Dawn - Loneliness

Dawn - Loneliness
Eigenvertrieb www.myspace.com/dawnprog (2007)
(6 Stücke, 50:34 Minuten Spielzeit)

Das guter Prog auch aus der Schweiz kommen kann, das beweisen Dawn mit ihrem 2007’er Debütalbum „Loneliness“ auf eindrucksvolle Weise. René Degoumois (Gesang und Gitarren), Nicolas Gerber (Keyboards), Julien Vuataz (Bass) und Patrick Dufresne (Schlagzeug) sind die Musiker hinter dem Projekt aus Montreux. Live können sie bereits auf einige Auftritte zurückschauen, darunter als Support für Kansas und Fish. Auf sechs Stücken präsentieren die vier eine wunderbare Mixtur aus Prog-, Symphonic- und Art-Rock mit leichten psychedelischen Anklängen.


Mit dem Stück „Dawn“ beginnt die CD, die in Eigenregie produziert wurde. Elektronisch beginnt das Stück erst mit Keyboards (eine Art Moogsound), zu denen sich dann die Bassgitarre gesellt. Auf diesem Rhythmusbett legt René seinen Gesang, der sich sehr angenehm in den Song einschmiegt, wie man generell sagen muss, dass René’s Art die Songs zu interpretieren, sehr gut ist. Nach knapp einer Minute wechseln die Keyboards in einen Sound, der unweigerlich an Barcley James Harvest’s beste Zeiten erinnert. Dann kommen noch Orgelsounds sowie ansatzweise ein Moog, bei dem mir Manfred Mann in den Sinn kommt, hinzu. René’s Gesang wird streckenweise gedoppelt, so dass ein herrlicher Satzgesang aus den Boxen kommt. Schon mal ein toller Opener. Einziges Manko dieses ersten Stückes, es ist bereits nach fünf Minuten beendet. Hier hätte ich gerne noch ein bisschen zugehört, aber es gibt ja die Wiederholungstaste.

Es folgt „Rain In The Moon“, das zunächst sehr spacig und psychedelisch beginnt. Keyboards flirren und René spielt seine Gitarre, wie zu frühen Floyd-Zeiten. Dann kommen aber sehr sanfte proggige Melodiebögen, die sehr schön retromäßig (wieder durch die Orgel) rüberkommen, bei mir aber ein wohliges Gefühl erzeugen. Der Refrain wird dann etwas rockiger/jazziger.

Mit „The Brook“ steht dann der erste von zwei Longtracks auf dem Programm, der es auf über elf Minuten bringt. Das Stück beginnt zunächst sehr experimentell, denn es klingt, als würden die Jungs mit einem quietschenden, rostigen Metalltor spielen. Darauf folgt eine sehr klassisch angehauchte Klavierpassage. Nach einigen Minuten kommt ein Keyboard (oder werden diese Sounds mit der Gitarre erzeugt?) dazu. Gerade das letzte Instrument klingt etwas schräg und disharmonisch. Damit bewirken die vier aber, dass der Hörer sich genauestens auf ihre Musik konzentriert. Effekte und ein langsam dahintrabender Rhythmus aus Schlagzeug und Bass bestimmen danach das Bild. Und wenn René mit seinem Sprachgesang startet, beginnt der Song erst so richtig. Sehr schöne Gitarrensoli folgen und mit diesen Anfangsgeräuschen (quietschendes Tor) im Hintergrund, legt der Track noch mal so richtig los. Hier kommen dann Keyboards zum tragen, die mich ein wenig an Tony Banks Tastenarbeit bei Genesis in den 70’ern erinnern. Tolle Kombination.

„Loneliness“, das Titelstück erinnert mich an ruhige, melancholische Stücke von Marillion oder Satellite. „The Story Of Nobody“ ist der nächste Longtrack und bringt es auf fast 18 Minuten Spielzeit. Der Beginn mit sphärischen Keyboards und Schlagzeug klingt für mich nach Pink Floyd Anfang der 70’er Jahre. Dann gewinnen - mit dem Gesang - die songorientierten Strukturen die Oberhand. Vor allem die Instrumentierung bzw. die Art der Sounds, die Keyboarder Julien zaubert, erinnern zwar an die 70’er, aber die Band versteht es geschickt moderne Elemente einzubauen, so dass hier nichts nach reiner Kopie klingt. Auch dieser Longtrack kann durch Melodie-, Rhythmus- und Strukturwechsel auf ganzer Länge überzeugen. Mit dem sanften „Dusk“, das über weite Strecken vom Piano bestimmt ist, endet die rundum gelungene DebütCD von Dawn.

Mit „Loneliness“ ist Dawn ein tolles Debüt gelungen. Ein Album, bei dem Sounds der 70’er Jahre zwar Pate standen und als Stützpfeiler dienen, ansonsten Dawn aber bei den Stücken genügend Selbständigkeit walten lassen. Wer melodischen Prog mag, der kann hier bedenkenlos zugreifen.

Stephan Schelle, Mai 2008

   

CD-Kritiken-Menue