Epitaph – Live At The Capitol

Epitaph – Live At The Capitol
In-Akustik (2013)
(19 Stücke, 131:44 Minuten Spielzeit)

Den Abschluss ihrer Herbst/Winter-Tour 2012 feierte die deutsche Rockformation Epitaph, die Anfang der 70’er Jahre gegründet wurde und in den Krautrock eine gehörige Portion amerikanischen Rock einbrachte, im Capitol in Hannover. Auch wenn die Band den Begriff Krautrock nicht gerne hört, so war sie doch während der Hochphase dieser Stilart sehr bekannt und erfolgreich. Cliff Jackson (er feierte Anfang August 2013 seinen 70. Geburtstag, was man ihm wirklich nicht ansieht), Bernie Kolbe, Achim Poret und Heinz Glass konnten ihre Musik aber ins neue Jahrtausend retten, was sich in zahlreichen gut besuchten Konzerten widerspiegelt.


Der Abschluss in Hannover am 27.11.2012 sollte etwas ganz Besonderes werden, denn die Band wollte ein Konzert mit Freunden, den Familien, Förderern, zahlreichen Gästen und natürlich vielen Epitaph-Fans feiern. Darüber hinaus stellte der Auftritt auch gleichzeitig ein Benefizkonzert zugunsten der ZAG-Stiftung ProChance, die Projekte für Kinder und Jugendliche in und um Hannover unterstützt, dar. Das Ereignis erscheint am 20.09.2013 als DoppelCD und auch als DVD unter dem Titel „Live At The Capitol“. Mir lag die DoppelCD zur Besprechung vor.

Insgesamt 19 Songs aus der mehr als 40jährigen Bandgeschichte präsentiert die randvolle DoppelCD. Darunter Stücke aus der Neuzeit genauso wie Klassiker der Band in neuen Arrangements. Neben dem Quartett kamen auch noch musikalische Gäste wie Klaus Walz an der Gitarre (ex-Epitaph, Jane), Klaus Henatsch am Keyboard (Nektar), Volker Sassenberg am Keyboard (ex-Kingdom/Domain), Tim Reese an der Violine, Anca Graterol (Gesang) und der Kinderchor I.V.O.-Kids auf die Bühne, um mit Epitaph zu feiern.

Mit dem treibenden „Dancing With Ghosts“ von ihrem gleichnamigen 2009’er Album starteten Epitaph unter großem Applaus in ihr Konzert. Damit setzten sie einen größeren Block ihrer letzten beiden Studioalben an den Anfang der Show. Gleich von Beginn an machten sie ordentlich Druck und zeigten eine gehörige Portion Spielwitz, was auch auf der CD zu hören ist. Achim Poret am Schlagzeug sowie Gilles Marquis und Jörg Christian „Grey Owl“ Sievers (letztere mit indianischen Trommeln und Tanz) legen gekonnt eine Kombination aus rockigem Schlagzeug und indianischen Perkussion auf die Bühne. Dem folgte dann eine klasse Version von „Cold Rain“ vom 2007’er Album „Remember The Daze“. Man spürt, dass die Stimmung sehr gut war und so führt die Band ihren Gig druckvoll mit „Another Bloody Day“ weiter.

Dann kommt eine zehnminütige Version des Titelstückes des 2207’er Albums „Remember The Daze“, bei dem es darum geht, dass man immer von den „guten alten Zeiten“ spricht, obwohl sie nicht wirklich besser waren. Das Stück ist mit herrlichen Soli durchzogen und die Band baut kurzerhand noch eine Passage des The Temptation-Klassikers „Papa Was A Rolling Stone“ in den Song ein, der hier aber wesentlich rockiger rüberkommt, als das soulige Original.

Tim Reese greift dann mit seiner Violine in den intensiven Song „Ride The Storm“ ein, der mit eindrucksvollem mehrstimmigem Gesang beginnt. Im letzten Drittel des Songs verleiht er diesem eine gewisse folkige Note, die dem Stück sehr gut steht. Auch im folgenden „Sad Song“ ist Reese an der Violine zu hören und Volker Sassenberg unterstützt die Band darüber hinaus an den Keyboards. Sehr schön ist in diesem Stück Hans’ Gitarrensolo.

Nach diesem Block der aktuelleren Songs geht es mit „Crossroads“ weit in die Vergangenheit zurück, denn der Song stammt vom 1972’er Album „Stop, Look & Listen“. Er klingt mit seinen Twin-Guitars gar nach dem Stil der britischen Band Wishbone Ash. Das fast achtminütige Stück glänzt durch den Dialog der Gitarren, Tim’s Violine und dem ausuferndem Basssolo von Bernie Kolbe. CD Nummer 1 endet dann mit dem Stück „Hole In My Head“.

CD Nummer 2 startet mit „Long Live The Children“, das dem Titel entsprechend im Refrain vom Kinderchor I.V.O.-Kids gesungen wird. Dem lassen Epitaph eine siebenminütige Version des Stückes „Woman“ vom 74’er Album „Outside The Law“ folgen. Dieser druckvollen Southern-Rock-Nummer verleiht Tim Reese mit seiner Violine erneut einen besonderen Anstrich und setzt darüber hinaus auch noch mit einem tollen, intensiven Solo am Ende des Stückes Akzente. Da kommen gar Erinnerungen an Bands wie Kansas auf. Nach dem ebenfalls rockigen „Can’t You See“ kommt dann eine Strecke von drei Akustiknummern.

Den Beginn des Akustikset’s macht „Big City“ bei dem Klaus Henatsch am Klavier agiert. Das nächste Stück „In Your Eyes“, stammt ebenfalls von „Outside The Law“ und wurde ebenfalls ursprünglich mit Fred Kaz aufgenommen. Für diesen akustischen Teil des Konzertes wurde es als Extended Version neu arrangiert, mit einem geänderten Schluss, der Gitarren- und Geigensoli beinhaltet.

Der dritte Akustiktitel ist dann „Visions“ von ihrem 71’er Debütalbum. Eine wunderbare Ballade, die durch mehrstimmigen Gesang, den wunderbaren Akustikgitarren, Klaus Henatsch’s Keyboardspiel und Tim’s Violine besticht.

Nach der Akustiksession geht es dann wieder ab „Stop, Look And Listen“ elektrisch weiter. In diesem Stück ist dann auch Klaus Walz an der Gitarre zu hören, der damals - zur Zeit der Studioeinspielung - Mitglied in der Band war. Neben Klaus agieren auch Cliff und Heinz an den Gitarren was dem Stück ein noch größeres Volumen verleiht. „Ain’t No Lair“, „Going To Chicago“ und „Who Do You Love“, letzteres mit der klasse Stimme von Anca Graterol, beschließen dann dieses wunderbare Konzert.

Mit „Live At The Capitol“ haben Epitaph ihr ultimatives Livealbum abgegeben. Es ist wirklich toll auf welchem Niveau sich die Band und ihre Stücke bewegen. Die neuen Arrangements (zum Beispiel in der Akustik-Abteilung) machen wirklich eine Menge her und sind intensiv vorgetragen. Ein tolles Album, das in keiner guten Rocksammlung fehlen sollte.

Stephan Schelle, August 2013

   

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