Fitzcarraldo – Lass sein was ist

Fitzcarraldo – Lass sein was ist
Baxxbeat Music (2010)
(9 Stücke, 47:23 Minuten Spielzeit)

Wenn man Fitzcarraldo hört, dann denkt man unweigerlich an den Werner Herzog-Film, in dem der charismatische Klaus Kinski – wie so oft – einen exzentrischen, ja fast verrückten Charakter gibt, der ein Schiff über einen Berg in Südamerika transportieren will. Von diesem Stück inspiriert, gab sich die in 2006 gegründete Post-Rock-Band aus Aschaffenburg, die aus Jan Maier (Sprache, Gitarre, Samples), Ulrich Kaindl (Gitarre), Heiko Hümpfner (Schlagzeug) und Daniel Stenger (Bass, Laptop, Tasteninstrumente) besteht, diesen Bandnamen.


Nach dem Debütalbum „Herbst“, das im Jahr 2007 herauskam, ist „Lass sein was ist“, das zweite Werk der Aschaffenburger Rockmusiker. Das Album enthält neun Stücke von denen das eröffnende „Treibjagd“, dem mittleren Stück „Dämonen in uns“ und dem Abschlussstück „Du bist die Hoffnung, ich bin der Abgrund“ den Kern des Albums darstellen. Allein diese drei Stücke machen mit fast 29 Minuten den Großteil des Werkes aus.

„Lass sein was ist“ ist bis auf zwei in deutscher Sprache gesprochene Passagen ein lupenreines Instrumentalalbum. Zu Beginn vom Opener „Treibjagd“ kommen Bläsersounds zum Einsatz und Jan spricht dazu einen Text. Das hat etwas Bedrohliches und hört sich wie Theatermusik an. Doch schon nach wenigen Momenten knallen die vier Musiker dem Hörer eine Wand aus Gitarren und Schlagzeug um die Ohren, das einem schwindlig wird. Sobald diese Wand wieder heruntergefahren ist, wird es melodisch, nur um kurz darauf wieder eine Wand zu errichten. Dabei kommen mir die Gitarren eine Spur zu gedröhnt und schrebbelig (ein anderes Wort fällt mir hier nicht ein) rüber. „Treibjagd“ ist ein Wechselbad der Gefühle, das aber vor allem ab der Mitte sanfte, fast schon sphärische Töne anschlägt.

Auch das folgende „Prima 5 S“ hält den Härtegrad und die Walls Of Sound hoch – im hinteren Teil weist es eine Porcupine Tree-artige Passage auf. Das kurze „Q“ ist eine Wohltat für die Ohren, denn hier geht es die Band wesentlich ruhiger an. Auch „Momentaufnahme“ ist ein Track zum ausruhen, denn mit den elegischen sanften Sounds gehen Fitzcarraldo hier zwar etwas melancholisch ans Werk, das geht aber gut ins Ohr und unter die Haut.

In „Dämonen in uns“ kommt Jan ein weiteres Mal ans Mikro um einen Text zu sprechen, der wie aus einem Film entnommen zu sein scheint. Von gelegentlichen druckvollen Passagen abgesehen ist dieser Track äußerst filigran und detailliert angelegt. „Feuerwerk“ wird seinem Namen nicht gerecht, denn der Track besticht durch eine einfache eingängige Melodie die sanft aus den Boxen tönt, während das Titelstück wieder härtere Töne anschlägt, die aber moderat bleiben. „Nichts“ ist ein Zwischenspiel aus Gitarren und Schlagzeug, das sehr atmosphärisch wirkt. Den Abschluss bildet dann „Du bist die Hoffnung, ich bin der Abgrund“. Was zunächst äußerst filigran und zart beginnt wird durch schrebbelnde Gitarrenfronten an einigen Stellen jedoch konterkariert.

Das von Fitzcarraldo auf „Lass sein was ist“ erzeugte Wechselbad der Gefühle gefällt mir am besten, wenn die Jungs eher die ruhigen Töne ansprechen. Das liegt vor allem daran, dass ich nicht soviel für schrebbelnde Gitarrenwände übrig habe. Zum Glück haben sie dieses Stilmittel aber recht dosiert eingesetzt, so dass ein positiver Gesamteindruck bleibt.

Stephan Schelle, März 2010

   

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