Gary Moore - A Different Beat
BMG (1999 / 2022)

(11 Stücke, 64:58 Minuten Spielzeit)

Der nordirische Sänger und Gitarrist Gary Moore hat mit „Run For Cover“ und „Wild Frontier“ zwei grandiose Rockalben und mit „Still Got The Blues“ dann im Jahr 1990 ein herausragendes Bluesalbum eingespielt, das seine Bluesphase startete. Im Jahr 1999 erfand sich Moore dann neu und brachte in sein 12. Soloalbum „A Different Beat“ aktuelle Musikeinflüsse, die vor allem aus damals modernen Drumbeats bestanden, mit in seine Musik ein. Auch wenn es nicht zu seinen besseren Alben zählt und Moore sich im Nachgang unzufrieden damit fühlte, so hat es doch einige wunderbare, unverwechselbare Momente.


Am 02.12.2022 erscheint das Album erneut auf CD und erstmals als Doppel-LP auf transparentem, orangefarbenem Vinyl und enthält jeweils den Bonustrack „Can’t Help Myself (E-Z Rollers Remix)“.

Gary Moore begeisterte sowohl als Blues- als auch als Rock-Musiker mit seinem virtuosen Gitarrenspiel und seiner gefühlvollen Stimme. Während er in seiner Zeit mit Thin Lizzy und in den 1980er Jahren Hardrockalben einspielte, änderte Moore um 1990 seine Stilistik hin zum Blues- und Bluesrock. Mit dem 1999 veröffentlichten Album „A Different Beat“ veränderte Moore seinen Sound, indem er sein charakteristisches Gitarrenspiel in einigen Songs mit zeitgenössischen Tanzbeats kombinierte. Demgegenüber stand seine Interpretation des Jimi Hendrix-Klassikers „Fire“, die eher an seine Hardrock-Vergangenheit erinnerte. „Fire“ ist die einzige Fremdkomposition des Albums, ansonsten wurden alle Songs von Gary Moore geschrieben.

Die CD-Version, die mir zur Besprechung vorlag, kommt in einem vierseitigen Papersleece mit zwölfseitigem Booklet daher, das Linernotes von Dave Everley enthält. Die ersten zehn Songs haben Laufzeiten von 2:51 bis 9:39 Minuten Länge. Abgeschlossen wird das Album mit dem 12:18minütigen Bonusstück „Can’t Help Myself (E-Z Rollers Remix)“.

Wer das Album erstmals in den Player legte bzw. legt und auf „Start“ drückt, der traut seinen Ohren nicht und fragt sich, ob er eine falsches Album erhalten hat. Was da aus den Boxen kommt, das klingt nun wahrlich nicht nach dem begnadeten nordirischen Blues- und Rock-Musiker mit seinem virtuosen Gitarrenspiel und seiner gefühlvollen Stimme. Der Opener „Go On Home“ startet mit sägenden Gitarren und Rhythmen, die an The Prodigys „Firestarter“ erinnern. Da muss man dann erstmal schlucken. Dann setzt Garys Gesang ein, den man in diesem Stück noch nicht wirklich erkennt. Aber nach wenigen Momenten kommen hier schon erste Licks auf, bei denen man Moores Gitarrenspiel erkennt, in dem er bluesige Elemente mit einbringt. Der Song hat nach mehrfachem Hören eine besondere Faszination.

In „Lost In Your Love“ fährt Moore dann die Beats etwas zurück und man erkennt ihn nun an seiner Gesangsstimme. Die Gitarre wandelt zwischen seinem eigenen und Carols Santanas Stil. Das passt aber meiner Meinung nach gut zusammen und besitzt eine sehr schöne, eingängige Melodie. Im Mittelteil wird es dann gar atmosphärisch mit sanften, chilligen Keyboardklängen. Zum Ende hin zeigt Moore dann in einem ausufernden Gitarrensolo wie einzigartig sein Gitarrenspiel ist.

„Worry No More“ bietet eine Mischung aus industriellen Beats mit Hardrockelementen. Das kurze 2:51minütige „Fire“ ist eine Coverversion eines Jimi Hendrix-Klassikers. Hier hat Moore dubartige Beats hinzugefügt, die das Stück einzigartig machen. Das muss man aber mögen.

Mit dem 9:39minütigen Song „Surrender“ hat Moore dann ein wunderbar balladeskes und ambientes Stück auf dem Album. Das ist einfach wunderbar gemacht. Garys sanfte Stimme kommt hier voll zur Geltung und auch seine Gitarrenlicks und -soli sind vom Feinsten. Da kommt der Bluesrockfreund dann wieder auf seine Kosten. In „House Full Of Blues“ verbindet Moore dann dubartige Beats mit bluesig/rockigen Gitarren und einen Gesang, der so richtig dreckig wirkt und an einigen Stellen an Roger Chapman erinnert.

Bluegrass-Blues und stampfende Beats sind dann eine ungewöhnliche Mischung in „Bring My Baby Back“, die aber nach mehrfachem Hören einen ganz besonderen Reiz verströmt. Ein fetter Basslauf zieht sich dann durch das dubartige „Can’t Help Myself“. Der Song klingt sehr rau und dreckig. Sehr elektronisch mit verfremdeter Stimme und gesampeltem Publikumsjubel zeigt sich dann „Fatboy“. Der Song ist aus meiner Sicht der Schlechteste des Albums. Auch „We Want Love“ hat einen fetten Bassrhythmus. Der Track ist aber ein eher ruhiger Bluessong mit elektronischen Spielereien.

Den Abschluss bildet dann das 12:18minütige „Can’t Help Myself (E-Z Rollers Remix)“, in das Moore dann auch noch nach etwas mehr als acht Minuten als Hidden Track eine weitere Version von „Surrender“ anfügt. Ob das nun wirklich sein musste, ist fraglich.

Gary Moore hätte für sein 12. Soloalbum keinen besseren Titel als „A Different Beat“ wählen können, denn er sagt genau das aus, was der Musikfreund bekommt. Moore hat haufenweise Drumbeats benutzt, die oft ins Technoartige gehen und diese dann mit seinem Gitarrenspiel und teils herrlichen Soli versehen. Dabei klingt er mal nach Carlos Santana, dann überzeugt er wieder durch seinen ganz persönlichen Stil. Kritiker haben das Album oft in die Kategorie Fehlkauf einsortiert. Doch soweit würde ich nicht gehen, denn wer sich Zeit nimmt und sich auf die Beats einlassen kann, der bekommt dann doch einige sehr tolle und für Gary Moore ungewöhnliche Stücke. Ich empfehle das Album mehrfach zu hören, denn nur so entwickelt es seine Qualität.

Stephan Schelle, November 2022

   

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