Electric Orange - Misophonia
Eigenvertrieb (2016)

(8 Stücke, 76:13 Minuten Spielzeit)

Zwei Jahre nach „Volume 10“ erscheint nun endlich mit „Misophonia“ ein neues Werk der deutschen Formation Electric Orange. Der Albumtitel kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Hass auf Geräusche“ und damit eine verminderte Geräuschtoleranz gegen bestimmte Geräusche. Diesem Thema haben sich Electric Orange bei drei Stücken des Albums („Misophonia I“ bis „Misophonia III“) angenommen.


Eingespielt wurde das Album von Dirk Jan Müller (Orgeln, Synthesizer), Tom Rückwald (Bass), Dirk Bittner (Gitarren, Zither, Mandoline, Trompete, Percussion) und Georg Monheim (Schlagzeug, Percussion) im eigenen Aachener Studio im Zeitraum 2015/2016. Das Album wurde von Eroc gemastert, der den Stücken wieder die richtige Dynamik verleiht.

Mit „Organized Suffering“ beginnt das Album. Psychedlische Sounds machen sich zu Beginn breit und in dem Gitarren, Schlagzeug, Percussion und zunächst wabernde Synthies den Ton angeben. Schnell stellt sich eine relaxte, hypnotische Stimmung ein. Während die Rhythmusgruppe den Unterboden bereitet, legt Dirk Jan Müller seine elektronischen Flächen, Sounds, Effekte und atmosphärischen Klangwolken darauf. Das wirkt schon sehr meditativ. Sehr schöne wechselnde Rhythmus, die zum Ende hin auch ein wenig Santana-Flair aufkommen lassen, durchziehen dieses erste Stück.

Das folgende fast zwölfminütige „Bottledrone“ zeigt dagegen einige psychedelische Soundstrukturen, die an die frühen Pink Floyd erinnern. Der Track hat aber auch etwas Schwebendes und man hat zu Beginn das Gefühl sich in Zeitlupe zu bewegen. Erst nach gut vier Minuten wird es dann rhythmischer. Je länger der Track dauert, umso mehr steigert er sich.

„Demented“ ist mit seinen fast acht Minuten ein sehr perkussiver Track, auf dem sphärische, elektronische Klangwolken thronen. Die Gitarre wird hier – wie auch in den anderen Stücken - eher dazu benutzt, um vereinzelte rhythmische Akzente zu setzen. Stoisch ziehen Electric Orange den Rhythmus bis zum Ende durch.

Es folgt der erste Part des Titelstückes. Der gut neunminütige Track zeigt sich in den ersten mehr als drei Minuten von seiner ambienten Seite. Dann durchbricht das Schlagzeug diese angenehme Lethargie und es wird etwas rockiger. Zum Ende hin lassen sie es dann wieder atmosphärischer auslaufen.

In den psychedelisch/rockigen Sound des Stückes „Shattered“ lassen Electric Orange dann die Gitarre etwas funkig klingen. „Misophonia II“ stellt mit seinen 1:19 Minuten Spielzeit nur ein kurzes Zwischenspiel dar, das aus elektronischen Klangmodulationen besteht. Dem schließt sich dann das 5:25minütige „Opsis“ an, das mit Synthieflächen und eingestreutem Bassmotiv beginnt. Die Zither sorgt für ein besonderes Flair in diesem perkussivem Stück. Die Band wandelt hier klanglich zwischen orientalischen, arabischen und mediterranen Klangmustern, was wiederum sehr psychedelisch klingt und den Hörer auf eine Reise mitnimmt. Mit dem 17:36minütien dritten Part des Titelstückes endet dann das Album. Hier spielt die Band mit Strukturen und der Dynamik.

Mit seiner elektronischen Ausrichtung ist das neue Album sowohl für Freunde psychedelischer Klänge wie auch für diejenigen, die mehr auf elektronische Musik stehen geeignet. Die Band wandelt wie bisher auf hohem Niveau, hat aber den Rockanteil etwas zurückgefahren und präsentiert sich elektronischer und ruhiger. Der Sound, der manchmal an die 70’er Jahre erinnert, hat aber nichts von seiner Faszination verloren. Ein tolles Album.

Stephan Schelle, August 2016

   

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