Boris Savoldelli - Biocosmopolitan

Boris Savoldelli - Biocosmopolitan
Moonjune Records (2011)
(16 Stücke, 49:19 Minuten Spielzeit)

Da flattert mir vom amerikanischen Jazz-Label Moonjune Records das neue Album des mir bis dato unbekannten Boris Salvoldelli ins Haus. Es nennt sich „Biocosmopolitan“. Ein Blick in die Liste der Musiker lässt mich zunächst staunen, denn Boris hat das Album fast im Alleingang eingespielt, aber nicht mit einer Vielzahl von Instrumenten, sondern hauptsächlich mit seiner Stimme. Neben Gesang nutzt er auch so genannte Vocal Instruments, was immer das auch sein mag. Lediglich bei dem Stück „Biocosmo“ spielt er zusätzlich Piano.


Zwei weitere Gastmusiker tauchen in der Besetzungsliste auf. Das sind Paolo Fresu, der Trompete und Flügelhorn bei den Stücken „Concrete Clima“ und „Kerouac In New York City“ spielt sowie Jimmy Haslip, der elektrischen Bass im Titelstück beisteuert.

Bei Jazz-Produktionen bin ich immer sehr skeptisch und so war es auch bei dieser CD. Als die Post ankam, dachte ich bei mir, „Naja, wieder mal so etwas komisches, mit dem ich nichts anfangen kann.“ Ich legte die CD dann aus reiner Neugier in den Player und wurde sehr schnell überrascht, kann die Art dieser Musik doch sofort gefangen nehmen.

Die CD beginnt mit dem Opener „Aria“, in dem zunächst Windgeräusche erklingen und dann ein mehrstimmiger Gesang eine Art ethnischer Musik aufbaut, die zum einen an Paul Simon erinnert, aber viel voluminöser und harmonischer ist. Da kommen Rhythmus und Harmonie aus den Boxen, die mich in den ersten knapp zwei Minuten schon gefangen nehmen. Und mit diesem Opener hat Boris es geschafft, mich völlig auf seine Seite zu ziehen.

Es folgt das Titelstück, bei dem Boris ähnlich wie im Opener zu Werke geht, hier aber auch einen Text singt. Der Bass von Jimmy Haslip gibt dem Song dann noch eine rockige und rhythmische Note, die sehr gut passt. Der Song versprüht soviel positive Energie, die man in sich aufsaugen kann.

Jazzig wird es dann in „Concrete Clima“ vor allem wegen der von Paolo Fresu gespielten Trompete. Wer jetzt aber Bedenken wegen des Jazzstils bekommt, dem sei gesagt, dass dies einfach nur faszinierend ist und Boris nicht den Fehler macht, die Melodien und Harmonien zu vernachlässigen. Die aufeinander geschichteten Stimmen sind wirklich sehr gut gemacht und klingen, als wäre hier ein ganzer Chor an den Mikros, was übrigens auch für die anderen Songs gilt. Satzgesang wie von den Beach Boys ist bei „The Discordia“ zu hören, ergänzt um herrliche Stimmeffekte. Aber auch eine rockige Gesangsstimme mischt Boris in den Song, was diesen einzigartig macht.

Mit Großstadtgeräuschen startet „Kerouac In New York“, das zwischen Jazz und Songs á la „Don’t Worry Be Happy“ pendelt. „Biocosmo“ verbindet dann Boris Stimme und sein atmosphärisches Pianospiel zu einer herrlichen Ballade. Dieses Stück liegt auch in zwei Versionen, eine in italienischer und eine in englischer Sprache vor. Die übrigen Stücke weisen die gleiche Dichte, wie die hier beschriebenen auf und machen aus dem Album ein besonderes Werk, dass man immer wieder hören kann.

„Biocosmopolitan“ ist ein unglaubliches Album mit viel Harmonie und Rhythmus, bei dem man zunächst nicht glauben kann, dass hier ein Stimmkünstler am Werk ist, der fast ohne jegliche Instrumente auskommt. Unterschiedliche Stilarten wie Ethno, Rock, Pop, Jazz und Funk werden hier zu einem tollen Produkt zusammengemischt. Man kann sich dieser Musik nicht entziehen. Wer abseits der Hörgewohnheiten melodisch hervorragend gemachte Musik erleben möchte, dem kann ich diese CD nur wärmstens empfehlen. Ein tolles Werk, das ich noch oft hören werde.

Stephan Schelle, März 2011

   

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