Ape Amplitude – Escape Routes
Eigenproduktion (2019)
(9 Stücke, 79:51 Minuten Spielzeit)

Ape Amplitude ist ein neues Musikprojekt, bei dem die Kenner der Deutschrockszene aber den Namen eines Protagonisten kennen werden. Gemeint ist Achim Wierschem, der jahrelang Mitglied der Düsseldorfer Prog-Band Flaming Bess war und unter dem Namen Mindmovie einige sehr schöne Alben veröffentlicht hat. Der zweite Musiker im Bunde ist der aus Bottrop stammende Produzent, Gitarrist, Bassist und Keyboarder Peter Zahn aka PAZion. 


Beide Musiker hatten sich bereits im Jahr 2012 kennengelernt. Es hat aber bis Mitte 2019 gedauert, bis sie ihr erstes gemeinsames Werk in Angriff nehmen konnten. Das Ergebnis ist „Escape Routes“, wie die beiden sagen, das erste Progressive Rock Konzeptalbum ihres neuen Projektes.

Das erste gemeinsame Album, das den Titel „Escape Route“ trägt, erscheint im Sommer 2019. Auf ihm sind neun Instrumentalstücke enthalten, von denen der Eröffnungstrack „A Long Painful Path“ es auf 32:51 Minuten Spielzeit bringt. Dieser Longrtrack ist dann aber in vier Kapitel unterteilt, die einzeln angewählt werden können. Die restlichen Tracks bewegen sich zwischen 4:05 und 7:52 Minuten Länge.

Mit Tiergeräuschen und einer Art Obertongesang (ein Klang) startet das erste Chapter „Departure“ des Longtracks „A Long Painful Path“, der schnell in symphonische Gefilde vorstößt. Nach etwa einer Minute wird es dann aber rhythmisch und proggig/elektronisch. Ab jetzt zeigt sich das neue Projekt von Achim von seiner einnehmenden und faszinierenden Seite. Sounds, die mal proggig, dann elektronisch wie bei den Ozric Tentacles & Co. wirken, ohne aber diese abgehobene Art zu erreichen, ziehen durch die Stücke. Oft ist man an den Stil von Flaming Bess und auch Mindmovie erinnert und doch sind die Stücke neu und frisch.

Mal schlagen die beiden symphonische Klänge, dann wieder sehr rockige oder elektronisch/ambiente Sounds an. Immer aber sind die Tracks hochgradig melodisch und schielen stilistisch neben großen Namen wie Pink Floyd, Genesis, Camel oder Yes auch schon mal in Neo-Prog-Sphären. Das ist alles sehr gut gemacht, so dass ein kompaktes Werk entstanden ist. Einzelne Stücke herauszuheben widerspricht dem hervorragenden Gesamtwerk, denn das Album nimmt vom ersten Ton an gefangen und hält den Spannungsbogen über die fast 80 Minuten aufrecht.

„The Coast Of Europa“, das dritte Kapitel des Longtracks beginnt beispielsweise mit einer herrlichen an David Gilmour erinnernden Gitarrenpassage um nach einer Minute in eine knackige Rockpassage zu wechseln. In diesem Part kommt dann nach etwa zwei Minuten ein Keyboardpassage auf, die mich stark an Mist’s Solo in Grobschnitt’s „Solar Music“ erinnert. Ein nur kleiner Einwurf, der aber bei mir für Gänsehaut sorgt.

Der eröffnende, gesprochene Text sowie das Gelächter im Stück „Dopeland“ erinnert dann stark an die wunderbaren Produktionen von Flaming Bess. Auch musikalisch ist Ape Amplitude nicht weit von Achim’s ehemaliger Band entfernt. In „The Drinker“ bauen die Beiden dann eine Spur Bluesrock in ihre progressive Umgebung ein.

Die CD erscheint in einem sechsseitigen Digipack mit einem tollen Cover, das an die Arbeiten von Hipgnosis erinnert. Von dem Mann, der den Kopf in den Sand steckt, sollte man aber nicht auf die Musik schließen, die ist nämlich eingängig und hell.

„Escape Routes“ vom Projekt Ape Amplitude ist ein wunderbares instrumentales Progressive Rockalbum, das nur so vor Ideen, Sounds und Melodien strotzt. Dabei ist es den beiden Musiker Wierschem und Zahn gelungen, immer die Harmonien im Fokus zu behalten und nicht vertrackt oder verkopft zu agieren. Trotzdem halten sie über die gesamte Spielzeit den Spannungsbogen auf hohem Niveau. Ein Album, das sich noch oft in meinem Player drehen wird.

Stephan Schelle, September 2019

   

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