Gil Scott-Heron & His Amnesia Express – Legend In His Own Mind
MIG music (2023)
(12 Stücke, 110:28 Minuten Spielzeit)

Gil Scott-Heron war ein US-amerikanischer Musiker, Dichter und Bürgerrechtsaktivist, der von 1949 bis 2011 gelebt hat. Stilistisch bewegte er sich im Umfeld von Funk, Jazz, Soul und lateinamerikanischer Musik, die er mit teilweise seinem Sprechgesang ergänzte. Am 18.04.1983 trat er mit Band in der Bremer Schauburg auf. Das Konzert wurde seinerzeit von Radio Bremen mitgeschnitten und erscheint am 28.07.2023 bei MIG auf CD.

Dazu schreibt das Label:

[…] Kritiker nannten Gil Scott-Heron zu Beginn der 1970-erJahre die wichtigste schwarze Stimme seit Martin Luther King Jr. und bezeichneten ihn als schwarzen Bob Dylan. „His poetry is with much muscle, with stiletto humor, with street talk, much of it justifiably angry and accurate“, schrieb die „New York Times“ 1975 staunend über den wütenden Mann aus der Bronx. Kein Wunder, dass Jahrzehnte später Scott-Heron als der ‘Godfather of Rap’, der Pate des HipHop, gefeiert wurde. Geboren in Chicago lebte der Musiker, Dichter und streitbare Aktivist für Menschenrechte selbst jahrelang in der Bronx. Zurückgekehrt zu seinen schwarzen Wurzeln verstarb er am 27. Mai 2011 im New Yorker Stadtteil Harlem. Zu seiner Hinterlassenschaft gehört ein großartiges Konzert, das Gil Scott-Heron mit seiner Band am 18. April 1983 in der Bremer Schauburg gab. Die Techniker von Radio Bremen waren vor Ort und zeichneten diese ekstatische Show auf, die Ende Juli 2023 weltweit als DoCD und natürlich als Download erscheinen wird. […]

Gils Sohn Rumal Rackles sagt zur Veröffentlichung dieses Konzertes: Dieses Album von einem Konzert aus dem Jahr 1983 fängt den Geist ein, der jeden Auftritt von Gil Scott-Heron auf seinen Reisen in den USA und im Ausland durchdrungen hat. Von Europa bis Asien, von Australien bis Afrika – sein Werk geht direkt ins Herz und in die Seele.

Gil Scott-Heron, der neben Gesang auch Keyboard spielte, trat zusammen mit Vernon James (Flöte, Sopransaxophon), Ron Holloway (Tenorsaxophon), Alonzo Baily (Trompete, Flügelhorn), Glen Turner (Piano), Ed Brady (Bass), Kenny Powell (Schlagzeug) und Lawrence McDonald (Perkussion) auf.

Elf Stücke, sowie die Bandvorstellung bietet der Mitschnitt des Ensembles, deren Songs aus der Feder von Gil Scott-Heron stammten (Ausnahme: der Text zu „Three Miles Down“). Das Album erscheint als DoppelCD in einem Jewelcase mit zwölfseitigem Booklet, in dem sich Linernotes von Gils Sohn Rumal Rackley, sowie einige Fotos und ein Bühnenplan befinden.

Nach einer Ansage von Gil, in dem er einige Infos zu sich und seinen Songs machte, startete die Band mit dem Song „We Almost Lost Detroit“. Musikalisch ein sehr schöner sanfter Song mit Soulappeal, bei dem sich Gil nur am Keyboard begleitet, was die Intensität noch verstärkt. „Angola, Lousiana“ beginnt mit Erklärungen zum Song, bei denen sich Gil schon am Keyboard begleitet und dann in einen souligen Part mit Gesang übergeht. Auch bei diesem Song, der zum Ende hin an Drive zunimmt, begleitet sich Gil nur am Keyboard.

In „Three Miles Down“ bindet Gil dann das Publikum mit Klatschen und Mitsingen in den Song ein. Da wird der Spaß, den Musiker und Publikum hatten sehr deutlich. Und das zieht sich auch durch die komplette Aufnahme. Da sitzt man teilweise vor der Box und bekommt unweigerlich ein Grinsen ins Gesicht gezeichnet.

Im vierten, 17:53minütigen Song „B-Movie“ kommt dann auch seine Band mit ins Spiel. Das beginnt mit einer gelungenen Kombination aus Schlagzeug und Perkussion als Einleitung, in die sich nach wenigen Momenten der Bass und dann das Keyboard einfügen. Jetzt kommt neben souligen Sounds auch noch eine Prise Jazz, Funk und lateinamerikanisches Feeling mit hinzu. Gil agiert darüber hinaus in einem Sprechgesang, der wie eine Reportage anmutet, bei dem er den Text sehr akzentuiert vorträgt.

Es folgt das sehr funkige Titelstück, bei dem jetzt auch die Bläsersektion mit eingreifen darf. Sehr jazzig/funkig wird es dann im 7:44minütigen „Winter In America“, das auch wieder mit lateinamerikanischen Elementen versetzt ist. Mit dem 6:27minütigen „Shut ‘Em Down“ endet der erste Silberling.

Der zweite Silberling enthält dann noch die restlichen vier Songs, die alle zwischen 7:32 und 15:20 Minuten Spielzeit bieten und ebenfalls die faszinierende Mischung aus Funk, Jazz, Soul und lateinamerikanischer Musik zeigt. Nach dem sehr melodischen „Washington D.C.“ ist vor allem das perkussive, grandiose „The Bottle“ hervorzuheben, das zahlreiche tolle Soli bereithält. Dem folgt das jazzige „Better Days Ahead“, das perfekt zu einer Baratmosphäre passt. Abgeschlossen wird der Mitschnitt dann mit dem Song „Johannesburg“.

Die Liveatmosphäre wurde sehr gut eingefangen, was zum einen an den Ansagen, die Gil zu den einzelnen Songs gibt und zum anderen an den Zuschauerreaktionen liegt. Das vermittelt das Gefühl direkt vor der Bühne zu stehen. Gil hatte darüber hinaus ein gutes Talent die Zuschauer auch mit humorvollen Texten zu begeistern. Das macht richtig Spaß dem Konzert zu folgen. MIG ist damit ein tolles Livedokument gelungen, das eine hohe Empfehlungsstufe besitzt. Auch für Hörer wie mich, die bisher keinen Kontakt zu dem US-amerikanischen Musiker hatten, zündet das Album sofort.

Stephan Schelle, Juli 2023

   

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