Bullfrog – Second Wind

Bullfrog – Second Wind
Sireena Records / Broken Silence Distribution (1980/2012)
(14 Stücke, 57:36 Minuten Spielzeit)

„Second Wind“ von der deutschen Rockband Bullfrog ist nicht, wie der Titel suggeriert, das zweite Album der Band sondern nach dem selbst betitelten Debütalbum und der LP „High In Spirits“ bereits ihr drittes Werk. Der Titel kommt aus dem Angelsächsischen und bezieht sich auf einen Läufer, der den toten Punkt überwindet und dadurch ungewöhnliche Kräfte freisetzt. In Deutschland würde man dazu sagen, dass man die zweite Luft bekommt.


Aufgrund ihres rockigen Sounds, der an Gruppen der US-Amerikanischen Rockszene angelehnt war, liebäugelte die Band mit einer Karriere in de „neuen Welt“. Trotz aufkommender Neuer Deutscher Welle blieben Bullfrog dabei, ihre Songs in englischer Sprache zu singen und nicht dem aktuellen Modetrend in Deutschland nachzugeben. Und der Erfolg gab ihnen Recht, denn die Verantwortlichen in den deutschen Fernsehanstalten wurden so auf die Formation aufmerksam, was ihnen einen Auftritt im WDR-Rockpalast bescherte.

Parallel zur Studioarbeit an dem neuen Album kam es zu Umbesetzungen in der Band. Der Gründer der Gruppe, Ali Halmatoglu (heute Ali Khan) kehrte überraschend in den Schoß der musikalischen Familie zurück. Robert „Topsy“ Wimmer, Produzent der zweiten LP „High In Spirits“, spielte von nun an den Bass und stand auch live seinen Mann. Daneben gehörten zum damaligen LineUp Gerd Horch (Gesang), Sebastian Leitner (Gitarre) und Harald Kaltenecker (Keyboards).

Das Album erscheint Anfang März 2012 nun endlich in remasterter Form auf CD bei dem deutschen Label Sireena Records. Neben den neun Stücken des Originalalbums sind auch noch fünf weitere Bonusstücke enthalten, die aus dem Proberaum stammen und für Album Nummer vier gedacht waren, das aber nie das Licht der Welt erblickte.

„Second Wind“ ist gespickt mit treibenden Rocknummern, die gut nach vorn gehen. Die straighte Spielweise, die Bullfrog an den Tag legten, ließ Vergleiche zu amerikanischen und britischen Bands zu, ohne aber wie eine Kopie zu klingen. Und Songs wie „Don’t Think Of Tomorrow“ gehen mit ihrer eingängigen Melodie schnell ins Ohr und weisen trotzdem diesen unvergleichlichen Charme deutscher Rockmusik auf. Die Keyboards klingen oft nach Hammond Orgel, was Vergleiche zu Tastenkünstlern wie John Lord auf den Plan ruft. Bullfrog war 1980 damit ein wirklich guter Nachfolger zu „High In Spirits“ gelungen.

Zu den Bonusstücken: Das sind bisher unveröffentlichte Aufnahmen aus dem Proberaum der Band. Das vierte Album sollte endlich für einen durchgreifenden Erfolg in den USA sorgen. Dafür wurde auch der Umzug in die Vereinigten Staaten vorbereitet. Noch in Deutschland sammelte man Ideen auf einem Rekorder, um diese später in einem amerikanischen Studio auszuarbeiten und einzuspielen. Bullfrog siedelte in den US-Bundesstaat Illinois über, es kam aber dort aufgrund von vielfältigen Problemen zum Split der Gruppe. Im Zuge der Trennung verschwanden auch die vorbereiteten Demobänder für fast zweieinhalb Jahrzehnte. Erst 2007 tauchten Teile davon in Chicago auf und sind nun erstmals als Bonus-Tracks auf dieser CD zu hören.

Die Stücke („Teenage Suicide“, „Little Queenie“, „Let’s Get Loaded“, „It’s Up To You“ und „It’s All Over Now“) wurden noch unter vorsintflutlichen technischen Bedingungen mitgeschnitten (mit einem 2-Spur-Tonbandgerät). Auch wenn der Klang etwas zu den Albumtracks abfällt, so haben die Techniker doch einen tollen Job gemacht und das Beste aus den Aufnahmen herausgeholt. Allein für diese fünf bisher verschollenen Stücke lohnt der Kauf dieses Albums. Es ist gar nicht auszudenken, was passiert wäre, hätten Bullfrog sich nicht getrennt und die LP in den Staaten fertig gestellt.

Sireena hat mal wieder ein klasse Album der deutschen Rockgeschichte restauriert und wiederveröffentlicht, das in jeder guten CD-Sammlung zu finden sein sollte. Tolles Album, das ich sehr empfehlen kann.

Stephan Schelle, Februar 2012

   

CD-Kritiken-Menue