Gazpacho – Missa Atropos

Gazpacho – Missa Atropos
hwt Records / Sony (2010)
(13 Stücke, 59:00 Minuten Spielzeit)

Manche Band tut sich schwer ein Konzeptalbum zu erstellen, doch die norwegischen Band Gazpacho hat es geschafft mit ihrem neuesten Output „Missa Atropos“, der am 26.11.2010 erscheinen wird, nach den Alben „Night“ und „Tick Tock“ das dritte Konzeptwerk in Folge vorzulegen. Und wer diese herrlichen sanften Artrockmelodien der Vorgängeralben mag, der wird auch das neueste Werk lieben.


Jan-Henrik Ohme (Gesang), Jon-Arne Vilbo (Gitarren), Thomas Andersen (Keyboards), Mikael Kromer (Violine, Mandoline, Gitarre), Lars Erik Asp (Schlagzeug, Perkussion) und Kristian Torp (Bass) legen mit „Missa Atropos“ einen würdigen Nachfolger voller Emotionen und Melancholie zu den beiden Vorgängerkonzepten nach.

„Missa Atropos“ ist großes musikalisches Kino. Sämtliche Verbindungen zur Außenwelt gekappt, zieht sich ein Mann in einen Leuchtturm zurück, um die letzte Messe für Atropos (die Unabwendbare), eine der drei griechischen Schicksalsgöttinnen, zu schreiben. Atropos und ihre Schwestern waren für das Schicksal und den Tod eines jeden Sterblichen verantwortlich. Während Klotho den Lebensfaden spann, bemaß Lachesis seine Länge, Atropos entschied über die Art des Todes und zerschnitt den Lebensfaden mit einer Schere. Die wohl nachhaltigste Entscheidung überhaupt … und nur das Meer und seine Gedanken sind dabei seine Begleiter. Das Album entführt den Hörer in die Welt des Protagonisten, gewährt Einblicke in die Tiefen seiner/der menschlichen Seele, in seinen Lebensweg, der ihn in diese umfassende Einsamkeit und zu dieser Entscheidung führte … eine Reflexion über das Schicksal und dessen (Un-)Abwendbarkeit.

Und diese Thematik haben Gazpacho mal wieder in unglaublich einfühlsamer Weise zu einem musikalischen Paket geschnürt, bei dem kein einziger Song der 13 Stücke hervorsticht, sondern vielmehr eine unzertrennliche Einheit bildet. Wie gehabt geht Jan-Henrik mit seiner Art zart und zerbrechlich zu klingen an die Interpretation des Stoffes heran, während ihm seine Mitstreiter den musikalisch perfekten Unterboden bereiten, auf dem er die Geschichte erzählen kann. Zwei der Stücke („River“ und „Defense Mechanism“) hatten schon beim diesjährigen Night Of The Prog V Anfang September auf der Loreley ihr Livedebüt. Dort war schon zu spüren, welches Potenzial in den neuen Songs steckt.

Gazpacho ist es gelungen ein qualitativ hochwertiges drittes Konzeptalbum in Folge abzuliefern (auch wenn es nicht ganz die Qualität und Intensität des Überalbums „Tick Tock“ erreicht). Das hat vor ihnen wohl kaum eine andere Band geschafft (mir jedenfalls nicht bekannt). Wer die bisherigen Alben bzw. atmosphärischen Artrock mag, der bekommt hier wieder den Stoff für ein perfektes Kopfkino. Tolles Album einer Band, die schon seit Jahren ihren ganz eigenen Stil gefunden hat. Hohe Empfehlungsstufe.

Stephan Schelle, Oktober 2010

   

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