Angra - Aqua

Angra - Aqua
Steamhammer / spv (2010)
(10 Stücke, 49:35 Minuten Spielzeit)

Mit ihrem neuesten Album Aqua feiern die brasilianischen Powermetaller Angra nicht nur ihr neunzehnjähriges Bandjubiläum, sondern veröffentlichen einen echten Klassiker ihres Genres, einen Meilenstein, ein Meisterwerk. In der Besetzung Kiko Loureiro (Gitarre), Rafael Bittencourt (Gitarre), Felipe Andreoli (Bass), Ricardo Confessori (Schlagzeug) und Edu Falaschi (Gesang) gehen Angra auf ihrer aktuellen Scheibe tiefer und härter als jemals vorher zu Werke. Die musikalische Ausrichtung der Stücke: variantenreich, tief gehend, ausdrucksstark und technisch grandios umgesetzt. Das Zusammenwirken der beiden Weltklasse-Gitarren Loureiro und Bittencourt mit ihren Sänger Edu Falaschi beschert den Zuhörern kreative Höhepunkte im Sekundentakt.


Aufgenommen wurde Aqua in den ´Norcal Studios` in São Paulo. Gemischt haben die Scheibe Brendan Duffrey und Adriano Daga, gemastert wurden die Songs von Maor Appelbaum in Californien. Diese personelle Vielseitigkeit zeigt sich auch in der stilistischen Variabilität des Albums. Denn obwohl Angra härter und dynamischer denn je klingen, findet man dennoch alle typischen Trademarks der Band, die auf der brasilianischen Musik basieren und ihren Ausdruck in zahlreichen Percussion-Arrangements und Orchesterparts finden.

Für mich ist „Aqua“ der erste Kontakt zu Angra, so dass ich mal den Pressetext an den Beginn dieser Rezension gesetzt habe. Mit einem Donnerschlag, Glockenklänge und Sounds, bei denen man sich auf einem alten Segelschiff wähnt, und das Ganze gepaart mit Chören, so theatralisch beginnt die CD mit ihrem Eröffnungsstück „Viderunt Te Aquæ“. Diesem folgt der erste richtige Titel „Arising Thunder“, bei dem das Schlagzeug stakkatoartig den Song nach vorne treibt und das Stück in den Bereich des Speedmetal bringt. Die Gitarren werden ebenfalls in Höchstgeschwindigkeit bearbeitet, klingen dabei aber irgendwie klassisch (erinnert mich manchmal an den Anschlag eines Spinetts).

Aber schon im nächsten Stück „Awake From Darkness“ geht es – wenn auch nicht minder druckvoll – doch wesentlich ruhiger zu. Mit diesem Stück finden sich die Brasilianer im Feld des Progmetal wieder. Im Mittelteil wird die Metal-Schiene gar durch eine von Piano und Geige bestimmte Instrumentalpassage unterbrochen, die wie eine traumhafte Insel im weiten Ozean wirkt.

Wo wir gerade beim Piano sind „Lease Of Life“ ist eine wunderbare Ballade, bei der zunächst Sänger Edu Falaschi nur vom Piano begleitet wird. Sehr schön ist auch der treibende Titel „The Rage Of The Waters“, der gut durchkomponiert und abwechslungsreich ist. Vor allem durch die Perkussion, die südamerikanischen Flair (hier kommt mir sofort Santana in den Sinn) mit westlichem Metal verbindet gewinnt dieses Stück an Dramaturgie. Das ist hochgradig spannend und fesselnd. Klassisch mit Geige und Akustikgitarre präsentiert sich „Spirit Of The Air“ und bekommt dadurch einen folkigen Anstrich. Und im Mittelteil schweben harmonische Choräle durch den Raum. Einen hohen Spannungsbogen schlägt auch „Hollow“, das mehrere Struktur- und Melodiewechsel zu bieten hat. Ein weiterer Höhepunkt in einem Album voller Highlights ist für mich „Weakness Of A Man“, das sich sofort bei mir im Ohr festsetzt und recht proggig rüberkommt. Mit dem herrlichen „Ashes“ endet dieses wirklich überzeugende Album in einer Mixtur aus Klassik und Metal.

„Aqua“ ist eine Progmetal-Scheibe, die ganz nach meinem Geschmack ist. Der Härtegrad ist genau richtig und die einzelnen Songs haben immer eine melodische Ausrichtung. Für mich eine echte Entdeckung!

Stephan Schelle, September 2010

   

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