FAQ - Whitechapel
 

FAQ - Whitechapel
FAQ / Thexoomo Records (2009)
(14 Stücke, 70:58 Minuten Spielzeit)

Die Abkürzung FAQ ist seit dem Computerzeitalter bekannt und steht für „häufig gestellte Fragen“. Fragt sich, warum sich eine Band so nennt. Vielleicht will sie mit ihrer Musik eine Reihe von Fragen beantworten, was ein hehres Ziel darstellt. Nun ganz so ernst sollte man das aber nicht nehmen. FAQ ist ein Trio bestehend aus Philip Noirjean, Thomas Daverio und Pille (nicht verwandt oder verschwägert mit dem Arzt aus Enterprise), deren Herkunft die Schweiz ist und die sich nach eigenen Angaben der elektronischen progressiven Popmusik verschrieben haben. Bereits im Jahr 1996 fand sich das Trio zusammen, das zunächst unter dem Namen Carpe Diem agierte. Ab 2002 firmieren die Eidgenossen als FAQ.


Die Carpe Diem-Veröffentlichungen mitgerechnet, ist das Album „Whitechapel“, das im Mai 2009 erschien, der fünfte Longplayer der Band. Das Cover des neuen Werkes ziert eine Abbildung einer alten Times-Ausgabe. Das und der Albumtitel sind bereits Hinweise, mit welchem Thema sich die Schweizer beschäftigen, nämlich mit der Geschichte von Jack The Ripper. Und wer kennt nicht die Geschichte des, mysteriösen Serienmörders, der Ende des 19. Jahrhunderts im Londoner Stadtviertel Whitechapel sein Unwesen trieb und dessen Identität bis zum heutigen Tag ungeklärt ist. Auf „Whitechapel“ haben die drei historische Fakten mit persönlichen Interpretationen vermischt und das Ganze musikalisch in ein sehr atmosphärisch dichtes, ansprechendes Gewand gehüllt.

Die Arbeitsteilung bei FAQ stellt sich wie folgt dar: Philip singt, spielt Gitarre und Bass, Thomas ist für Programmierung und Keyboards zuständig, während Pille ebenfalls in die Gitarrensaiten greift. Vier Jahre sind vergangen, seit FAQ ihr letztes Album „Is Pornography Art?“ herausbrachten. Für die neue Produktion hat sich das Trio viel Zeit, nämlich drei Jahre, genommen, was die Erwartungen hochschraubt.

Mit dem anderthalbminütigen Intro „Yours Truly“ wird das Konzeptalbum sehr atmosphärisch, düster eingeleitet. Eine weibliche Stimme spricht einige Infos zu Jack The Ripper. Es folgt „Absinthe And Laudanum“, in dem die Band dann erstmals ihr musikalisches Gesicht zeigt. Die Musik ist eine Mischung aus Wave, Electro, Electropo, Wave und progressiven Elementen. Kraftvolle, industrial Elektonikbeats und ein eingängiger Refrain zeigen die Qualität der Band. Auch das folgende „Birth Of The 20th Century“, das mit einer schrägen Melodie, wie von einem Grammophon gespielt, beginnt, hebt die Atmosphäre. Dieser Einstieg wird von einer eingängigen Melodie im Electropop-Stil fortgesetzt. Kann ich mir gut im Radio vorstellen. „Grapes“ hat einen treibenden Beat, kombiniert mit recht monotonem Gesang wirkt der Track hypnotisch und fesselnd.

Mit verführerischem, irrsinnigem Gesang verziert Philip „Ten Bells“, das zwar immer noch kraftvoll wirkt, aber insgesamt etwas ruhiger angelegt ist. Mit diesem Stück bewegen sich FAQ auf dem Terrain des Wave. Der Stimmung entsprechend werden hier Kirchenorgeln mit Kirchenglocken vermischt, was eine etwas düstere Stimmung erzeugt. Die dann einsetzenden E-Gitarren führen den Track in rockigere Sphären. Electropop, der gut ins Ohr geht, mit rockig sägenden Gitarrenläufen vermischt, bietet dann „Dear Boss“. Das Zwischenspiel „The 4th Dimension“ ist ein Track der irgendwie langweilig klingt und den bisherigen Druck und die eingehenden Melodien konterkariert. Das ist bei einem 70minütigen Album aber durchaus zu verzeihen.

Stampfende Beats (hier kommt mir streckenweise spontan Scooter in den Sinn) lassen „Leather Apron“ wieder härter klingen. „From Hell“ ist eine Ballade im Wave-Look, „Merrick“ eine Midtempo-Rocknummer, die etwas fade klingt, „Buck’s Row“ weiß mit seinem ruhigen Anfang und dem kommerziellen zweiten Teil nicht so ganz wo es hin will, das kurze „A Violet From Mother’s Grave“ bringt die Stimmung des 19. Jahrunderts recht gut rüber, während in „Miller’s Court“ verschiedenen Stilelemente zu einem sehr intensivem Track vermischt werden. Den Abschluss bildet dann das Outro „In Memorian“, in dem noch einmal an die Verstorbenen gedacht wird.

„Whitechapel“ von FAQ ist trotz einiger Längen ein schönes Album geworden. Eingängige Melodien und kraftvolle Rhythmen bestimmen über weite Strecken die Stücke des Albums. Hier finden die Freunde des Electropop und Wave eine gelungene Mischung, die sich mit dem – zugegebenermaßen recht abgelutschten - Thema von Jack The Ripper befasst. Ein Besuch der Internetseite www.faq-music.com lohnt sich aber allemal.

Stephan Schelle, September 2009

   

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