Grobschnitt - History Of Solar Music Vol. 5
(2004)

Schon am 08.05.2004 sollte der fünfte Teil der History Of Solar Music in Betzdorf beim Fantreffen fertig sein. Leider gab es diverse Schwierigkeiten, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. Eroc hatte aus diesem Grund beim Fantreffen zwar schon die CD-Hülle und die CD Nr. 1 dabei, jedoch fehlten Booklet, Inlaycard und CD 2. Die CD wurde aber schon verkauft und jedem Käufer wurden die fehlenden Teile dann kostenlos zugeschickt.

Jetzt, Mitte Juni 2004 ist es soweit und mich erreichte der Rest der CD. Ursprünglich sollte die DoppelCD mit der hier vorliegenden CD 1 beginnen, auf der Teile des Open-Air-Konzertes vom 22.05.1983 zu hören sind. Auf CD Nr. 2 war eine weitere Version von Solar Music geplant, die aber leider nicht realisiert werden konnte. Aus diesem Grund hat sich Eroc entschieden die StartCD als Nummer 0 zu betiteln und auf ihr zum einen eine Solar Music-Version aus 1975 sowie den Anfang des Dortmund-Konzertes, das eines der kürzeren Grobschnitt-Gigs war, zu veröffentlichen.
 

 
 

Das Booklet ziert wieder einen sehr unterhaltsame Text, der dieses Mal nicht allein aus Erocs Feder stammt, vielmehr schildert ein Fan (Bernd Hamborg), der 1983 im Westfalenpark dabei war, seine Eindrücke vom damaligen Konzert. Eine klasse Idee, wie ich finde.

Kommen wir nun aber zur Musik und zur Tonqualität selbst. Ich lege die CD 0 der mit 152 Minute Spielzeit wieder voll gepackten DoppelCD in den Player und bekomme erst einen Schreck. Ist man doch sonst hervorragende Tonqualität von Eroc gewohnt, empfängt einen hier eine recht raue und mit Rückkopplungen und anderen Störungen durchsetzte Aufnahme aus dem Jahr 1975. Eroc schreibt selbst im Booklet, das er der Meinung ist, dass nicht der Klang das wichtigste Kriterium für gute Musik ist. Auch sei er - und das erstaunt mich nun wirklich - kein Klang-Fetischist. Und so hat Eroc die Aufnahme nicht in seiner bekannten Art restauriert, sondern beließ sie so, wie sie war. Nun in einer der letzten Rezensionen habe ich mal geschrieben, dass ich gern wüsste, wie sich das Originalband heute anhört, nun weiß ich es. Allerdings muss ich gestehen, dass mir die von Eroc bearbeiteten Versionen besser gefallen haben.

Die 75’er Aufnahme bietet wieder einige sehr schöne Passagen und zeigt allen, die es noch nicht wussten, wie das Stück um sein musikalisches Gerippe herum immer wieder in den Jahren verändert hat. Es hat förmlich gelebt. So hat dann auch diese 75’er Aufnahme ihre Berechtigung, auch wenn sie klanglich nicht soviel zu bieten hat.

Klanglich hält der Hörer also eine Art legale Bootlegaufnahme in der Hand. Und dies ist nicht ganz abwegig, denn die Aufnahme von 1983 aus Dortmund hatte Eroc nicht mitgeschnitten und wurde ihm von einem Fan unterbreitet. Bei der 83’er Aufnahme hat Eroc aber Hand angelegt, das hört man ganz deutlich.

Das Konzert hatte Andreas Jelinski damals mitgeschnitten. Dazu hatte er sich zwei Mikrofone mit Klebeband an seinem Kopf angebracht und hat so das Konzert über ruhig stehend mitten aus dem Publikum heraus aufgenommen. Diese Aufnahme bietet daher auch eine einmalige Atmosphäre, denn man hat beim Hören wirklich das Gefühl, als sei man „Mitten drin und nicht nur dabei“. Vor allem wenn der Applaus einsetzt, meint man, die Leute ständen um einen herum. Nachteil dieses Aufnahmestandortes ist allerdings, dass man einige Besucher quatschen hört. Sind denn früher wirklich so viele zum Konzert gegangen und haben sich dann gegenseitig die Ohren voll gelabert? Ich glaube schon. Auch der Klang lässt doch sehr zu wünschen übrig. So hat Eroc zwar das Rauschen etc. entfernt, aber die Tonschwankungen konnte auch er nicht beheben.

