Bjørn Riis - Everything To Everyone
Karisma Records (2021)
(6 Stücke, 50:16 Minuten Spielzeit)

Bjørn Riis ist der Gitarrsit der norwegischen Band Airbag. Am 08.04.2022 erscheint mit „Everything To Everyone“ sein bereits viertes Soloalabum. Bjørns letztes, 2019’er Soloalbum, „A Storm is Coming“, wurde von der Presse und den Fans begeistert aufgenommen. Progrock.org.pl nannte es „Ein Meisterwerk“ und gab dem Album 5/5, während das Prog Magazine Bjørns einzigartige Texte mit dem Kommentar „Eine solche Verletzlichkeit ist im Prog selten zu sehen“ würdigte.


Neben Bjørn Riis an Gesang, Gitarren und einer Vielzahl von Instrumenten sind auf dem Album Henrik Bergan Fossum (Airbag), Kristian Hultgren (Wobbler), Simen Valldal Johannessen (Oak), Ole Michael Bjørndal (Caligonaut), Mimmi Tamba, Per Øydir, Vegard Kleftås Sleipnes und Anders Møller zu hören.

Zusätzlich zur regulären CD-Version wird eine limitierte Digisleeve-CD-Version erscheinen, die zwei Bonustracks enthält: Eine alternative Version des Titeltracks und die 2020 erschienene digitale Single „Desolate Place“. Mir lag zur Besprechung eine PromoCD der „normalen“ Version vor. Die drauf enthaltenen sechs Stücke weisen Laufzeiten von 4:34 bis 13:20 Minuten Spielzeit auf.

Musikalisch bewegen sich die Songs in einem recht melancholischen Stil, der eine warme Atmosphäre versprüht und die Nähe zu Bands der Marke Pink Floyd sowie seiner Stammband aufweist.

Perlende Keyboards, druckvolles Schlagzeug und Gitarren eröffnen den ersten Song des Albums, dem fast sechsminütigen „Run“. Nach etwas mehr als anderthalb Minuten wechselt das Ganze dann in einen sehr atmosphärischen Track, der zunächst von den Synthies getragen wird. Dann kommt eine Akustikgitarre auf, die sofort an Pink Floyd oder die frühen Porcupine Tree denken lässt. Ab Minute Drei sorgt dann eine Melodielinie auf der Akustikgitarre - unterlegt von herrlichen Flächen und Pianoklängen - für weitere Wohlfühlatmosphäre. Das ist der typische Sound von Bjørn Riis bzw. Airbag. Unterbrochen werden diese atmosphärischen Sounds dann von heftigen Gitarrenklängen und Schlagwerk, was wieder in Richtung Porcupine Tree weist. Ein klasse instrumentaler Opener.

Es folgt der mit 11:40 Minuten Spielzeit erste Longtrack des Albums mit dem Titel „Lay Me Down“. Dieser startet auch mit sehr atmosphärischen, sanften Gitarrensounds. Nach einer halben Minute setzt dann Bjørn’s Gesangsstimme ein, die sich dieser ruhigen Atmosphäre anschließt. Die Musik und Bjørn’s Stimme bohren sich langsam in die Gehörgänge. Über weite Strecken zeigt sich der Song von einer sehr atmosphärischen Seite, die immer mal wieder durch druckvolle Rhythmen und Gitarrenlicks unterbrochen werden. Wer Pink Floyd zur „Wish You We’re Here“-Zeit mag, der wird auch in diesem Stück/Album seine Heimat finden.

Ruhige Pianoklänge eröffnen dann das 7:20minütige „The Siren“, das mich so ein bisschen an den Stil von Tim Bowness erinnert. Auch Bjørn’s Gesang klingt in einigen Passagen eine Spur danach. Langsam entwickelt sich das Stück, das im Verlauf an Dynamik und Intensität gewinnt. Hier kann man sich aus dem Hier und Jetzt wegbeamen.

Mit 13:20 Minuten ist „Every Second Every Hour“ der längste Track des Albums. Auch hier erinnert mich Bjørn an Tim Bowness, was Gesang und die Melodieführung angeht. Das Stück entwickelt sich langsam und enthält herrliche Soli und Instrumentalpassagen, in die man sich fallen lassen kann. Das 4:34minütige „Descending“ ist ein atmosphärisches Instrumentalstück, das im letzten Viertel in einen heftigen Part ausbricht und damit einen Kontrapunkt setzt. Das Ende des Stückes ist allerdings sehr abrupt.

Mit dem 7:28minütigen Titelstück endet dann das Album. In diesem Stück singt Bjørn ein Duett mit Mimmi Tamba. Die beiden Stimmen umarmen sich dabei in einer sehr zärtlichen Art und Weise, was dem Song gut zu Gesicht steht. Der Gesang erinnert dabei an Anathema.

„Everything To Everyone“ ist ein wunderschönes, melancholisches Album, das dichte Atmosphäre aufweist. Man kann sich in diese Musik fallen lassen und den eigenen Träumen nachgehen. Stilistisch zeigt es Nähe zu Pink Floyd, frühen Porcupine Tree, Airbag und Tim Bowness/No-Man.

Stephan Schelle, März 2022

   

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