Gate – The Brain Years – Live & Red Light Sister
MIG music (2023)
(17 Stücke, 96:07 Minuten Spielzeit)

Gate war eine Band, die zwischen 1974 und 1981 existierte. In dieser Zeit haben sie drei Alben veröffentlicht, von denen bei MIG music zum ersten Mal die ersten beiden ab dem 28.07.2023 digital und auf CD erhältlich sein werden. Nachdem die Band 1975 ein Demoband im Studio von keinem geringeren als Conny Plank in Eigenregie aufgenommen hatte, war man euphorisch und überzeugt es zu schaffen. Doch die Plattenlabels bissen zunächst nicht an. Da die Band aber live auf der Bühne ein ganz anderes Gesicht zeigte, von dem Conny Plank mehr überzeugt war, schnitt er bei zwei Konzerten im Juli 1976 in der Börse in Wuppertal mit.


Dieser Livemitschnitt wurde dann zu ihrem Debütalbum mit dem schlichten Titel „Live“, das die Metronome gut acht Monate später veröffentlichte. Daraufhin wollte die Metronome ein weiteres Album der Band, das im September 1977 in den Delta Studios aufgenommen wurde. Es trug den Titel „Red Light Sister“ und erschien Ende 1977.Nach weiteren Auftritten, unter anderem im Rockpalast, löste sich die Band aufgrund unterschiedlicher Ansprüche und Lebenszielen im Dezember 1981 auf. So ging Martin Köhmstedt später zur deutschen Band Zoff und der damalige Schlagzeuger Achim Czech zur NDW-Band Hubert Kah.

Die beiden Alben erscheinen in einem Jewelcase auf zwei CDs mit einem 16seitigem Booklet, in dem sich neben zahlreichen Fotos auch Linernotes von Gitarrist und Bassist Manfred Schröpfer befinden.

Die erste CD enthält die acht Stücke, die 1977 auf dem Album „Live“ enthalten waren. Darüber hinaus spendierte man der CD noch zwei Aufnahmen, die beim Brain-Festival am 24.02.1978 in der Essener Grugahalle mitgeschnitten wurden.

Das Livealbum wurde in der Besetzung Manos Tsangaris (Schlagzeug, Percussion), Martin Köhmstedt (Gitarre), Angelos Tsangaris (Bass Keyboards), Manfred Schröpfer (Gitarre, Bass, Gesang) und Horst Kamp (Gesang, Percussion) eingespielt.

Die Band spielte weniger Krautrock sondern mehr am amerikanischen Rock orientierte Musik. Das zeigt sich schon im eröffnenden Instrumentalstück „Nicht Peter“. Das Instrumental „Lieber Wilhelm“ spielt mit sanften Klängen zu Beginn, die auch eine Spur proggig wirken sowoe mit straightem Rock. „Step In Love“ zeigt neben der Rockattitüde auch einen leichten Einschlag in Richtung von Bands wie Talking Heads, The Tubes & Co. Atmosphärisch zeigt sich in der ersten Hälfte das 7:49minütige „Friedrichstrasse 18“, mit leichtem Singer/Songwriter-Einschlag. Im zweiten Teil kommt dann ein Rhythmus auf, der an Pink Floyds „Time“ erinnert, aber wesentlich skurriler und psychedelischer wirkt. Damit läutet die Band dann in einen weiteren Instrumentalpart ein, der wieder rockiger angelegt ist. Einen Hang zu skurrilen Titeln hatte die Band auch, so nannte sie ein Stück „Hans Krümmel Boogie Woogie“ und ein anderes „Die Platzanweiserin“.

Die beiden Bonusstücke „Heart“ und „Herrenwies“ vom Brain-Festival fügen sich perfekt in die Albumtitel ein.

Das Studioalbum „Red Light Sister“ wurde vom gleichen Quintett eingespielt. Darüber hinaus waren aber noch Lothar Krell (Keyboard bei „Shared Love und „Frankfurt“), Stefan Lang (Congas bei „Frankfurt“) und Oliver Petry (Synthesizersolo bei „Frankfurt“) als Gastmusiker beteiligt.

Das Studioalbum liegt in besserer Soundqualität vor und bietet sieben Stücke. Los geht es mit dem vierminütigen „Jerry’s Mary“, das gesanglich an Steve Miller erinnert und für damalige Zeiten moderne Sounds bietet. Ein eingängiger Song, der allerdings ein wenig hallig klingt. Dem folgen die beiden Parts von „Time Is Gone“. Das 6:15minütige „Part 1“ startet mit flächigen Keyboardsounds und Gitarre, was zunächst in Richtung Grobschnitt und proggige Genesis (mit Anthony Phillips) weist. Sobald der Gesang aber einsetzt zeigt sich ein eigenes Bild. Der zweite Part ist mehr von amerikanischen Bands bestimmt und hat darüber hinaus auch eine funkige Gitarre zu bieten.

Im 9:36minütigen „Happy Buddah“ spielt die Band mit eingängigem Rock und atmosphärischen, spacig/psychedelischen Sounds. Nach dem rockigen Titelstück wird es dann im 6:14minütigen „Shared Love“ sehr ruhig und beschaulich mit wieder leichtem Progeinschlag. Das Album endet mit dem sehr perkussiven „Frankfurt“.

Das Doppelalbum „The Brain Years“, das die beiden Alben „Live“ und „Red Light Sister“ vereint, zeigt zwei Gesichter der deutschen Band Gate. Der rockige Charakter wird auf „Live“ präsentiert, während das Studioalbum „Red Light Sister“ einen mehr proggigen Einschlag besitzt. Ein sehr schönes Zeitdokument, das MIG da zur Neu- oder Wiederentdeckung veröffentlicht hat.

Stephan Schelle, Juli 2023

   

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