Also, Teil zwei der CD bietet das nahezu komplette Konzert vom 22.05.1983, das Grobschnitt in Dortmund während eines Open-Air-Festivals spielten. Lupos Ansage kann man entnehmen, dass die Band am Schluss spielte und mal wieder durch die Vorgruppen/Umbauarbeiten etc. zu spät dran war (das kennen wir ja schon aus der Rockpalastnacht). So konnten sie „nur“ ca. zwei Stunden ihr Programm darbieten und hatten – wie Bernd in seinem Beitrag schreibt – auch keine Zeit für ihre ausgeprägten Jokes.

CD 0 enthält den Beginn des Konzertes. Die Songs Razzia, Poona Express, Mary Green und Illegal sind darauf enthalten. Da bei dieser Tour Jürgen Cramer erstmals am Keyboard die Band unterstützte (auf dem Album Razzia wurden nach Mist’s Ausstieg die Keyboardpassagen von Eroc eingespielt) und er einen ganz anderen Stil hat, sind auch Passagen der Songs in veränderten Versionen zu hören. Die Songs gefallen mir in den gespielten Versionen sehr gut.

CD Nummer 1 bietet dann das restliche Konzert. Hier kommen Silent Movie, Raintime, Solar Music und ein Medley unter dem Titel 12 Jahre Grobschnitt … zu Gehör. Auch die Ansagen stellen wieder dokumentarisches Material dar, so erklärt Lupo beispielsweise dem Publikum, dass die Polizei schon nach kurzer Zeit auf der Bildfläche erschien und sie zum Aufhören bewegen wollte. Wahrscheinlich hatten sich Anwohner über die Lautstärke beschwert. Auch Erocs Ansage an die Fans, dass auf dem Friedensfest auch gegen Umweltverschmutzung protestiert wird und richtet dann seine Worte direkt an die Besucher, die den Park doch ziemlich verschmutzt haben. Das ist und war Erke - schön, das diese Ansagen mit drauf genommen wurden.

In knapp über 15 Minuten zelebrieren Grobschnitt in ihrem Medley 12 Jahre Grobschnitt … Songs aus ihrer bisherigen Bandgeschichte. Das Medley beginnt mit Vater Schmidts Wandertag gefolgt von Simple Dimple. Dann setzt eine Instrumentalpassage des Titels A.C.Y.M. ein um in Morning Sun überzugehen. Die letzten gut zehn Minuten gehören dann dem Album Rockpommel's Land. Mit Anywhere und Rockpommel’s Land endet das Stück. Das Medley ist ein echtes Highlight der CD.

Den Abschluss bildet dann die tolle 83’er Version von Solar Music, die ab dieser Tour in Deutsch gesungen wurde. Eroc kündigt es mit den Worten an: „Dieses Festival ist eigentlich schon längst zu Ende und wir hätten schon längst aufhören müssen zu spielen. Die Gruppe Grobschnitt befindet sich seit zwölf Stunden auf dem Gelände und hat auf den Auftritt gewartet. Ihr habt viele andere gute Gruppen gehört, aber wir wollen auch ein bisschen Spaß haben. Deswegen erlauben wir uns noch unverschämter Weise ein einziges Stückchen zu spielen.“ Das zeigt wieder deutlich wie die Band damals drauf war und mit welcher Spielfreude sie Livekonzerte zelebrierte. Wo kann man das heute noch erleben?

Wenn ich mir die CD anhöre frage ich mich automatisch, warum ich damals nicht auch nach Dortmund gefahren bin, zumal der Eintritt auch noch kostenlos war.

Fazit:
Auch wenn hier das Manko klar beim Klang liegt, bietet die CD doch auf dem musikalischen Sektor wieder reichlich Highlights. Auch eine andere deutsche Band präsentiert derzeit offizielle Bootleg-Veröffentlichungen, gemeint ist Tangerine Dream. Für Grobschnitt-Fans wieder ein absolutes Muss. All diejenigen, die die Band noch nicht kennen, empfehle ich die zuvor erschienenen Parts.

Stephan Schelle, Juni 2004

 
   

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