sounds gibt zum vorwärts treibenden Schlagzeug eine Stonermäßige Arie in Moll. Nein, das ist sicher kein Stonerrock oder Spacerock, das hier ist Radiohead, die Songs von „Kid A“ zusammen mit Hawkwind spielen, absolut klasse!

Der nächste Track ist wieder etwas ruhiger, doch auch er ist mit dem tiefen Bass, den kaum hörbaren, aber doch präsenten Keyboardsounds sehr dunkel angelegt, was in schönem Kontrast zu der klaren Gitarre steht. Spätestens wenn die psychedelischen Gitarren anfangen einzusetzen, kann man beginnen abzuheben. Auch das Schlagzeug, wenn auch perfekt in den Hintergrund gemischt, erledigt bei diesem Psych-Space Track einen guten Job. Dieser auch ziemlich lange Track ist sicher ein Herzstück.

Der nächste Song wird von einer schönen Pianomelodie dominiert, die sich störrisch zusammen mit Bass und Schlagzeug durch das Soundgewirr kämpft. Hier wird eine sehr schöne Atmosphäre erzeugt, fremdartig und doch wunderschön. Das ganze fließt in eine ruhige Gitarrenspur über, die ein wenig an die ruhigen Floydstücke der frühen siebziger aus David Gilmour’s Feder erinnern. Langsam treibt der Song mit leichten Countryklängen verziert durch die Weiten des Raumes. Auch der folgende Song ist eher ruhig und melodisch aufgebaut. Ein Banjo, eine schöne Akustikgitarre, dazu ein leiser Bass sowie ein dezentes Schlagzeug erzeugen fast ein wenig Saloon-Atmosphäre, wären da nicht diese wabernden Keyboardsounds, die das ganze dann halt doch sehr spacy machen.

Zum Schluss gewinnt das Ganze kurz mehr Drive, um dann in den schrägen elektronischen Sounds des beginnenden zehnten Tracks zu münden. Dies ist ein reiner Soundscape aus flirrenden elektronischen Sounds, vor- und rückwärts versucht sich kurz eine Gitarrenmelodie zu bilden, dann ist es schon vorbei. Der vorletzte Track wird von dunklen Keyboardsounds eröffnet. Ein programmierter Rhythmus sowie seltsame Harmonikasounds ergänzen den traurigen Sound, der aber bittersüß ist. Eine Gitarrenspur setzt später noch ein, doch dominierend bleiben die sehnsüchtigen Harmonikaklänge und der gegensätzliche Rhythmus aus Programmings und einer Bongo.

Der abschließende Track setzt mit Geräuschen und einer verhallenden Gitarre ein. Ein Piepston, gleich einem Morsen, Stimmengewirr, Radiowellen, dazu im Hintergrund die Gitarre, unterstützt von leisem Schlagzeug. Dann verhallt alles und es ist vorbei. Die Herren Paul Rigby (Pedal Steel, Guitar, 12 String Electric Guitar, Watkins Copycat, Banjo), Cass Wigley (Electric Guitar, Synths, Keys, Bass, Programming) und Paul Sloan (Drums, Radio Transmissions) veröffentlichen mit ihrem Debüt, zuvor gab es bisher nur eine EP ("Scientifically Rough", 2001), ein sehr starkes Album im Bereich des New Artrocks. Sie stehen so ein wenig in der Schnittmenge von Radiohead zur Zeit von „Kid A“ / „Amnesiac“ und GodspeedYou!Black Emperor. Von den ersteren haben sie die Melodien und die Melancholie, von den zweiten die weiten Soundlandschaften.

Für Freunde einer oder beider Bands ist diese Veröffentlichung absolut empfehlenswert. Ach ja, nicht umsonst sprach ich immer nur von Tracks. Auf meiner Promo gab es keine Titelangaben. Es bleibt abzuwarten, was diese experimentierfreudige Band uns in Zukunft noch alles zu sagen hat. Von mir: Alle Daumen hoch!

Wolfgang Kabsch

   

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