Blank Manuskript – A Live Document
Eigenvertrieb (2023)

(10 Stücke, 77:54 Minuten Spielzeit)

Die aus Österreich stammende Band Blank Manuskript habe ich für mich beim Night Of The Prog-Festival 2022 entdeckt. Bis dahin hatten sie schon vier Studioalben auf dem Markt. Damals erkannte ich schon, das der Name der Band Programm ist, denn wie bei einem blanken Blatt Papier, weiß man nicht wohin die musikalische Reise geht, da Blank Manuskript keine Grenzen kennen und die unterschiedlichsten Stilarten miteinander vermischen. Das transportieren sie auch bei ihren Konzerten, zuletzt beim Artrockfestival in Reichenbach im April 2023.


Rechtzeitig zum obigen Artrockfestival erschien ihr erstes Livealbum, das den Titel „A Live Document“ trägt. Das Album erscheint in einem vierseitigen Digipack und enthält ein auf sechsfache Größe ausklappbares Poster, auf dem die Musiker abgebildet sind.

Aufgenommen wurden die zehn enthaltenen Stücke, die zwischen 2:10 und 16:30 Minuten lang sind, bei drei Konzerten. Die Stücke wurden beim Night Of The Prog 2022 auf der Loreley, bei Woodstock Forever und beim ARGEkultur Salzburg mitgeschnitten. Von welchem Gig welcher Titel stammt, ist aus der Verpackung allerdings nicht ersichtlich.

Sechs der auf dem Album enthaltenen Stücke haben Blank Manuskript, das sind Peter Baxrainer (E-Gitarre, Klassische Gitarre, Blockflöte, Gesang), Dominik Wallner (Orgel, E-Piano, Synthesizer, Gesang), Jakob Widerin (Saxophon, Querflöte, E-Gitarre, Percussion, Gesang), Alfons Wohlmuth (E-Bass, Electric Upright Bass, Querflöte, Gesang) und Jakob Sigl (Schlagzeug) beim Artrockfestival gespielt. Sigl war zwar noch bei den Konzerten, die sich auf der CD befinden dabei, ist aber nicht mehr in der Band und wurde mittlerweile durch Simon Strasshofer ersetzt.

Gestartet wird mit dem 2:27minütige „Foetus“, das noch recht verhalten und proggig daherkommt. Zunächst sind nur flächige Synthiesounds zu hören auf die dann der Gesang gesetzt wird. Dann kommen Gitarren hinzu und das Stück klingt wie ein Song von Roger Waters. Das stellt aber nicht die Blaupause für den Sound von Blank Manuskript dar.

Richtig los geht es dann mit dem 5:40minütigen „Public Enemy“, das sich nahtlos an den Opener anschließt. Nach einigen atmosphärischen Gitarren und 70’er Jahre Orgelsounds geht es dann richtig los. Die Band spielt zunächst sehr harmonisch, melodiös und proggig, was sich aber in der Mitte des Songs ändert und nun skurrile Klangfolgen mit crimsonesquen Einschlag bieten, die danach in einen Deep Purple artigen Part übergehen.

Das wechselt dann nahtlos in das 16:30minütige „The Cult Of Birdman“, das mit einer Pianopassage beginnt, die an Pendragon erinnert und mit Querflöte verziert in eine andere Richtung schwenkt. Es entwickelt sich ein proggiger Song mit sehr melodischem Grundgerüst. Sobald dann aber das Saxophon nach etwas mehr als drei Minuten einsetzt, kommt ein mitreißender Groove auf, der mit Südamerikanischem Flair verziert wird. Nach weiteren Minuten wird es dann sphärisch und schwebend, das es einem förmlich die Sinne raubt, nur um nach weiteren Minuten in einen proggigen mit 70’er Jahr Flair versehenen Part überzugehen, der dann in einen jazzigen Teil mit Saxophon- und Keyboardsolo wechselt. Das zeigt die musikalische Vielfalt der Österreicher, bei denen keine Langeweile aufkommt. Und die weiteren Stücke sind von gleicher Qualität und voller Abwechslung.

Mir ist keine andere Band bekannt, die es so perfekt schafft, vertrackt, komplex und harmonisch zugleich zu klingen. Blank Manuskript schaffen damit den Spagat, mitreißende Stücke zu spielen, die proggig, jazzig und atmosphärisch zugleich sind. Blank Manuskript sind einzigartig und entfalten vor allem live ihre volle Magie. Davon zeugt dieses Livedokument. Wer die Band mag wird an diesem Album seine Freude haben, wer sie noch nicht kennt sollte hier unbedingt zugreifen und in ihren Klangkosmos eintauchen. Es lohnt sich allemal.

Stephan Schelle, April 2023

   

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