Automatism - Sörmland
Tonzonen Records / Cargo (2025)

(5 Stücke, 40:44 Minuten Spielzeit)

Die schwedische Band Automatism veröffentlicht am 22.08.2025 ihr neues Album „Sörmland“ auf Vinyl und in digitaler Form. Mir lag zur Besprechung eine PromoCD vor, die kein Booklet enthielt, so dass ich mich hier auf die Angaben aus dem Pressetext beziehe. Zur Band gehören Hans Hjelm (E-Gitarre, Synthesizer, Percussion), Gustav Nygren (Akustik- und E-Gitarre, Tenor Saxophon, Percussion), Mikael Tuominen (Bass, Synthesizer, E-Piano, Grand Piano, Percussion) und Jonas Yrlid(Schlagzeug, Percussion).


Das neue Album „Sörmland“ wurde an einigen Wochenenden auf dem Lande in Sörmland in einem wunderschön klingenden Raum aufgenommen, der früher eine Kapelle war. Das Gebäude hat eine sehr hohe Decke und eine offene Atmosphäre, die irgendwie dazu beitrug, den Ton für die Musik auf diesem Album zu setzen. Aus den hohen Fenstern konnten wir die grünen Landschaften von Sörmland sehen, weshalb wir schließlich beschlossen, das Album nach diesem Teil Schwedens zu benennen.

Das Album beginnt mit dem 4:45minütigen „Video“ das eine sehr eingängige Melodie besitzt. Gitarrist Gustav Nygren erklärt dazu: „Dieser Song stammt von einem Riff, das ich mir ausgedacht habe, als ich mit meiner Gitarre in dem kleinen Fischerhäuschen meiner Frau am Meer auf Orust, einer Insel an der schwedischen Westküste, saß. Ich verliebte mich in die Melodie und nahm sie auf - meine unverstärkte E-Gitarre direkt in meine Handykamera - um sie nicht zu vergessen. Als wir Songideen und Demos für das Album sammelten, lud ich die Idee einfach mit dem Titel „Video“ hoch. Daher auch der Titel des Eröffnungsstücks des Albums.“

Sehr relaxt kommt dann das fast zehnminütige „Honey Trap“ aus den Boxen. Eine sanfte Melodie bestimmt dieses Stück, das von den Gitarren getragen wird und einen leicht US-amerikanischen Einschlag besitzt. Darüber hinaus hat es auch einen Jam-Charakter. Die Musik fließt förmlich ganz relaxed dahin. Bassist Mikael Tuominen dazu: „Als wir diesen Song aufnahmen, hatten wir gerade ein wunderbares Abendessen mit freundlicher Unterstützung von Jonas, und es war die erste Nacht der Aufnahmen. Alle Mikrofone waren noch nicht einmal aufgebaut, wir fingen einfach an zu improvisieren. Glücklicherweise drückte ich den Aufnahmeknopf. Was dabei herauskam, war einer dieser seltenen, völlig erhabenen Momente des musikalischen Glücks. Irgendwie fühlte es sich so an, als wären wir fast zufällig in ein neues Reich eingetreten, das den Ton für das Album vorgab, eine Art, in Synchronisation mit dem Raum und dem Ambiente zu spielen, anstatt einfach „unsere Musik“ zu spielen, wie wir es immer tun, unabhängig von der Umgebung.“

„Laura Palmer’s Theme“ bringt es auf 6:28 Minuten Spielzeit und beginnt mit einem dröhnenden, elektronischen Klang. Dann setzt ein sanfter, aber auch leicht bedrohlicher Sound ein, der wie ambiente Crippled Black Phoenix klingt. Nach nicht ganz anderthalb Minuten schält sich dann eine Melodielinie heraus. Das hat teilweise etwas Monumentales und wäre auch ein guter Soundtrack. Einige Passagen erinnern mich ein wenig an die Stimmung der Serie „Twin Peaks“ (Anmerkung: Dies habe ich geschrieben, bevor ich den nachfolgenden Pressetext gelesen habe.). Und Gitarrist Hans Hjelm meint dazu: „Alle Bandmitglieder sind große Fans von David Lynch und insbesondere von Twin Peaks. Als die Serie 1990 zum ersten Mal im schwedischen Fernsehen ausgestrahlt wurde, war ich völlig gefesselt und habe sie unzählige Male wieder angeschaut. Die Musik ist ein so wichtiger Teil der Serie, und jedes Mal, wenn ich die Musik höre, versetzt sie mich zurück nach Twin Peaks, aber natürlich auch zurück ins Jahr 1990. Ich hatte schon lange vor, „Laura Palmers Theme“ aufzunehmen, und als ich mit Mikael darüber sprach, schlug er vor, es für dieses Album aufzunehmen. Es ist unser Tribut an die inzwischen verstorbenen Meister David Lynch und Angelo Badalamenti.“

Das 8:12minütige „Neon Lights“ ist eine Hommage an den gleichnamigen Track der Düsseldorfer Band Kraftwerk. In dieser Fassung wird das Stück aber zeitlupenartig vorgetragen und von den Gitarren bestimmt. Nach zwei Minuten kommt dann ein Schlagzeugrhythmus bzw. Percussion auf, die die Gitarren nun unterstützen. Auch in dieser langsamen Version funktioniert das Stück gut. Mikael Tuominen, Bass: „Wieder eine dieser Gelegenheiten, bei denen die besten Sachen herauskommen, wenn man aufhört, es zu versuchen. Wir hatten schon eine Weile an einer Version von „Neon Lights“ gearbeitet, die wir sogar schon live gespielt hatten, und die in Gefühl und Tempo viel näher am Original war. Wir haben ein paar Aufnahmen von dieser Version gemacht und sie waren okay. Dann, ohne irgendetwas zu entscheiden, fingen wir einfach an, das Thema ganz langsam und leise zu spielen, und wieder traf ich zum Glück den roten Knopf. Zuerst war es fast so, als ob wir es nicht ernst nehmen würden, aber bald kamen wir in die Zone, und als wir die Versionen hintereinander hörten, war es keine Frage, welche wir wählen sollten.“

Das Album endet dann mit dem elfeinhalbminütigen Titelstück „Sörmland“. Gestartet wird recht ambient und sanft. Nach gut anderthalb Minuten setzt dann eine Pianomelodie ein. Eine weitere Minute darauf wird dann die Dynamik angezogen, ohne aber diese ambiente Stimmung, die von sanftem Schlagwerk begleitet wird, aufzuheben. Und in der zweiten Hälfte setzt dann noch ein Saxophon Akzente, was auch eine leicht jazzige Note enthält. Hans Hjelm, Gitarre: „Da es sich um den Titelsong handelt, haben wir das Gefühl, dass er die Essenz des Albums repräsentiert. Er basiert wieder auf einer Improvisation, wobei Teile der Melodie später hinzugefügt wurden. In der alten Kapelle, in der wir aufgenommen haben, gibt es einen Flügel, und wir waren uns alle einig, dass das der perfekte Sound für diese Melodie wäre. Das letzte, was man in diesem Song und auf dem Album hört, ist, dass Mikael das Fußpedal des Klaviers loslässt, nachdem er die Melodie beendet hat.“

Die schwedische Band Automatism bietet auf ihrem neuen Album „Sörmland“ sehr atmosphärische Instrumentalmusik. Ein hypnotischer Trip in andere Gefilde.

Stephan Schelle, August 2025

   

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