The Flower Kings - The Sum Of No Evil
 

The Flower Kings – The Sum Of No Evil
insideout / spv (2007)
(6 Stücke, 74:56 Minuten Spielzeit)

Nach dem erst vor einigen Wochen erschienenen Best Of Album „The Road Back Home“ der Flower Kings steht am 28.09.2007 ihr neuestes, mittlerweile elftes Studioalbum in den Plattenregalen.

Nach der letzten DoppelCD „Paradox Hotel“ enthält das neue Album, das den Titel „The Sum Of No Evil“ trägt, zwar nur einen Silberling, dafür ist er randvoll mit vier Longtracks und zwei weiteren Songs, die zwischen fünf  und sechseinhalb Minuten Spielzeit liegen. Ursprünglich sollte das Album einfach „Love“ betitelt werden, doch kamen die Beatles mit ihrem 2006’er Album den Floki’s zuvor und so entschied man sich den Begriff Liebe zu umschreiben.


Das Cover ziert eine Kollage aus dem Taj Mahal (das bekannte indische Mausoleum), einigen Buddhas, Rauchgefäßen und dem außergewöhnlichen Fischbus (der sieht richtig cool aus). Das alles lässt sofort auf Flowerpower (übrigens auch ein Album der Floki’s) und Hippieatmosphäre schließen. Doch das Ergebnis ist Progrock vom allerfeinsten, den sie in mehreren Longtracks zelebrieren.

Beim ersten durchhören der Scheibe hab ich zwar nicht gleich den direkten Zugang gefunden, was wohl daran lag, dass ihr Best Of Album, das ich zuletzt gehört hatte, sich so ins Ohr einschmeichelt und sie auf dem neuen Werk wieder progiger und vertrackter ans Werk gegangen sind. Aber schon beim zweiten Durchlauf konnte mich das neue Album fesseln.

Ganz in ihrem Stil, der im Sound der 70’er Jahre zwischen Bands wie Yes (Howe-artige Gitarrenpassagen tauchen mehrmals auf) und Genesis liegt, präsentieren die Flower Kings ihre neuen epischen Songs. Bis auf den fünfminütigen Track „Flight 999 Brimstone Air“, den Tomas Bodin beisteuerte, stammen alle anderen Songs aus der Feder von Workaholic Roine Stolt.

Das 70’er Jahre-Feeling wird noch dadurch verstärkt, dass die Schweden u. a. eine Reihe analoger Keyboards, Hammond-Orgel, Grand Piano und Mini-Moogs sowie alte Röhrenverstärker für die Gitarren benutzten und dazu in einem Studio aufgenommen haben, das sich auf Equipment der 60’er und 70’er Jahre spezialisiert hat.

Die CD startet mit dem 13minütigen „One More Time“, in dem schon reichlich Anleihen an die 70’er-Jahre Vorbilder zu hören sind. Ein Track, der das Feeling der 70’er heraufbeschwört, aber gleichzeitig die Faszination der Musik der schwedischen Band widerspiegelt.

„Love Is The Only Answer“ ist mit seinen 24:30 Minuten der längste Song des Albums. Er ist ein typischer Floki-Track, der gleich ins Ohr geht. Alles, was ein guter Longtrack braucht, versammelt sich in diesem Stück. Melodie-, Rhythmus- und Tempowechsel gehören genauso dazu wie ausgiebige Soli. Der Hörer geht bei diesem Stück - wie auch auf dem gesamten Album - auf eine Zeitreise durch die Geschichte des Progrock. Laut Roine haben sie sich auf symphonischen Rock und Progrock konzentriert und bisherige Elemente wie zum Beispiel Pop, Jazz, Ambient und experimentelles außer Acht gelassen. Doch bei „Love Is The Only Answer“ kommen in den Instrumentalstrecken schon einige jazzige bzw. bluesige Passagen zum Vorschein.

Auf dem Titeltrack toben sich die Schweden dann so richtig an ihren Instrumenten aus. Auch Hasse Bruniusson kommt hier, wie auf dem folgenden Instrumentaltrack „Flight 999 Brimstone Air“ wieder äußerst eindrucksvoll mit seiner Perkussionarbeit zum Einsatz. „Flight 999 Brimstone Air“ beginnt mit einem Hahnenschrei und wird dann so richtig schön schräg und die Perkussion sind auch ziemlich abgedreht (inkl. Soundeffekte wie Pferdewiehern). Irgendwie erinnern mich diese streckenweise disharmonischen Passagen, die den recht wilden Mittelteil bestimmen, an das Album „Dizrhythmia“ von Split Enz. Eine faszinierend verrückte Nummer. Da passt dann auch das etwas irrsinnige Lachen im letzten Drittel des Stückes recht gut ins Gesamtbild.

Der sofort ins Ohr gehende Song „Life In Motion“ beendet dann die CD. Mit der wirklich tollen Melodie schraubt er sich in die Gehirnrinde und setzt sich dort fest. Ein echter Floki-Knaller, so wie ich es von den Schweden am liebsten hab. Der Song ist ein würdiger Abgang aus dem Album, in den man sich verlieren kann. Mit einem Trommelwirbel wird nach gut acht Minuten eine neue Passage eingeläutet, die so klingt als käme nun ein neuer Song. Dieser herrliche Teil mit seinen sanften Melodiebögen haftet sich dann endgültig im Hirn fest.

„The Sum Of No Evil“ ist ein tolles Prog-Album, das sich m. E. dem Hörer aufgrund seiner Komplexität erst beim zweiten Durchgang erschließt, dann aber seine Wirkung nicht verfehlt. Wer Prog der 70’er oder die bisherigen Veröffentlichungen der Floki’s mag, der wird dieses neue Album lieben.

Stephan Schelle, August 2007

   

CD-Kritiken-Menue