Faithless – The Dance

Faithless – The Dance
PIAS / Rough Trade (2010)
(10 Stücke, 65:30 Minuten Spielzeit)

Das britische Trio (zumindest was die Studioarbeit betrifft) Faithless, bestehend aus Sänger Maxi Jazz (mit bürgerlichem Namen Maxwell Fraser), Keyboarderin Sister Bliss (Ayalah Bentovim) und Multiinstrumentalist Rollo (Roland Armstrong) sind für ihre Mischung aus Trip Hop, Dance, Trance und Elektronikmusik bekannt. Erfolgreich waren sie vor allem mit ihren Hits „Insomnia“ und „God Is A DJ“.Allerdings tut man ihnen Unrecht, wenn man sie nur auf die Charterfolge reduziert, denn die Musik von Faithless ist vielfältig und entfaltet vor allem auf der Bühne ein ungeheuer druckvolles Flair. Gerade live begeistern sie das Publikum mit einer Energie strotzenden Show.


Zwar gründete sich die Band bereits 1995, doch erscheint Mitte Mai mit „The Dance“ erst ihr sechstes Studioalbum. Das Album wird in der normalen, zehn Stücke umfassenden Version, sowie als Deluxe enhanced CD herauskommen, die zusätzlich den Bonustrack „Happy“ sowie einen „Faithless Mini Mix“ enthalten wird. Mir liegt zur Besprechung das Standardwerk vor.

Vorab erschien bereits das Stück „Not Going Home“ als Single, das auch die CD eröffnet. Der Track ist sehr rhythmisch und etwas sperrig, hat er doch auch einige Electro-Elemente zu bieten. Damit haben sich Faithless als recht mutig bewiesen, denn sie haben den nicht gerade eingängigsten Song des Albums als erste Singleauskopplung gewählt. Maxi’s Stimme steht im krassen Kontrast zu den recht harten, unterkühlten Rhythmen. Doch nach zweieinhalb Minuten schält sich eine tanzbare Melodie-/Rhythmusstruktur heraus, so wie man sie auch von diversen Faithless-Songs kennt, der dann warm durch den Körper fließt.

Einige Kollaborationen sind die Briten auf diesem neuen Werk eingegangen, denn es finden sich mehrere Gastmusiker – vor allem am Mikro – auf dem Album wieder. Erstes Ergebnis ist die Coverversion des 1982’er Blancmange-Songs „Feel Me“, bei dem Blancmanges Sänger Neil Arthur dem Song auch in der neuen Version die Stimme leiht. Das ganze wirkt durch die verwendeten Sounds, die an alte Computermusik denken lässt, antiquiert und doch modern. Neil’s Stimme bzw. Gesang erinnert bei diesem Stück auch an David Byrne und versetzt es stilistisch in die Ecke der Talking Heads. Eine tolle Version, wie ich finde.

Krasser könnte der Stilbruch nicht sein, denn der folgende Track „Crazy Balheads“ bei dem Jonny ’Itch’ Fox von der britischen Ska-Band The King Blues mitwirkt, ist ein waschechter Reggae im Stile eines Bob Marley oder Peter Tosh. Das einzige, was auf Faithless verweist ist Maxi’s Stimme. „Comin Around“ ist dann ein atmosphärischer und doch rhythmischer Track, bei dem der australische Sänger Dougy Mandagi (von der Band The Tempoer Trap) am Mikro steht und mit seiner charismatischen Stimme diesem Song eine neue Note verleiht.

„Flyin Hi“ bietet einen ähnlichen Rhythmus wie der Opener, besitzt aber das Flair ihrer erfolgreichsten Songs. Absolut faszinierend. Im melancholischen, fast balladesken Song „Love Is My Condition“ verleiht die in klassischer Musik ausgebildete argentinische Sängerin und Schauspielerin Mia Maestro dem Titel einen klassischen, arienhaften Anstrich. Allerdings wird ihre Stimme hier nur dezent eingesetzt und ergänzt so Maxi’s Gesang statt den Titel damit zu erdrücken.

Den beiden Tracks „Feelin Good“ und „North Star“ setzt die britische Sängerin Dido durch ihre markante Stimme ihren ganz persönlichen Stempel auf, ohne dass der Spirit von Faithless darunter leidet. Ganz im Gegenteil. Vor allem das Duett von Maxi und Dido im Ohrwurm „North Star“ kann überzeugen. Den Rausschmeißer stellt dann das fast achtminütige „Sun To Me“ dar, bei dem Faithless noch mal ordentlich die Bass-Drum bemühen. Das ist auch noch mal so ein Stück, das sich im Gehörgang festsetzt.

„The Dance“ ist ein sehr rhythmisches und auch tanzbares Album, doch Faithless haben eine Musik geschaffen, die auch ohne die Tanzfläche gut funktioniert. Ausgefeilte Rhythmusstrukturen treffen auf herrliche Melodien und die Kollaborationen mit verschiedenen Sängern/Sängerinnen machen die Produktion sehr abwechslungsreich. Eine CD, die begeistert. Vor allem Freunde der elektronischen Musik werden auch ihren Spaß an der Scheibe haben.

Stephan Schelle, Mai 2010

   

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