Fitzcarraldo - Fitz

Fitzcarraldo - Fitz
BAXXBEATMUSIC (2012)
(7 Stücke, 29:26 Minuten Spielzeit)

Das aus Aschaffenburg stammende Quartett Fitzcarraldo ist im Jahr 2011 zum Quintett angewachsen. Neu in der Band ist Bassist Matthias Pistner, der bisherige Mann an den „dicken Saiten“, Daniel Stenger, hat nunmehr an die Gitarre gewechselt. Mit ihm hat die Band nun drei Gitarristen am Werk. Im März 2012 war gerade erst ihre „Oldenburg EP“ veröffentlicht worden, die den Übergang zum nächsten Longplayer verkürzen sollte, den sie nun am 19.11.2012 nachschieben. Allerdings ist das Werk, das als Download sowie als 12-Inch-Vinyl in limitierter Auflage von 100 Exemplaren erscheinen wird, gerade mal eine halbe Stunde lang.


Zu ihrem neuen Werk schreiben Fitzcarraldo selbst: Nach ihren geliebten Exkursionen in atmosphärische Soundgefilde mit ausladenden Spannungsbögen und brachialen Ausbrüchen zieht es Fitzcarraldo nun etwas weg von den Dogmen des so called Post Rock, die Lieblingsschublade der Medien wenn die Musik mal etwas unkonventionell klingt. Die neuen Songs wirken klarer strukturiert, kompakt und kommen schneller auf den Punkt. Erstmals spielen Gesang und Songwriting eine wichtigere Rolle und der lang gehegte Traum von drei Gitarren wird für die Band nun zur lauten Realität. Trotz der neuen Features haben die Aschaffenburger ihr Gespür für große Melodien, wütende Gitarren, raffinierte Wendungen und ihre Liebe zum Detail nicht verloren.

Und das auffälligste, was einem sofort ins Ohr springt, sind diese fulminanten Gitarrenwände, die da aus den Boxen drängen. Man wird als Hörer schon förmlich nach den ersten Klängen im etwas mehr als zweiminütigen Opener „Drowning“ weggeblasen. Ein Wechselspiel aus wuchtigen, wütenden Gitarren und atmosphärischen, ruhigen Passagen bietet das zweite Stück „Fear The Ghost“.

Fast akustisch, mit herrlich akzentuierten Gitarrenklängen, präsentiert sich „Mountains“, das sich zunächst total von den ersten beiden Stücken abhebt. Es dauert aber nicht lange, dann werfen die Fünf auch wieder diese wuchtigen Gitarrenwogen in den Ring. Allerdings hält sich die Band bei diesem Stück eher zurück. Orgelartige Klänge schieben sich zwischen die rockigen Passagen.

Der Beginn vom nächsten Track „How Did We Get Here“ lässt mich zunächst an Elektropop denken, ist aber viel zu ausgefallen für ein kommerzielles Stück. Das ändert sich dann auch schnell und ungewöhnliche Sounds, die ich so kaum beschreiben kann (Wie war das noch? Wenn man nicht weiter weiß, dann ist es Post Rock?). Melodisch und gleichzeitig disharmonisch gehen die Aschaffenburger hier ans Werk.

Stilistisch findet dann in „All The Things“ ein Wandel statt. Atmosphärisch und trippig wirkt das Stück, bei dem als Gast Julie Wirts-Gruß gesprochenen Text beisteuert. Während im Hintergrund atmosphärisches Rauschen zu hören ist, legt die Band darauf einen atmosphärischen Artrock. Im letzten Drittel des Sechsminüters kommen gar bedrohlich wirkende Synthiedrones, gepaart mit heftigen Gitarrenwogen auf. „Together“ zeigt sich von einer sehr ungewöhnlichen Seite. Während die Gitarren sehr schöne Harmonien und Muster aufzeigen (ähnelt aus meiner Sicht ein wenig dem Stil von Long Calling Distance), kommt der Schlagzeugrhythmus sehr diffizil rüber. Zum Ende des Songs wechselt die Band gar in Noise, was sich in einer Kakophonie aus wütenden Gitarren und Metalartigem Geschrei auswirkt. Den Abschluss bildet dann „Embrace“, das mit kraftvollen Gitarrenwänden und atmosphärischem Artrock spielt.

Das neue Werk von Fitzcarraldo, schlicht „FITZ“ benannt, ist vor allem von den drei Gitarristen bestimmt. Die drei bauen hohe Gitarrenwände auf, die dem Hörer entgegenstürmen. Die sechs Stücke bieten darüber hinaus aber reichlich Abwechslung. Eine gelungene Entwicklung, die die fünf Musiker da durchgemacht haben. Wer außerhalb der normalen Hörgewohnheiten auch auf heftigere Klänge steht, sollte hier unbedingt reinhören.

Stephan Schelle, September 2012

   

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