Chris Thompson – Toys & Dishes

Chris Thompson – Toys & Dishes
Esoteric Antenna (2014)
(12 Stücke, 43:30 Minuten Spielzeit)

Ist es ein Segen oder ein Fluch, wenn man als Künstler immer mit einer bestimmten Rolle verbunden wird? Ähnlich wie bei Schauspielern, die auf einen bestimmten Charakter festgelegt werden (z. B. die Rolle des James Bond oder des Frodo Beutlin), weil sie diese so perfekt verkörpert haben, ergeht es auch Sängern, die das Bild einer erfolgreichen Band maßgeblich mitbestimmt haben. Ein Beispiel dafür ist auch Sänger und Musiker Chris Thompson, der als die Stimme der Manfred Mann’s Earthband in die Rockgeschichte eingegangen ist.


Es ist oft nicht leicht sich aus solch einer Umklammerung zu lösen, aber Thompson gelingt dies mit seinem neuesten Album „Toys & Dishes“, das erste seit zehn Jahren, auf beeindruckende Weise. Elf Rock-/Pop-Songs (einer der zwölf Stücke ist lediglich eine Einleitung zu einem Song) finden sich auf dem Album, die vor allem in den rockigen Momenten voll überzeugen können. An einigen Stellen driftet Thompson aber auch in Rock’n’Roll angehauchte, Musical-artige Bereiche ab, die ein ums andere Mal auch an Meat Loaf erinnern. Neben Thompson der singt und Harmonika spielt gehören noch Arno Krabman (Gitarren, Bass), Gunnar Bjelland (Keyboards) und Maarten Molema (Schlagzeug) zur Band.

Los geht es mit dem Opener „Million $ Wonder Hit“, in dem Chris die Musikbranche auf’s Korn nimmt, in dem der die Frage nach dem nächsten Millionenhit mit sarkastischen Untertönen belegt. In diesem ersten Stück wandelt Thompson in Queenartigen Chören und theatralischem Rock der Marke Meat Loaf.

Classic Rock gepaart mit The Cars-amutendem Poprock bringt dann „Millie Christine“, das vor allem durch die singende Gitarre von Arno Krabman ein ganz besonderes Flair erhält. Ein klasse Song. Dem folgt der Rock’n’Roll-/Boogie-Track „Eddie Wants To Rock“, der mich auch wieder in einigen Phasen an Meat Loaf erinnert. In diesen Song integriert Thompson ein von Pietro Lacirignola Saxophonsolo.

Der sehr eindringliche Rocksong „Dark Side“ erhält zunächst ein knapp einminütiges „Interlude“, das sehr eindrucksvoll den Song einleitet. Für mich das Highlight des Albums auch oder gerade weil er ein wenig nach Manfred Mann’s Earthband klingt. Poprock mit Billy Idol-Flair bietet er dann in dem mitreißenden Song „Hey You“. Dem folgt dann mit „Dream Away Little Girl“ die einzige Ballade des Albums. Hier geht er reduzierter vor (Akustikinstrumente) und zeigt so einen unter die Haut gehenden Song, der einen liebevollen Anblick eines schlafenden Kindes dokumentiert.

„You’re The One I Loved“ bekommt durch eine Tuba und den Countryeinschlag (auch durch die Harmonika) ein anderes Gesicht. „Sad Song Wishes (One Moment)“ ist ein Westcoastsong, der auch von Bands wie The Eagles stammen könnte. Dem folgt dann mit „Talk To Me“ eine Reminiszenz an die Dire Straits, was vor allem durch Arno’s Gitarre hervorgerufen wird. Der Track hat aber soviel Eigenheiten, dass er nicht wie eine Kopie wirkt, dafür sorgt auch Chris’ intensiver Gesang.

Das treibende, rockige „We Run“, das ebenfalls zu den Highlights des Albums gehört und das bluesige Akustikstück „Woe Is Me“ mit seiner Steelguitar und dem Country-Einschlag bilden dann den Abschluss des Albums.

Mit „Toys & Dishes“ ist Chris Thompson ein wirklich beeindruckendes Werk gelungen, das die verschiedensten Stilarten des Rock und Pop in sich vereint. Und Chris’ Stimme ist darüber hinaus über alle Zweifel erhaben.

Stephan Schelle, April 2014

   

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